Ron Mieczkowski, mit 28 Jahren nur wenig älter als sein katholischer Neu-Mitbruder, ärgert sich.
"Dass Philipp Amthor nach nur sechs Monaten nach seiner Taufe gewählt worden ist in den Diözesanrat des Erzbistums Berlin, das höchste Laiengremium des Erzbistums."
Ron Mieczkowski schrieb zusammen mit drei weiteren Berliner Katholiken einen Protestbrief an den Diözesanrat. Vorwurf: Amthors Berufung sei eine ungute Politisierung des Religiösen.
Wahl in Diözesanrat als PR-Aktion?
"Das ist ein Schnäppchen, wenn man nach den Maßstäben der Medienökonomie geht. Und wenn der Sinn und das Ziel einer Laienvertretung sein sollte, Aufmerksamkeit zu generieren, und er Einfluss an höchster Stelle verspricht. Das ist nach unserer Auffassung nicht Sinn und Zweck der Laienvertretung im Diözesanrat. Wir argwöhnen, dass mit dieser Einberufung bewusst oder billigend in Kauf nehmend eine Art PR-Aktion verbunden gewesen ist, um die Angelegenheiten der Katholikinnen und Katholiken ins Gespräch zu bringen."
Und die Berufung in die Vollversammlung des Diözesanrats sei umgekehrt auch eine PR-Aktion des aufstrebenden CDU-Politikers.
"Wenn man verfolgt, in welcher Art und Weise Philipp Amthor seinen eigenen Weg zum Glauben, zur katholischen Kirche, seine eigene Konversion und seine Taufe zum Gegenstand öffentlicher Gespräche macht, liegt bei uns eher der Verdacht vor, dass es sich hier um einen weiteren Fall katholischer Verfilzung handelt, indem das katholische Wählermilieu erschlossen werden muss und das ganz im Sinne der CDU ist, da den Austausch zu suchen."
Der Deutschlandfunk hat Philipp Amthor um eine Stellungnahme gebeten. Sein Büro lässt ausrichten, dass der Politiker dazu derzeit nichts sagen möchte. Kurz nach seiner Taufe äußerte sich der CDU-Politiker aber im Kölner Domradio. Zitat:
"Das schöne Thema der Taufe hat sich dann auch schnell herumgesprochen und es war klar, dass darüber berichtet wird. Das ist auch völlig in Ordnung."
Benutzt Amthor also seine katholische Taufe zur eigenen Popularität? Solche Verdächtigungen, gar Vorwürfe, weist Marcel Hoyer, Geschäftsführer des Diözesanrats im Erzbistum Berlin, zurück. In die rund 80-köpfige Vollversammlung des Diözesanrats mit Vertretern aus Gemeinden und katholischen Verbänden wurden auch 12 Einzelpersönlichkeiten gewählt. Die, die schon seit ihrer Taufe als Baby katholisch sind, und eben Tauffrische wie Philipp Amthor. Theologisch sei das kein Problem.
Hoyer: "Ich versuche immer Wert darauf zu legen, dass die Taufe nicht der Beginn des Weges zum Glauben ist, sondern dass es so eine Zwischenetappe ist. Das offizielle Zeichen, aber dem vorausgegangen ist eine geistliche Begleitung, Katechumenat, also auch die Vorbereitung auf die Taufe."
Vorwurf: Messen mit zweierlei Maß
Protestbriefschreiber Ron Mieczkowski ärgert sich nicht nur über die Tauf-Publicity. Er sieht auch einen Widerspruch in Amthors Position. Die eigene Taufe nehme er sehr ernst, bei anderen Menschen aber habe er Zweifel an der Aufrichtigkeit des neuen Bekenntnisses. Amthor trage, so der Vorwurf, das "Asylpaket" mit. Und dort wurde beschlossen, dass die Taufe als solche nicht das Christsein beweise. Würde sie als Beweis anerkannt, dürften zum Beispiel muslimische Asylbewerber, die hier vor kurzem erst per Taufe zum Christentum gewechselt sind, nicht wieder zurückgeschickt werden. Denn in ihrer Heimat droht ihnen nach der Konversion meist die Todesstrafe. In Asylrechtsverfahren werde der Glauben getaufter Asylbewerber aber zum Gegenstand der Prüfung gemacht. Und Neu-Katholik Amthor finde diese Regelung richtig so, kritisiert Ron Mieczkowski.
"Was wir kritisieren, ist, dass Philipp Amthor diese Asylpaket genannte Vereinbarung 2018 zwischen SPD und CDU/CSU sehr lautstark mit großer Medienöffentlichkeit vertreten hat und offensichtlich kein Problem damit hat, dass an einer der empfindlichen Stellen, an denen sich Staat und Kirche begegnen, nämlich die Befragung der Ehrlichkeit eines Glaubensbekenntnisses, wie in Asylverfahren, dass all das von politischer Seite durchaus befürwortet wird, während die kirchliche Position doch eigentlich sein sollte, dass das ein unzulässiger Eingriff staatlicherseits ist auf Gewissensfragen von Kirchenmitgliedern."
Protest: Amthor ist keine angemessene Vertretung
Zumindest habe der auf Twitter veröffentlichte Protestbrief bereits viel Zustimmung von der katholischen Basis aus anderen Bistümern erhalten, sagt Mitverfasser Ron Mieczkowski.
"Denn im Lichte der jüngsten Berichte über die Verbindungen mit einem US-amerikanischen Unternehmen, des Verdachts der Lobbytätigkeit und des dadurch offen zu Tage tretenden Widerspruchs zur katholischen Soziallehre …"
… fühlen sich die unterzeichnenden Katholikinnen und Katholiken im Erzbistum Berlin durch Philipp Amthor nicht angemessen vertreten, heißt es schlussendlich im Protestbrief. Und auch beim Berliner Diözesanrat liefen die Drähte wegen der Affäre Amthor allmählich heiß, sagt Geschäftsführer Marcel Hoyer. Aber eben nicht nur wegen der Kritik.
"Ein Hinweis von vielen: Ihr habt auch Verantwortung für ein Mitglied der Vollversammlung. Vorverurteilt ihn nicht", sagt Hoyer.
Nun stehen diözesaninterne Beratungen und Gespräche mit dem Neumitglied Amthor dazu an, wie man weiter verfahren will. Eine ruhende Mitgliedschaft oder gar Rauswurf aus der Vollversammlung ist laut Satzung nicht vorgesehen. In der Lobby-Affäre Augustus zeigte sich Philipp Amthor bereits reuig und gestand Fehler ein. Zu seinem weiteren katholischen Engagement hat sich der CDU-Politiker jedoch noch nicht geäußert.