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Philippinen klimatisch besonders bedroht

Die Philippinen haben nicht zum ersten Mal mit Wetterextremen zu kämpfen. Gerade wegen der häufigen Unwetter steht das Land weltweit auf Platz zwei: Das zeigt der Klima-Risiko-Index, den Germanwatch in Warschau vorgestellt hat.

Von Georg Ehring |
    Yeb Sano – die Solidarität mit den Opfern des Riesen-Taifuns auf den Philippinen hat beim Klimagipfel in Warschau ein Gesicht bekommen. Ein kleiner Mann im eleganten Anzug mit schwarz-gelbem Schal und leiser Stimme, Unterhändler seines Landes beim Klimagipfel. Gestern hat er in einer bewegenden Rede konkrete Gipfel-Ergebnisse eingefordert, heute beginnt er einen Hungerstreik in Solidarität mit den Opfern.

    "Auch in Solidarität mit meinem Bruder, der in einer der besonders schwer getroffenen Städte lebt. Ich weiß, dass er gerade jetzt sehr unter Hunger leidet. Ich mache dies also in Sympathie mit ihm. Aber ich faste hier in Warschau auch so lange, bis wir ein nennenswertes Ergebnis bekommen haben."

    Als die Umweltorganisation Germanwatch am Vormittag ihren Klima-Risikoindex veröffentlicht, wollte Sano eigentlich dabei sein. Dann ging er doch erst zum Arzt, um sich zu Beginn der Fastenaktion untersuchen zu lassen – der Mann meint es ernst.

    Sein Heimatland steht im Klima-Risikoindex auf Platz zwei – dabei beziehen sich die Zahlen auf das Jahr 2012, doch auch im vergangenen Jahr waren die Philippinen von Taifunen schwer getroffen worden. Die traurige Position des am stärksten betroffenen Landes nimmt Haiti ein – vor allem wegen des Hurrikans Sandy. Die Zerstörungen, die dieser Wirbelsturm in New York anrichtete, bewegten die Welt, doch der karibische Inselstaat war wirklich existenziell betroffen. Die Schäden erreichten fast zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Haiti – weit mehr als das Land verkraften kann. Der Risikoindex versucht auf Basis von Daten des Rückversicherers Munich Re Schäden durch klimabedingte Naturkatastrophen in Staaten mit unterschiedlicher Entwicklung vergleichbar zu machen. Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

    "Wir schauen uns auf der einen Seite an: Wie viele Tote gibt es – auch in Relation zur Größe des Landes? Und auf der zweiten Seite: Wie sind die finanziellen Schäden – einerseits auch absolut und andererseits auch in Relation zur Größe des Bruttosozialproduktes in dem Fall."

    Es sind ausschließlich Entwicklungsländer, die im Langzeitvergleich auf den Plätzen eins bis zehn der besonders betroffenen Staaten auftauchen und das ist kein Zufall.

    "Es ist natürlich eine Kombination, dass die Region häufig von Wetterextremen betroffen wird und auf der anderen Seite, dass das Land besonders arm ist und sich deswegen schlecht dagegen schützen kann."

    Besonders bedroht sind danach Länder Südostasiens und Mittelamerikas – hier gibt es immer wieder verheerende Stürme. Deutschland steht im Langzeitvergleich übrigens auf Platz 32 – und gehört damit zu den stärker gefährdeten Ländern. Die extrem außergewöhnliche Hitzewelle 2003 mit vielen Toten fällt dabei ins Gewicht, außerdem mehrere Orkane. Christoph Bals:

    "Es ist also falsch, wie oft gesagt wird: Deutschland ist doch gar nicht betroffen von Wetterextremen oder Klimawandel, sondern die Zahlen sprechen eine andere Sprache."

    Der Index von Germanwatch spielt auch eine Rolle bei den Verhandlungen in Warschau. Der vergangene Gipfel in Doha hatte beschlossen, über den Ersatz für unabwendbare Klimaschäden zu verhandeln. Der Taifun Hayan wäre ein Präzedenzfall – allerdings ohne dass Ergebnisse bereits absehbar wären. Der philippinische Unterhändler Yeb Sano macht sich hier keine Illusionen.

    "Wir haben nicht die Illusion, dass mein Fasten oder die Tragödie auf den Philippinen für einen drastischen Kurswechsel sorgen könnte und die Welt in einer Weise bewegt, die der Klimakonvention entsprechen würde."