Wer hat Angst vor Walter White? - wird zum Beispiel am zweiten Tag des Festivals gefragt. Walter White ist der biedere Chemielehrer aus der US-Serie "Breaking Bad". Unheilbar an Krebs erkrankt, wird er zum Verbrecher und Drogenkoch, spezialisiert auf Crystal Meth. Schonungslos zeigt die US-amerikanische Kult-Serie, wie das Böse immer stärker wird, Walter White in einen Strudel aus Intrigen und Drogen gerät. Die beiden Philosophen Christoph Menke und Christiane Voss diskutieren an diesem Abend auch darüber, welches Bild die Serie von der amerikanischen Gesellschaft zeichnet. Christoph Menke gehört zur dritten Generation der Frankfurter Schule, er analysiert die Serie so:
"Ich glaube sie sagt aus, dass das böse Handeln nicht primär aus bösen Motiven, aus einer bösen Natur des Menschen kommt. Sondern, dass das böse Handeln die Wirkungen eines Effekts einer ganz spezifischen gesellschaftlichen Konstellation sind. Einer Konstellation, in der Walter White nicht weiß, wie er ein selbstbestimmtes Leben führen kann, ein eigenes Leben führen kann mit all der Emphase, das das offensichtlich für ihn hat - mit Marcuse gesprochen: Er will sich befreien."
Die Kulturwissenschaftlerin Christiane Voss stimmt ihm nur teilweise zu. Für sie wird Walter White erst dann böse, als er versucht sich daran zu erinnern, wer er einmal war. Am Ende der Diskussion steht dann die Frage: Ist Walter White, wie alle Menschen, überhaupt sterblich? Voss sagt: Nein, sein Wesen würde überdauern. Menke widerspricht ihr.
Atheist trifft Pastorin
Auch in der Kulturkirche Köln geht es um Sterblichkeit und Verwandlung. Hier wird über "Gott als gute Idee" diskutiert. Thomas Metzinger und Petra Bahr sitzen sich in der kunstvoll beleuchteten Kirche gegenüber - er: Atheist und Philosoph, sie: Protestantin und Pastorin. Dass hier die Meinungen aufeinander prallen, ist gewollt. Petra Bahr verteidigt vehement ihren Glauben an Gott, Thomas Metzinger provoziert: Der Glaube an Gott sei schlicht unseriös und oberflächlich. Immerhin hält die Diskussion, was der kurze Text im Programmheft verspricht. Welchen Einfluss hat der Glaube auf unsere Gesellschaft, und ist er eine gute Idee?
Um die "Idee Europa" geht es dagegen bei einer Veranstaltung mit dem französischen Philosophen Bernard-Henri Lévy. Weit aufgeknöpftes weißes Hemd und nachdrückliche Worte sind sein Erkennungszeichen. Lévy spricht über den Einfluss der Philosophie auf die Politik. Das Ganze mit Blick auf Russland und die Ukraine.
Der Vordenker Putins
"In Russland gibt es heute eine sehr wichtige Person. Das ist ein Philosoph, oder zumindest ein Ideologe: Alexander Dugin. Er ist einer der Vordenker oder der Vordenker von Wladimir Putin. Putin ist eins mit ihm, und Dugin ist eins mit Putin. Wer ist Dugin? Das ist eine Sicht auf die Welt, die darin besteht einen Gegensatz zur Welt der Aufklärung zu bilden."
Zwei Stunden lang wird es vor allem darum gehen, wie sich das demokratische Europa behaupten kann - gegen Russland, aber auch gegen rechtsextreme Bewegungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten.
Die Frage nach Sicherheit
"Demokratie ist harte Arbeit. Ich denke, dass man philosophisch gesehen, sich auf halber Strecke der beiden folgenden Illusionen aufhalten soll. Einmal, dass man sagt, die Demokratie sei für die einen gut, aber für die anderen nicht. Und die andere Illusion: Demokratie fiele einfach so vom Himmel, ohne durch irgendeinen Prozess eingeleitet worden zu sein. Die Realität, schwierig und komplex wie sie ist, liegt irgendwo dazwischen."
Fest steht für Bernard-Henri Lévy nur eines: Weder Europa noch die Demokratie sind sicher. Ob bewusst oder unbewusst, auf der phil.cologne schließt sich damit ein Kreis. Egal ob in der fiktiven Welt des Walter White, ob im uralten Glauben oder in der realen Politik: Überall stellt sich die Frage nach Sicherheit, nach dem Guten und Bösen. Auf der phil.cologne gibt es darauf keine Antworten. Getreu dem Motto des Festivals wird die Suche deshalb wohl noch weitergehen.