Eine Mischung aus Kabarett und schmieriger Operette mit expressionistischem Zungenschlag wird hier gegeben, deren verschärfte Künstlichkeit vor allem den Aspekt des "Schönen" hervorhebt. Wie Koltès scheint Kresnik in Roberto Zucco nicht den Mörder, sondern den Todesengel zu sehen. Weshalb er Falilou Seck in intensiver Umarmung mit seiner Mutter zeigt, während weiter oben ein Liebespaar-Double den Pas de Deux mit weißen Lilien tanzt. Oder ihn als Gekreuzigten ironisiert, in dem er Zucco ein schweres Sofa schleppen lässt. Kresnik arbeitet in Bonn ja zum ersten Mal mit einem gemischten Ensemble aus Schauspielern und Tänzern; und die Verdopplung des schauspielernden Personals in manchen Szenen macht die Geschichte noch leichter, flirrender. Denn im Gegensatz zur erst kürzlich uraufgeführten "Hannelore Kohl", die vor lauter Bedeutungshuberei fast implodierte, funktioniert hier die Aufladung des Stücks durch Bilder mühelos - gerade weil es lückenhaft bleibt und geheimnisvoll wie die fremdartige Utopie von Roberto Zucco:
Das junge Mädchen, das Zucco ihre Unschuld gibt und dafür nur seinen Namen verlangt; die Dame, deren Kind erschossen wird, und die dem Mörder doch in unbegründbarer Zuneigung verbunden ist; diese ganze zwielichtige Jedermann-Gesellschaft zwischen Familienhölle und Zuhälter-Tristesse, der die versteckte Psychose aus jedem Knopfloch lugt - sie alle bestätigen auf ihre Art, dass dies mal wieder kein Stück über einen Mörder oder den Tod, sondern ein Stück über die Liebe ist. Die so aussichtslos ist wie Schnee in Afrika. Trotzdem ein schöner Abend.