Das Vorurteil, dass Homeoffice nicht funktionieren könnte, ließe sich nach den aktuellen Erfahrungen nicht mehr halten, sagte Lisa Herzog. Die spannende Frage sei nun, wie der Aushandlungsprozess ablaufen werde, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Unternehmen zu neuen flexiblen Modellen kommen, wo ein Teil der Arbeit auch von außen gemacht werden könne.
"Es verschiebt sich sehr viel. Ich glaube, dass man sehr aufpassen muss, um nicht allzu leicht der Illusion zu verfallen, dass das, was wir im Moment haben, doch irgendwie auch gut funktionieren kann", sagte Lisa Herzog.
Wahrnehmungen und Stimmungen gehen verloren
"Was mir bei gerade bei Studierenden auffällt, ist, dass der Austausch untereinander bei denen natürlich ganz anders stattfinden muss. Man lernt nicht mehr so leicht jemand persönlich kennen, wenn man sich nur in einem Online-Seminar begegnet", so Herzog. Die Dinge, die Studierende voneinander lernen könnten, hätten es schwerer, wenn man sich nur zu spezifischen Zeiten verabrede.
"Gerade alles, was zwischen informellem Austausch der Menschen stattfindet, auch die Wahrnehmung, wie sind andere Menschen drauf, gibt es so etwas wie eine die allgemeine Stimmung, all das geht verloren."
Ganz viele Formen der Arbeit hätten mit einem menschlichen Miteinander zu tun.
Nie nur etwas Wirtschaftliches, sondern immer auch etwas Soziales
"Wir müssen Arbeit viel ganzheitlicher denken und gerade auch den sozialen Kontext sehen. Arbeit hat in dem Sinne viel damit zu tun, was wir mit gesellschaftlichem Zusammenhalt meinen und was es auch bedeutet, in die Öffentlichkeit zu gehen. Das merken wir ja im Moment, dass da sehr viel gefehlt hat, als einige von uns nur noch auf unsere Wohnzimmer und das Homeoffice beschränkt waren", so die Philosophin.
Arbeit sei nie nur etwas Wirtschaftliches, sondern immer auch etwas Soziales, das für die Gesellschaft sehr prägend ist, zumindest wenn diese in einem erheblichen Maß auf Erwerbsarbeit setze. Herzog hofft nun, dass über den Wert der Arbeit neu nachgedacht wird. "Ich glaube, bei ganz vielen Menschen hat da Corona auch zu einem Nachdenken geführt - gerade auch, weil so ein Gefühl der Abhängigkeit da war, wenn man dann eben kaum noch auf die Straße gehen kann", sagte sie.
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