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Phlegräische Felder in Italien
Leben auf dem Vulkan

Die Phlegräischen Felder sind ein vulkanisch aktives Gebiet nahe dem Vesuv. Mit ihrer Entstehung und Entwicklung beschäftigt sich in Bonn ein Kolloquium des Internationalen Kontinentalen Tiefbohrprogramms, das auch vor Ort Untersuchungen anstellt. Doch die Bohrungen bereiten Probleme.

Von Dagmar Röhrlich |
    Über 150 Quadratkilometer hinweg erstrecken sich die Phlegräischen Felder – vom Stadtrand Neapels bis hin zur Insel Ischia. Phlegräisch bedeutet "brennend", und der Name passt: Vielerorts steigen Dampfsäulen aus Felsspalten auf, in Tümpeln blubbert es, und es stinkt nach fauligen Eiern. Die dampfende Oberfläche ist nichts anderes als eine Caldera, ein Krater, der entstand, als bei einer höchst explosiven Eruption eine riesige Magmakammer einbrach.
    Menschen leben auf janusköpfigem Vulkan
    Dabei ist das Gebiet keineswegs unbewohnt. Und die Menschen dort, sie leben im wahrsten Sinne des Wortes auf einem Vulkan – einem janusköpfigen Vulkan, sozusagen mit zwei Gesichtern, wie Gerhard Wörner, Geochemiker an der Universität Göttingen, sagt: "Dieser Vulkanismus zeigt sich darin, dass in relativ kurzen Abständen, da reden wir von Tausenden von Jahren, viele kleine Eruptionen stattfinden. Und zweimal hat es in der Vergangenheit der Phlegräischen Felder riesige, große Eruptionen gegeben, die deutlich größer sind als alles, was der Vesuv je produziert hat."
    Die eine ereignete sich vor 39.000 Jahren, die andere vor 13.000 Jahren, erklärt Gerhard Wörner von der Universität Göttingen. Seitdem ist es vergleichsweise ruhig. Der letzte größere Ausbruch fand 1538 statt: Innerhalb von acht Tagen entstand damals ein neuer Berg, der Monte Nuovo. Wörner: "Wir wollen rauskriegen, wie und warum ein Vulkan mal dies macht und mal das macht. Was ist der Übergang von vielen kleinen Eruptionen zu einer großen Eruption? Also, was passiert da in der Magmakammer, bevor es eben so richtig kracht?"
    Tiefbohrung bislang gescheitert
    Solchen Fragen sollte eigentlich im Rahmen des Internationalen Kontinentalen Tiefbohrprogramms ICDP mit einer Tiefbohrung in die Phlegräischen Felder nachgegangen werden. Bis in zweieinhalb oder drei Kilometer Tiefe sollte sie reichen. Doch bislang wurde nichts daraus: "Wir haben da so ein bisschen Probleme mit der Bohrung. Die Bohrung sollte ja schon vor langer Zeit abgeteuft werden, aber es hat da wohl innerhalb von Neapel in der Administration Probleme gegeben, und deswegen ist das einfach nicht vorangekommen."
    Während ihre Forscherkollegen auf grünes Licht warten müssen, arbeiten die Geochemiker derweil mit anderen Gesteinsproben. Das geht, weil über das gesamte Gebiet hinweg das Material eines jeden einzelnen Ausbruchs beprobt worden ist. Wörners Team rekonstruiert nun die Geschichte des Vulkans anhand von Mineraleinschlüssen und Wachstumszonen in Einzelkristallen: "Bisher deutet nichts darauf hin, dass die Campi Flegrei mit einem großen Schlag begonnen haben, sondern es sind wohl Größenordnungen von 20.000 Jahren erst vergangen, in denen sich der Vulkan so langsam aufgebaut hat."
    Felder etwa 60.000 Jahre alt
    Im Lauf von 60.000 Jahren, die das System der Phlegräischen Felder nun existiert, bildeten sich viele kleine Kammern tief im Gestein, die immer wieder einmal mit einem Puls Magma fördern. Vor den großen Eruptionen ändert sich das Geschehen, wie Wörner erklärt: "Offenbar kommt von unten ein neuer Nachschub, der aktiviert diese vielen kleinen getrennten Kammern, und die vereinigen sich dann zu einer großen Magmakammer, die dann eruptiert."
    Wie schnell oder langsam das passiert, das soll die Analyse der Kristalleinschlüsse zeigen: "Immer, wenn diese großen Eruptionen passiert sind, zweimal bisher, dann ist ein neues Magma mit dabei, was wir zuvor noch nicht gesehen haben in den Produkten, die davor eruptiert worden sind." Überhaupt unterscheidet sich jeder Ausbruch – ob groß oder klein – geochemisch ein wenig vom vorherigen: "Wir sehen, dass die Magmakammer sich zunächst mit verschiedenen Magmatypen erst aufbaut. Wir sehen, sozusagen wie bei einem Wein, so Jahrgänge, bestimmte geochemische Geschmäcker."
    Eine der Ursachen für diese geochemischen Geschmäcker ist die lokal sehr komplexe Zusammensetzung des Erdmantels. Sie sorgt für Unterschiede im Ausgangsmaterial, und die wiederum pausen sich auch auf die Ausbrüche durch. Ist beispielsweise im Magma der Wassergehalt höher, läuft der Ausbruch explosiver ab.