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Phosphorgewinnung aus Klärschlamm

Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hat die Abfallbilanz vorgestellt. Der Abfall pro Einwohner wird immer geringer und die Rückgewinnung von Wert- und Rohstoffen für den Wirtschaftskreislauf immer wichtiger. Besonders im Fokus steht die Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm.

Von Michael Brandt |
    Die Feststellung, von der der baden-württembergische Umweltminister Franz Unterstellung ausgeht, ist im Grunde ganz einfach:

    "Wenn wir unseren Wirtschaftsstandort dauerhaft sichern wollen, kommen wir um eine wesentlich intensivere Nutzung unserer Abfälle als Rohstoffe nicht umhin. Das gilt für unser rohstoffarmes Land insbesondere. Denn außer Salz haben wir nur noch Steine und Abfälle."

    Und eine Sorte Abfall steht dabei bereits seit Jahren ganz besonders im Augenmerk von Politikern und Wissenschaftlern: Klärschlamm nämlich. Er enthält einerseits einen erheblichen Anteil an Phosphor. Das ist der Grund, warum der Schlamm noch heute vielerorts als Dünger verwendet wird. In Baden-Württemberg und Bayern jedoch nicht, da sich in dem Schlamm neben Wertstoffen wie Phosphor andererseits auch jede Menge Schadstoffe wie Schwermetalle anreichern.

    Daher wird in Baden-Württemberg heute der größte Teil des Klärschlamms verbrannt.

    "Aktuell werden in Baden-Württemberg über 90 Prozent des Klärschlamms thermisch behandelt. Nur zwei Prozent gehen in die Landwirtschaft. Damit hat Baden-Württemberg bundesweit und europaweit eine Spitzenposition, was die Verbrennung von Klärschlämmen betrifft. In den jährlich anfallenden 247.000 Tonnen Klärschlamm sind rund 3,7 Prozent, sprich 8700 Tonnen Phosphor eingebunden."

    Aus ökologischer Perspektive ist das gut, weil die Schwermetalle damit dem Kreislauf entzogen werden. Schlecht, weil der Phosphor ebenfalls verschwindet, und die genannten 8700 Tonnen würden ausreichen, um 52 Prozent des Phosphorbedarfs im Land zu decken.

    Bereits Unterstellers Vorgängerin Tanja Gönner, CDU, hatte daher 2010 ein Pilotprojekt in der Kläranlage Offenburg finanziert, mit dem der Phosphor dem Klärschlamm entzogen wird. Das Ergebnis nach zwei Jahren, so der zuständige Referatsleiter Harald Notter:

    "Das ist eine heute beherrschbare Technik. Es kommt ein Rohphosphor raus, der sogar einen relativ hohen Reinheitsgrad hat und in unserer Pilotanlage versuchen wir gerade, das optimal zu vermarkten."

    Zur Rückgewinnung von Phosphor direkt aus Klärschlamm gibt es verschiedene bekannte Verfahren, die jedoch großteils nur im Labor und noch nicht in einer großtechnischen Anlage getestet sind. In Offenburg kommt das sogenannte Stuttgarter Verfahren zu Zug, das im Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart entwickelt wurde. Bei diesem Verfahren entsteht ein weitgehend schadstofffreies Magnesium Ammonium Phosphat, das direkt in der Landwirtschaft verwendet werden kann. Und die erste großtechnische Anlage in Offenburg läuft seit einigen Wochen fehlerfrei im Dauerbetrieb.

    Damit sei Baden-Württemberg, so Umweltminister Untersteller, derzeit Technologieführer und die Landesregierung will nun erreichen, dass zeitnah weitere Kläranlagen in die Phosphorrückgewinnung einsteigen.

    "Unser Ziel ist, dass wir mit einem Maßnahmenprogramm die Phosphorrückgewinnung in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren Schritt um Schritt in Gang zu bringen. Wir setzen im Kern dabei auf zwei Säulen: zum einen die schrittweise Einführung von Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm in den Kläranlagen von Baden-Württemberg. Zum anderen von Phosphor aus Klärschlamm. Und parallel dazu auf die Rückgewinnung von Phosphor aus der Asche der drei Verbrennungsanlagen für Klärschlamm hier in BW."

    Bei dieser zweiten Methode, der Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlammasche, hat die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg gemeinsam mit der Partnerbehörde in Bayern eine Studie vorgelegt, wo der Weg zu einer großtechnischen sogenannten elektrokinetischen Phosphorrückgewinnung aufgezeigt ist. Hier gibt es allerdings noch keine Anlage, die funktioniert.

    Bislang kommen die meisten Phosphoreinfuhren aus der Westsahara und aus China. Derzeit wird geschätzt, dass die Reserven bei gleichbleibendem Abbau etwa 50 bis 60 Jahre reichen werden.