Die Forscher hätten mit ihrer Forschung die Grundlage für das Wissen über das Erdklima und den Einfluss des Menschen gelegt und die Theorie ungeordneter Materialien und zufälliger Prozesse revolutioniert, erklärte die Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm.
Syukuro Manabe begann in den 1960er-Jahren mit physikalischen Modellen des Erdklimas. Er konnte zeigen, dass eine Zunahme von CO2 in der Atmosphäre zu einer Erwärmung der Erdoberfläche führt.
Zehn Jahre später gelang es Klaus Hasselmann ein Modell zu erstellen, das Klima und Wetter miteinander in Verbindung brachte. Er konnte dadurch zeigen, dass es möglich ist, mit Klimamodellen verlässliche Vorhersagen zu machen, obwohl das Wetter selber chaotisch und wechselhaft ist. Er entwickelte darüber hinaus Methoden, die es möglich machen, klimatische Fußabdrücke zu identifizieren. Mithilfe seiner Methoden konnte belegt werden, dass die globale Erwärmung auf den menschgemachten CO2-Ausstoß zurückzuführen ist.
Giorgio Parisi gelang es zu zeigen, dass ungeordnete Systeme versteckte Muster enthalten.
"Giorgio Parisi hat ein unglaublich breites Forschungsfeld"
, kommentierte der Physiker Eckehard Schöll im Dlf. Dank Parisis Entdeckungen lassen sich unterschiedlichste, scheinbar chaotische Phänomene beschreiben und verstehen. Dazu gehören Klima und Wetter ebenso wie der Verlauf einer Pandemie.
Alle drei Nobelpreisträger haben mit ihrer Arbeit das Verständnis komplexer Systeme erweitert, begründete das Komitee seine Wahl. Konkret hat ihre Grundlagenforschung dazu beigetragen, die Tragweite des Klimawandels begreifbar und vorhersagbar zu machen. Die Forschungen von Syukuro Manabe und Klaus Hasselmann haben die Werkzeuge geliefert, mit denen bewiesen werden konnte, dass der Klimawandel vom Menschen gemacht ist.
Das Verständnis komplexer Systeme hat auch abseits von Physik und Klimaforschung Relevanz. Es findet Anwendung in der Mathematik, Neurowissenschaften, Biologie oder im Machine Learning.
Die Ehrung der Klimaforscher hat nicht nur innerhalb der Forschungsgemeinschaft Reaktionen hervorgerufen. So forderte der Chef der Weltwetterorganisation (WMO), Petteri Taalas, die Entscheidung des Nobelkomitees auch als einen Auftrag an die Politik zu sehen. Obwohl fast alle Staatschefs den Klimawandel inzwischen als massives Risiko betrachteten, mangele es an konkreten Gegenmaßnahmen. "Es ist klar, dass die Ziele höhergesteckt werden müssen", sagte Taalas gegenüber der dpa.
Ein politischer Nobelpreis sei die diesjährige Ehrung der Klimaforscher trotzdem nicht, betont Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, wo Klaus Hasselmann immer noch ein Büro hat. Es sei vielmehr ein Beleg dafür, wieviel grundlegende Physik in angewandter Klimaforschung stecke, sagte er im Deutschlandfunk.
Der 1948 in Rom geborene Giorgio Parisi ist seit 1992 Professor für Quantenphysik an der römischen Universität La Sapienza. Komplett überrumpelt war der Experte für berechenbare Unordnung von der Ehrung mit dem Nobelpreis nicht: "Ich wusste, dass es eine gewisse Wahrscheinlichkeit gab. Ich bin also in der Nähe des Telefons geblieben", sagte er im Interview während der Preisverleihung.
Ganz anders der deutsche Klimaforscher Klaus Hasselmann. Gegenüber der schwedischen Nachrichtenagentur TT gab er an, er wüsste noch gar nicht so recht, wie er die unerwartete Ehrung feiern würde. "Zuerst muss ich Luft holen und sehen, was passiert", zitierte ihn TT. Klaus Hasselmann wurde 1931 in Hamburg geboren. Die Kriegszeit verbrachte er mit seinen Eltern in Großbritannien. Der seit 1999 emeritierte Physiker war zuletzt Direktor am deutschen Klimarechenzentrum in Hamburg. Den Nobelpreis hatte der Hanseat nicht vorhergesehen, die Klimakrise sagte er aber schon 1995 bei der Berliner Klimakonferenz voraus.
Syukuro Manabe wurde 1931 im Süden Japans geboren. Er studierte und promovierte in Tokio, bevor er 1958 in die USA ging. Dort arbeitete der Wissenschaftler, der inzwischen auch die US-Staatsangehörigkeit besitzt, zunächst bei verschiedenen Wetterbehörden, bevor er an die renommierte Universität Princeton wechselte, wo der Neunzigjährige immer noch arbeitet und lehrt.
Für seine Pionierarbeit im Bereich der Klimaforschung wurde sogar ein Preis nach dem Laureaten benannt. Der vom amerikanischen Meteorologenverband verliehene "Syukuro Manabe Climate Research Award" ehrt Forscher, die herausragende Beiträge zum Verständnis des Klimasystems der Erde liefern.
Die Bekanntgabe der Physik-Nobelpreise
Seit seiner ersten Verleihung im Jahr 1901 wurde der Physik-Nobelpreis 114 Mal verliehen. Unter den 216 Laureaten sind nur vier Frauen, darunter die Preisträgerin vom letzten Jahr, die US-amerikanische Astronomin Andrea Ghez. Sie teilte sich die Auszeichnung mit dem deutschen Astrophysiker Reinhard Genzel und dem Briten Roger Penrose. Die drei wurden für ihre Forschungen zu Schwarzen Löchern geehrt.
Der Nobelpreis gilt international als eine der wichtigsten wissenschaftlichen Auszeichnungen. Zum Auftakt der Nobel-Woche wurden am Montag die Preisträger in der Kategorie Medizin/Physiologie bekannt gegeben. Die Auszeichnung teilen sich in diesem Jahr David Julius und Ardem Patapoutian für die Erforschung von Sinnesrezeptoren. Am Mittwoch wird der Nobelpreis für Chemie vergeben. Am Donnerstag folgt der Preis für Literatur, am Freitag der Friedensnobelpreis und am Montag die Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaften.
[Quellen: Nobelpreis-Komitee, Anneke Meyer]