Wie man sich die deutsche Meisterschaft in Physik vorstellen muss? Sven Jandura erklärt es:
"Also man wird zu viert in einen Raum gesperrt, mit vielen Süßigkeiten und viel Kaffee drum herum. Und bekommt so ein Aufgabenheft in die Hand gedrückt, das ist ein kleines Büchlein, 20 Seiten oder so mit zehn verschiedenen Aufgaben. Und dann hat man vier Stunden Zeit, die Aufgaben möglichst gut zu lösen. Die Aufgaben sind alle ein bisschen länger, also nicht nur ein Kreuzeltest, sondern man muss länger über jede einzelne Aufgabe nachdenken."
Wenn Sven Jandura das Procedere des "DOPPLERS"-Wettbewerb erläutert, umgibt ihn diese Ruhe, die einem als Nicht-Physikgenie in der Schulzeit immer schon ein bisschen suspekt war. Denn schließlich hat der 22 Jahre alte Student der Technischen Universität München diesen Wettbewerb gewonnen – und beherrscht somit nachweisbar eine Materie, von der Normalsterbliche meist nur Bahnhof verstanden haben. Ein Annäherungsversuch. Sind er und seine Teamkollegen jetzt deutsche Meister in Physik?
Meister im Physikaufgaben lösen
"Naja, das ist schon ein bisschen weit gegriffen. Also, wir sind vielleicht sowas in der Gruppe wie deutscher Meister im Physikaufgaben lösen. Aber das ist natürlich nochmal eine ganz andere Sache als wirklich Physik zu betreiben. Physikaufgaben lösen und Physik zu betreiben sind nochmal zwei verschiedene Paar Schuhe."
Schließlich geht es hier vor allem um theoretische Modelle, die mehr Denksportaufgaben sind als konkrete Probleme aus der aktuellen Forschung. Doch er und seine Kollegen Friedrich Hübner und Kilian Bönisch von der Uni Bonn sowie Eugen Dizer aus Heidelberg, hatten die meisten Punkte – in Aufgaben wie dieser. Eugen Dizer erklärt:
"Da ging es um einen Flummy, der eine schiefe Ebene herunterspringt. Man musste ausrechnen, wie viele Sprünge braucht es, um eine gewisse Strecke zurückzulegen. Und wie lange dauert das insgesamt und so weiter. Die habe ich dann übernommen. Und die anderen haben dann… es gab Festkörperphysikaufgaben, Neutrinos und andere viele interessante Sachen.
"Ein richtiger Schock"
Am Ende der vier Stunden gerieten die vier in Stress.
"Am Ende gab es Zeitdruck, weil wir zwar die Aufgaben gelöst hatten, aber uns sehr viele Sachen aufgehoben haben, um sie am Ende nochmal zu besprechen – zusammen in der Gruppe. Und da wurde es dann knapp, als wir gemerkt haben: ‚Okay, wir brauchen noch viel Zeit zum Aufschreiben der anderen Aufgaben.‘ Und: ‚Oh, wir müssen noch diejenigen Aufgaben besprechen. Und noch schön aufschreiben...‘"
Am nächsten Tag verkündete die Jury dann schon die Ergebnisse.
"Man zittert, man ist richtig auf Spannung und wartet auf die Ergebnisse. Als dann der Dritte aufgerufen wurde und wir es nicht waren, dachte ich so: ‚Oh, okay, könnte es Zweiter sein?‘ Als wir es beim Zweiten nicht waren, dachte ich: ‚Wir waren echt schlecht dieses Jahr‘. Und dann wurden wir aufgerufen auf den ersten Platz. Das war eine richtige Erleichterung, ein richtiger Schock – und natürlich waren wir sehr, sehr froh."
Mentale Strategie
In den Wochen danach haben sich die vier Jungphysiker, die im Bachelor studieren, auf den europaweiten PLANCKS-Wettbewerb vorbereitet, an dem 17 Länderteams teilnehmen - und 68 Physikstudierende. Das hieß vor allem: die Prüfungsaufgaben der Vorjahre zu büffeln. Im vergangenen Jahr haben sie schon einmal mitgemacht – und wurden zweite. Nun wollen sie endlich ganz hoch aufs Treppchen. Wichtig dabei ist für den 21-Jährigen Eugen Dizer die mentale Strategie.
"Man darf keine Angst haben, das ist wichtig. Wenn man sich die Aufgabe anschaut, dann wirkt sie meistens schwer, abschreckend. Aber man muss den Mut haben, sich da dranzusetzen und anzufangen. Das ist so der erste Schritt, den viele nicht wagen. Und wenn man sich da traut anzufangen, dann merkt man: Man kann es eigentlich."