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Picassos frühe Zeichnungen

Pablo Picasso hat eine solide Zeichenausbildung an einer strengen Akademie genossen und wurde wie die alten Meister ausgebildet. Die damals entstandenen Werke sind derzeit in der renommierten Frick Collection in New York zu sehen.

Von Sacha Verna |
    Die renommierte Frick Collection besitzt kein einziges Werk von Pablo Picasso. Doch sind eben da zurzeit neben den El Grecos und Goyas, neben den Dürers und Renoirs über sechzig Zeichnungen Picassos zu sehen, Leihgaben aus Museen und den exklusivsten Privatsammlungen der Welt. Warum? Weil Picassos Arbeit sämtliche Jahrhunderte der Kunstgeschichte in sich trage, denen die herrschaftlichen Räume der Frick Collection sonst vorbehalten seien, sagt die Kuratorin Susan Grace Galassi:

    "Picasso wurde in derselben Tradition ausgebildet wie die alten Meister, die er so sehr bewunderte. Er genoss eine strenge akademische Ausbildung, was ihn von manchen seiner Kollegen unterschied und für ihn eine direkte Verbindung zu den Künstlern der Vergangenheit darstellte."

    Die Exponate stammen aus den Jahren zwischen 1890 und 1921, den ersten drei Jahrzehnten von Pablo Picassos 75 Jahre währender Karriere.

    "Als Student sagte Picasso, er würde am liebsten sein ganzes Leben lang zeichnen. Das Zeichnen bildete wirklich den Kern seiner Kreativität. Er nutzte Zeichnungen als Studien für andere Werke, aber auch, um damit neue Formen auszuprobieren, neue Ideen zu entwickeln und gelegentlich, um mit anderen Materialien zu experimentieren. Manchmal bediente er sich traditioneller Techniken, wollte jedoch etwas Traditionelles in etwas Revolutionäres verwandeln"

    ,so Marilyn McCully, die Co-Kuratorin von Susan Grace Galassi.

    So zeichnete Picasso einen kubistischen Akt 1910 mit fast schon ingreshaft feinem Strich. Viele der sogenannten papier collés, jener Collagen, die zwischen 1909 und 1914 während der nahen und fruchtbaren Freundschaft mit Georges Bracque entstanden, entpuppen sich bei näherem Hinschauen als klassische Stillleben.

    Deutlich wird in dieser Ausstellung auch, dass Pablo Picasso nie eine künstlerische Ausdrucksweise zugunsten einer anderen aufgab. Das zeigen etwa eine Reihe von Männerporträts, alle aus den Jahren zwischen 1914 und 1916, die die Bandbreite von Akademismus und Altmeisterlichkeit bis zur Abstraktion umfassen. Dazu Marilyn McCully:

    "Picasso sagte einmal: Wenn man eine kubistische neben eine naturalistische Zeichnung eines Kopfes hänge, seien diese für ihn dasselbe. Die verschiedenen Arten der Darstellung, die als kubistisch oder klassizistisch oder was auch immer bekannt geworden sind, sind alle Aspekte derselben künstlerischen Sprache."

    Pablo Picasso braucht als Zeichner nicht mehr entdeckt zu werden. Pablo Picasso in der Frick Collection hingegen schon. Seine Rolle als Innovator und Traditionalist, als Schöpfer und Erbe tritt nirgendwo besser zutage als in der ungewohnten Nachbarschaft von Van Dyck bis Veronese, die ihm diese lohnenswerte Ausstellung gewährt.

    "Picasso's Drawings, 1890-1921: Reinventing Tradition”, Frick Collection, New York. Bis 8. Januar 2012. Zur Ausstellung ist unter demselben Titel ein 300-seitiger Katalog erschienen. Er kostet gebunden 60 Dollar, broschiert 45 Dollar.