Mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat seit 2015 Flüchtlinge in Deutschland unterstützt - durch Sach- oder Geldspenden oder durch aktives Mitwirken. Viele helfen bei der Wohnungssuche und Behördengängen oder geben Sprachunterricht.
"Viele Menschen wollen sich ehrenamtlich einbringen", sagt denn auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz. Aber viele der Ehrenamtlichen fühlten sich vom Staat im Stich gelassen: Kreative Lösungen mussten sie im Alleingang finden.
So schreibt etwa der Migrationsforscher Werner Schiffauer in einem Gastbeitrag für den Mediendienst Integration: "Anstatt nach dem Staat zu rufen und ihn unter Druck zu setzen, nehmen die Bürger das Heft selbst in die Hand".
Mentoringprogramm "Neustart im Team" für Flüchtlinge
Die sogenannte Flüchtlingskrise liegt einige Jahre zurück. Nun will die Bundesregierung ehrenamtlichen Helfern zur Seite springen. Denn ohne die Zivilgesellschaft könne Integration nicht gelingen, sagt Widmann-Mauz:
"Menschen begleiten Menschen, wenn es darum geht, die richtige Schule zu finden, den Arbeitsplatz zu finden, eine Wohnung zu finden und auch bei der Integration in unsere Gesellschaft, in den Vereinen, in den Einrichtungen…"
"Neustart im Team" heißt ein Pilotprojekt des Bundesinnenministeriums, der Integrationsbeauftragten und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, BAMF. "Neustart im Team" - abgekürzt NEST, was ein behagliches Zuhause suggeriert.
500 Schutzbedürftige, die im Rahmen eines humanitären Aufnahmeverfahrens, dem sogenannten Resettlement, nach Deutschland kommen, sollen von Mentoren begleitet werden.
"Man lässt diese Mentoren nicht alleine"
"Charmant" nennt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer, das Pilotprojekt:
"Weil aus meiner Sicht der innovative Ansatz bei diesem Programm der ist, dass die Zivilgesellschaft auf der einen Seite, karitative Organisationen auf der anderen Seite, aber auch der Staat gemeinsam unter einem Dach zusammenwirken, wenn es darum geht, besonders schutzbedürftige Personen in Deutschland aufzunehmen, ihnen auch eine Bleibeperspektive in Deutschland zu geben."
Die Ehrenamtlichen tun also weiterhin das, was sie bislang getan haben, können dabei aber als Mentoren agieren.
"Man lässt diese Mentoren nicht alleine, sondern begleitet sie aktiv auf ihrem Weg, wenn es darum geht, den Flüchtlingen die entsprechende Hilfestellung anheimzustellen."
Neue Kontaktstelle soll bei Antrag helfen
Eine neue zivilgesellschaftliche Kontaktstelle begleitet das Antragsverfahren, das BAMF vermittelt einen Geflüchteten oder eine Flüchtlingsfamilie an den oder die Mentoren.
"Von diesen Mentoren wird auch erwartet, dass sie sich verpflichten, dass sie sich nicht nur mit Zeiteinsatz einbringen, sondern dass sie durchaus auch finanzielle Verpflichtungen übernehmen. Aber der Staat lässt diese Mentoren nicht allein."
"Sie erhalten die Unterstützung in der Begleitung durch das Know-How, das wir aufgebaut haben und erfahren dadurch weitere Unterstützung zu dem, was sie aus eigener Kraft einbringen wollen."
Erläutern Annette Widmann-Mauz und Stephan Mayer.
Hilfen soll es geben - welche, bleibt unklar
Wie die staatliche Hilfe dabei ganz konkret aussieht, bleibt unklar. Finanzielle Unterstützung jedenfalls ist nicht geplant. Aber beide betonen, dass das Programm neben den staatlichen Akteuren auch vom UN-Flüchtlingshilfswerk, von Wohlfahrtsverbänden, den Kirchen sowie der Bertelsmann- und der Mercator-Stiftung unterstützt werde.
Bis Ende Juni sollen die ersten Geflüchteten im Rahmen des neuen Projekts aufgenommen und betreut werden. Ein ambitionierter Zeitrahmen, zumal das erste staatliche Hilfs-Werkzeug noch nicht funktioniert: Die entsprechende Internetseite war zum Zeitpunkt der Präsentation noch offline.