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Pils mit Melonengeschmack

Bier mit dem Geschmack von Gletschereisbonbons, Mandarine oder Melone: Immer mehr Brauereien versuchen sich an Alternativen zum klassischen Bier. Sogenannte Craft Biere erobern langsam den deutschen Markt. Am Bodensee werden dafür neue Hopfensorten angebaut.

Von Thomas Wagner |
    In diesem Fall ist nur noch der Gummiverschluss der Bierflasche traditionell. Das, was rauskommt, erhebt den Anspruch, die Bierwelt zu revolutionieren.

    "Da werden neuartige Hopfensorten verwendet. Die haben dann Fruchtnoten in Richtung Melone, Mandarine. Es gibt sogar eine Hopfensorte, die Richtung Gletschereis-Bonbons geht. Manche sind bananenartig, fruchtig. Sie haben einfach sehr fruchtige Noten im Bier."

    Jürgen Weishaupt ist Geschäftsführer des Hopfenbauernverbandes Tettnang; dort werden seit Neuestem die sogenannten "Flavour Hops" angebaut, also Hopfensorten mit völlig neuen Geschmacksrichtungen, Mandarine und Melone inklusive.

    "Das ist klassische Pflanzenzüchtung, Pflanzenkreuzung. Es werden da einfach am Forschungsinstitut in Bayern verschiedene Männlein und Weiblein gekreuzt. Das ist ein langer Prozess, geht über viele Jahre, sehr aufwendig und teuer. Und so versucht man eben, diese verschiedenen Fruchtnoten über verschiedene Kreuzungen, Kreuzungs-Züchtungen in den Hopfen zu bringen."

    Damit werden die sogenannten "Craft Beers" gebraut - neue Biersorten, die seit etwa einem Vierteljahrhundert auf dem US-amerikanischen Markt auftauchen. Doch erst in jüngster Zeit erobern sich solche "Craft Beers", so Jürgen Weishaupt vom Hopfenbauernverband Tettnang, auch den europäischen Markt.

    "In Italien gibt es eine Craft-Brewer-Szene. In Frankreich, in Belgien. Auch in Deutschland entwickelt sich das jetzt."

    Dort allerdings, wo sich die Biertrinker gerne an traditionellem Pils, Weizen oder einer Halben vom Fass laben, bislang eher noch mit gebremster Kraft. Gerade mal 150 Hektar von 16.000 Hektar Hopfenanbaufläche bundesweit sind bislang den neuen "Flavour Hops" vorbehalten; die Tettnanger Hopfenbauern haben 25 Hektar von 1200 Hektar dafür reserviert. Anja Schneider ist ausgebildete Bier-Sommeliere aus Alpirsbach im Schwarzwald:

    "Das ist natürlich schwierig. Da muss man sehr offen dafür sein. Die sind extrem hopfenbetont. Es gibt gerade den Trend in Richtung Sauerbier. Da muss man die Leute aber auch drauf vorbereiten. Sonst funktioniert das nicht. Das muss man wissen, wie die schmecken. Oder gerade aus Italien kommen aus Weizen-Teas. So nennen die sich. Ein Weizenbier mit Tee, das ist sensationell. Da ist Spektrum sehr breit. Aber man muss auch sehr aufpassen."

    Denn gerade in Deutschland stellt sich die Frage: Ist denn das wirklich noch Bier? Die Antwort heißt: Bier ist Bier, wenn Bier draufsteht; gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot. Aber manchmal lesen die Verbraucher halt etwas anderes auf dem Etikett:

    "Wenn da zum Beispiel Brauspezialität draufsteht, dann ist es auch offener."

    Und nicht unbedingt nach dem deutschen Reinheitsgebot hergestellt. Die deutschen Hopfenbauern dagegen bauen eher auf Trendbiere, die das überlieferte Reinheitsgebot einhalten - und trotzdem nach Mandarine oder Melone schmecken. Jürgen Weishaupt vom Hopfenbauernverband Tettnang verweist dabei auf vier neue Hopfensorten, die eigens für die Herstellung der neuen "Craft Beers" in Bodenseenähe angebaut werden:

    "Es gibt seit letztem Jahr vier neue Sorten, genannt 'Mandarina Bavaria', mit Richtung Mandarinengeschmack, dann gibt es 'Fill Melone' mit Melonenrichtung. Polaris - der geht eben in diese Gletschereis-Bonbon-Richtung. Und dann gibt es den Halltertau Blanche. Der hat ein Weißwein-Bouquet."

    Mit Bieren, die aus diesen neuen Hopfensorten gebraut werden, wollen Bierbrauer und Hopfenbauern vor allem solche Verbraucher erreichen, die bislang nicht zu den etablierten Biertrinkern gehören. Denn der Bierkonsum pro Nase ist in Deutschland leicht rückläufig; da lasse sich mit den neuen "Craft Beers" gut gegensteuern. Vor allem die Hopfenbauern sehen in diesem Trend neue Absatzchancen. Damit die neuen Biersorten tatsächlich intensiv nach Melone oder Gletscherbonbon schmecken, wird beim Brauen etwa die doppelte Menge an Hopfen verwendet wie bei etablierten Biersorten, um die Intensität der jeweiligen Geschmacksrichtung zu verstärken. Deshalb hofft Jürgen Weishaupt vom Hopfenbauernverband Tettnang darauf, dass immer mehr Verbraucher auf den Geschmack der neuen "Craft Beers" kommen.

    "Das ist eine Nische mit großem Potenzial. Das beginnt jetzt richtig zu laufen. Und wir erwarten in den nächsten Jahren weitere neue Sorten mit neuen Geschmacksrichtungen. Und da Tettnang ein Aroma-Hopfengebiet ist, passt das natürlich exzellent in unsere Philosophie."