Schwarzrost ist eine Pilzkrankheit im Getreide, die vor 40 Jahren den Bauern noch richtig Angst machen konnte. Bei einem Befall drohte unter Umständen ein kompletter Ernteverlust. Doch dann wurden pilzresistente Weizensorten gezüchtet, und das Problem Schwarzrost geriet fast in Vergessenheit. Seit rund zehn Jahren macht der Pilz aber wieder von sich reden. Neue Varianten tauchten auf, die große Schäden anrichten. Vor allem Afrika ist betroffen. Im vergangenen Jahr trieb Schwarzrost erstmals auch wieder auf Weizenfeldern in Sizilien sein Unwesen. Agrarforscher warnen jetzt davor, dass der Pilz auf breiter Front nach Europa zurückkehren könnte. Denn seine Sporen werden mit dem Wind sehr weit getragen.
"Wir haben mit Wettermodellen die mögliche Verbreitung der Sporen simuliert. Es besteht ein hohes Risiko, dass der Schwarzrost von Sizilien aus weiter nach Italien und Südosteuropa vordringt. Ebenso nach Süden in Richtung Libyen und Tunesien. Wenn die Bauern dort unachtsam sind, den Pilz zu spät erkennen und versäumen Fungizide zu spritzen, könnte sich der Schwarzrost immer weiter verbreiten."
Chris Gilligan von der britischen University of Cambridge ist Experte für Pilzepidemien im Ackerbau. Er ist Teil einer internationalen Arbeitsgruppe von Agrarforschern, die jetzt abzuschätzen versucht, welche Gefahr tatsächlich von der in Sizilien aufgetauchten neuen Schwarzrost-Variante ausgeht. Erste genetische Analysen und Infektionsversuche an verschiedenen Weizensorten im Gewächshaus zeigten: Es gibt durchaus Anlass zur Sorge. Chris Gilligan:
"Der Pilz ist gefährlich, weil er sowohl Hartweizen, aus dem Nudeln hergestellt werden, als auch Brotweizen befallen kann. Und nach Untersuchungen dänischer Kollegen an der Universität Århus wächst diese neue Variante auf einer ganzen Reihe von Weizensorten, die bisher als resistent gegen Schwarzrost galten."
Eine Art Rückschlag der Rostpilze auf den Feldern der Welt
Die Analysen zeigten auch: Die sizilianische Schwarzrost-Variante ist ein anderer Stamm als der, der seit einigen Jahren auf Weizenfeldern in Ostafrika wütet. Warum es gerade jetzt – nach Jahrzehnten der Ruhe – zu einer Art Rückschlag der Rostpilze auf den Feldern der Welt kommt, kann Chris Gilligan nicht eindeutig erklären. Er sieht drei mögliche Gründe.
"Erstens könnten passende Umweltbedingungen die schnelle Entwicklung neuer Pilzstämme fördern. Zweitens haben sich Züchter über lange Zeit auf sehr wenige Resistenzgene verlassen. Die Pilzresistenz bei Weizen beruht weltweit auf einer sehr ähnlichen genetischen Basis. Das verstärkt den Evolutionsdruck auf die Pilze. Und als dritte Komponente spielt natürlich auch der Zufall eine wichtige Rolle."
Den Kampf gegen die Rostpilze wollen die Forscher allerdings nicht dem Zufall überlassen. Angesichts der Schwarzrost-Epidemie in Afrika wurde schon 2008 die internationale Global Rust Initiative gegründet. Darüber arbeiten weltweit Agrarforschungsinstitute, Universitäten und Züchtungsunternehmen zusammen, um neue Formen der Pilzresistenz zu suchen und in gängige Weizensorten einzukreuzen. Die Plattform soll auch helfen, auf den Schwarzrost-Ausbruch in Sizilien schnell zu reagieren. Schwarzmalerei, dass jetzt der Weizenanbau in ganz Europa gefährdet sei, will Chris Gilligan jedenfalls nicht betreiben.
"Ein vorsichtiger, eingegrenzter Alarm ist eine gute Sache. Untergangssorgen sind hingegen fehl am Platz. Aber wir müssen jetzt die Bauern dazu bringen, ihre Weizenfelder schon früh im Jahr gut im Auge zu behalten. Sie müssen vorbereitet sein, um präventiv zu handeln."
Fungizide sind die erste Wahl
Präventiv handeln – das bedeutet, schon bei den ersten Anzeichen von Schwarzrost den Weizen mit Fungiziden zu spritzen. Das ist in der nächsten Zeit die erste Wahl, um die weitere Verbreitung des Pilzes einzudämmen. Bis neue, dann wieder resistente Weizensorten gezüchtet und für den Anbau zugelassen werden, könnten fünf bis zehn Jahre vergehen.