Wenn eine gewöhnliche Fichte von Borkenkäfern befallen wird, dann ist sie vorbereitet:
"Der Baum produziert über seinen Stoffwechsel Chemikalien und speichert sie für den Fall, dass ihn Borkenkäfer oder andere Schadinsekten angreifen. Die wichtigsten dieser Abwehrstoffe sind Terpene und phenolische Substanzen. In Laborversuchen erwiesen sich einige von ihnen als tödlich für die Käfer."
Die chinesische Biologin Tao Zhao zu Details der Verteidigungsstrategie. Wird der Ansturm der Borkenkäfer aber zu groß, verpufft die Wirkung der chemischen Keule - und es ist umgekehrt: Die Insekten bringen die Fichte um. Und wenn sie sich massenhaft vermehren, sogar ganze Wälder.
Allein würden die gefürchteten Forstschädlinge das aber womöglich gar nicht hinbekommen. Sie haben offenbar Helfershelfer, und zwar in Gestalt von Pilzen, die ihre Körper besiedeln. Die Käfer tragen sie mit in die Wirtsbäume ein, wenn sie sich durch die Rinde bohren und ihre Brutgänge anlegen.
Bäume wehren sich gegen Borkenkäfer chemisch
Diese Pilze scheinen imstande zu sein, die Chemiewaffen der Fichten zu entschärfen. Das ergibt sich aus Untersuchungen am Königlichen Institut für Technologie in Stockholm in Schweden. Dort forscht Tao Zhao in der Arbeitsgruppe Chemische Ökologie:
"In unserer neuesten Studie haben wir die Stoffe, die bei Käfer- und Pilzbefall auftreten, genau analysiert. Dabei konnten wir sehen: Die Pilze entwaffnen die Fichten praktisch. Sie können wichtige Terpene der Bäume in harmlose Verbindungen umwandeln. In unseren Studien ging die Konzentration dieser Abwehrstoffe in der Baumrinde drastisch zurück, um 90 Prozent."
Dass Borkenkäfer Pilze mit sich schleppen, ist schon lange bekannt. Doch ob es ihnen wirklich etwas nutzt, darüber diskutieren Insektenkundler und Forstpathologen bis heute. Für Tao Zhao sprechen die neuen Befunde dafür, dass die Pilze den Käfern bei ihren Attacken auf Nadelbäume entscheidend helfen:
"Der Pilz dringt normalerweise etwas schneller im Rindengewebe vor als der Käfer beim Bohren seiner Gänge. Er geht also quasi voraus, entgiftet die Abwehrstoffe des Baumes. Und der Borkenkäfer ist ihnen nicht mehr so stark ausgesetzt."
Pilz seht Chemieabwehr außer Kraft
Demnach kämpfen die Fichten also gegen zwei Feinde. Nicht nur gegen den Borkenkäfer, sondern auch gegen seinen Komplizen, den Pilz. Man könnte den bedrängten Bäumen allerdings unter die Äste greifen. Bestimmte Pflanzenhormone kurbeln bei ihnen nämlich die Produktion diverser Abwehrstoffe an, wie man weiß. Nur müsste man die Fichten damit überall besprühen. Und daran scheitert die Sache in der Praxis, wie Paal Krokene erläutert. Der Ökologe vom norwegischen Forst-und Landschaftsinstitut forscht schon lange über Borkenkäfer und ihre Pilze:
"Man kann nicht einfach durch Fichtenwälder laufen und Pflanzenhormone versprühen. Das würde nicht gut in der Öffentlichkeit ankommen. Außerdem wäre das Ganze viel zu teuer."
Die Experten sehen aber eine andere Möglichkeit. Fichte ist nicht gleich Fichte. Es gibt Zuchtlinien oder Klone, die sich genetisch unterscheiden, auch in ihrer Abwehrkraft:
"Ein Ziel unserer Forschung ist es, resistentere Bäume zu finden, die mit den Insekten und Pilzen besser klarkommen. Diese Genotypen könnte man dann auswählen."
"In Schweden hat das staatliche Forstinstitut unterschiedliche Fichten-Klone gepflanzt und zunächst einmal geschaut, welche davon gut wachsen. Wir untersuchen jetzt, welche dieser Fichten-Klone Borkenkäfer am besten abwehren. Diese Bäume könnte man dann in Zukunft für Aufforstungen verwenden."
Diese Studien haben aber gerade erst begonnen. Bis den forstlichen Samenbanken tatsächlich Fichten zur Verfügung stehen, die den Befall mit Borkenkäfern und Pilzen besser verkraften – bis dahin, das sagen auch die Forscher, werden auf jeden Fall noch Jahre vergehen.