Der Kruppwald im Süden von Essen. Majestätische Buchen, umringt von anderen dichten Laubhölzern. Nur eines stört die Naturkulisse gewaltig: der nahe gelegene Düsseldorfer Flughafen:
"Halb zehn gleich?." "Ja!" "Ja, halb zehn gleich." "Im Grunde genommen kann es jetzt jeden Moment losgehen, dass wir erwachsene Tiere hier an den Wegen auffinden."
Alina Schulz und Marine Klamke sind beide Biologie-Studentinnen an der TU Braunschweig. Seit Wochen ist der Kruppwald ihr Expeditionsgebiet. Mit vor Ort diesmal auch Projektbetreuerin Vanessa Schulz, seit kurzem an der Universität Leipzig:
"Prinzipiell gehen wir schon in Salamandernächten raus. So nennen wir diese Nächte, die eben ungefähr bei zehn Grad liegen und eine hohe Luftfeuchtigkeit aufweisen. So wie jetzt!"
Das Trio ist Feuersalamandern auf der Spur. Erst im Dunkeln kommen die Tiere mit der typischen schwarz-gelben Hautfärbung aus ihren Verstecken:
"Da ist einer!" "Da krabbelt er schon." "Hier ist einer und dort." "Sieht man irgendwas?" "Am Kopfbereich ganz typisch hier diese Kringel." "Ja!" "Auf den Beinansätzen ist auch noch eine Läsion." "Ja, wir haben bei dem hier an der Schnauze vorne" an der Schnauze." "Ich auch: alles zerfressen. Das sieht gar nicht gut aus!"
Die Tiere sind sterbenskrank. Es ist ein mikroskopisch kleiner Pilz, der ihre empfindliche Haut zerstört. Die Salamander sind nicht auf ihn eingestellt, denn der sogenannte Chytrid-Pilz gehört hier gar nicht hin. Höchstwahrscheinlich wurde er aus Fernost eingeschleppt, durch den Handel mit asiatischen Schwanzlurchen.
"Also, wir haben jetzt hier so zwei Wattestäbchen. Und damit streichen wir über den Bauch einfach nur ein bisschen, damit wir Hautproben und vielleicht halt Proben von dem Pilz oder Pilzsporen bekommen. Und die können wir dann im Labor analysieren." "Einmal vielleicht umdrehen nochmal! Gerade an den Füßen und am Kopf haben die Tiere sehr häufig Läsionen" "Da ist nichts zu sehen." "Okay"
Population in den Niederlanden durch Pilz fast erloschen
Erste Infektionen mit den Pilzen traten vor knapp zehn Jahren in den Niederlanden auf. Dort sind die Bestände der Feuersalamander fast erloschen. Seitdem nennt man den Pilz auch "Salamanderfresser":
"Genau das vermute ich mit dieser Population, dass es hier nicht mehr lange dauern wird, und wir werden hier keine Tiere mehr antreffen. Das haben wir leider schon an zwei Standorten in Essen. Und das hier ist jetzt der nächste Standort, wo wir dabei zuschauen müssen im Moment, wie die Tiere, ja, dem Pilz ausgeliefert sind."
Auch in der Eifel dezimiert der tödliche Erreger die Bestände. Wie es anderswo in Deutschland aussieht, darüber kann man im Moment nur spekulieren. Jeder Spaziergänger, der seinen Fuß in den Wald setzt, kann die gefährlichen Pilzsporen im Prinzip weiter verschleppen, Wildtiere genauso:
"Neben unseren Feuersalamandern sind tatsächlich auch unsere Molche, unsere vier heimischen Molche, von der Krankheit betroffen. Der Fadenmolch, der Bergmolch, der Kammmolch und der ..." "Teichmolch." "Teichmolch."
Für diese Amphibien scheint der eingeschleppte Pilz nicht unbedingt tödlich zu sein, wie Vanessa Schulz sagt. Für den Feuersalamander aber ist er eine existenzielle Bedrohung. Und das nun auch in Deutschland, einem zentralen Verbreitungsgebiet dieser Art:
"Am besten einmal die Straßenschuhe holen, damit man gleich wechseln kann. Wir desinfizieren die Schuhe jetzt hier."
Vorsichtsmaßnahmen nach getaner Nachtschicht im Wald. Man kann die Pilzsporen abtöten, um sie nicht weiter zu verschleppen. Doch wenn das nur ein paar Forscherinnen so halten, wird es nicht viel nutzen.
Einzige Chance: Resistente Individuen
Die tödliche Salamander-Pest dürfte sich noch viel weiter ausbreiten:
"Nach dem derzeitigen Kenntnisstand werden die Feuersalamander verschwinden. Wir können nur hoffen, dass es irgendwo Individuen gibt, die resistent sind und dann eben neue Populationen aufbauen können."
Auch Mark-Oliver Rödel sieht ziemlich schwarz für die farbenprächtigen Tiere. Den Salamandern drohe das gleiche Schicksal wie der Geburtshelferkröte. Die leide schon länger unter einem anderen eingeschleppten Pilz und sei fast ganz aus Deutschland verschwunden, so der Amphibien-Experte am Berliner Museum für Naturkunde:
"Man kann sie im Prinzip auch als Aussterbeobjekte bezeichnen. Ohne menschliches Zutun werden sich die Populationen nicht über längere Zeiträume halten können. Es beginnt damit, dass wir die Umwelt kaputtmachen, und es endet damit, dass Krankheiten die Arten vollständig ausknocken."