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Pioniertat in Dessau
Johannes Winkler und die erste deutsche Rakete

Vor 90 Jahren hob auf dem Gelände des Flugzeugbauers Junkers in Dessau eine 60 Zentimeter hohe Rakete ab. Sie erreichte etwa 60 Meter Höhe und stürzte 200 Meter entfernt auf den Boden. Dies war die Geburtsstunde der Raketentechnik in Deutschland. Hinter dieser Pioniertat stand Johannes Winkler.

Von Dirk Lorenzen |
Europas Erfolgsgeschichte: Start einer Ariane-5-Rakete in Kourou
Moderne Raketen wie die Ariane-5 nutzen flüssigen Treibstoff, etwas Sauerstoff und Wasserstoff (ESA/Arianespace)
Johannes Winkler, ein damals 33-jähriger Theologe, begeisterte sich für Maschinenbau und das Weltall. Das Besondere an seiner Rakete: Sie nutzte kein Schießpulver oder ähnliches, sondern flüssigen Treibstoff – Benzin und flüssigen Sauerstoff.
Angeregt durch den Zeitungsroman "Der Stein vom Mond" beschäftigte sich Johannes Winkler seit Mitte der 1920er Jahre mit der Theorie des Raketenantriebs für eine Mondrakete. Er erkannte, dass Flüssigkeitsantrieb sehr viel energieeffizienter ist als das Abbrennen von Pulver.
Winkler bekam eine Anstellung bei den Junkers-Werken und arbeitet nach Feierabend an seiner Rakete, finanziell unterstützt vom Prager Fabrikanten Hugo Hückel. Daher hieß die erste Rakete HW-1, Hückel-Winkler-1
Was damals niemand wusste: Fast auf den Tag genau fünf Jahre zuvor hatte der Amerikaner Robert Goddard die weltweit erste Rakete mit Flüssigkeitsantrieb fliegen lassen.
Potraitbild von Robert Goddard (1877-1945)
Robert Goddard (1877-1945) ist heute weltbekannt (und hier im Bild), der kongeniale Johannes Winkler (1897-1947) dagegen fast vergessen (NASA)
Trotz ihrer Pioniertaten spielten beide bei der weiteren Entwicklung der Raketentechnik in ihren Ländern keine Rolle mehr.
Nach Robert Goddard heißt heute immerhin ein großes NASA-Zentrum. Dagegen ist Johannes Winkler, der 1947 im Alter von nur 50 Jahren starb, nahezu völlig vergessen.