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Piotr Uklański
Der fotografische Wiederverwerter

Eigentlich ist er ein Multitalent: Piotr Uklański, dessen Werke nun im New Yorker Metropolitan Museum gezeigt werden. Sein Rezept ist Recycling, seine Fotos sind die Antwort auf eine Kunst, in der nichts Neues mehr möglich zu sein scheint. Gerade dadurch kommt dem Betrachter vieles bekannt vor.

Von Sacha Verna |
    Ein Wasserfall, ein Sonnenuntergang, der Vesuv beim Eindunkeln: Piotr Uklańskis Sujets stammen direkt aus dem Fundus der Postkarten- und Gratis-Kalenderfotografie. "The Joy of Photography", "Die Freude des Fotografierens" heißt die Serie, die der 47-Jährige 1997 begann und die nun den Hauptteil seiner Ausstellung im New Yorker Metropolitan Museum bildet. "The Joy of Photography" war auch der Titel eines Handbuchs, das die Fotofirma Eastman Kodak 1979 veröffentlichte. Damit haben Generationen von Amateurfotografen das Knipsen gelernt: Eastman Kodak habe bestimmt, wie Amerikaner ihre Welt sähen, sagt der Kurator Doug Eklund.
    "In der Serie "The Joy of Photography" geht es um die Überidentifikation mit den Eastman-Kodak-Idealen. Das ist eine verbreitete Taktik unter Künstlern, die von einer Ideologie in eine andere wechseln. Piotr Uklański ist im kommunistischen Polen aufgewachsen. Als er in die Vereinigten Staaten kam, gleich nach dem Fall der Mauer, ging er in dieser Bilderwelt auf."
    Piotr Uklański ist ein Hansdampf in allen Gassen der zeitgenössischen Kunst. Er macht Collagen, Bilder und Skulpturen, er hat Galerien unter Wasser gesetzt, Stuntmen angezündet und farbenprächtigen Disco-Böden kreiert, die musikgesteuert irrlichtern. Doug Eklund zufolge steht aber die Fotografie im Zentrum seiner Arbeit.
    "Piotr Uklańskis gesamtes Werk basiert auf der Erkenntnis, dass traditionelle Medien wie die Malerei und die Skulptur einen Endpunkt erreicht haben. Er benutzt künstlerische Sprachen, die nicht länger in Gebrauch sind."
    In der Fotografie sind das die Methoden und die ästhetischen Klischees aus der Zeit vor Instagram.
    Recycling lautet Uklańskis Rezept. Und weil das nicht besonders originell ist, operiert er gerne mit einer zünftigen Portion Zynismus. So in der berüchtigten Serie "The Nazis", einer Wand voller Porträts von Film- und Fernsehstars, die in der Vergangenheit böse Deutsche gespielt haben.
    Ob Mohnblumenfelder oder ein Totenkopf aus nackten Frauen wie auf dem berühmten Foto von Salvador Dalì: Piotr Uklański versteht sein Werk als Kommentar auf eine Kunst, in der nichts Neues mehr möglich ist. Zugleich nimmt er für sich in Anspruch, genau damit etwas Neues zu schaffen. Das ist entweder grössenwahnsinnig oder eine kalkulierte Fehleinschätzung. Das Ergebnis bleibt für Betrachter dasselbe, nämlich ein Déjà-vu-Erlebnis im Quadrat.