"Es gibt keinen Grund, dass Gruppen, die zum Abbau polnischer Kultur, Tradition und Identität beitragen, wie bisher favorisiert werden". So beschreibt der polnische Kulturminister Piotr Glinski ein Prinzip seiner Förder- und Personalpolitik. Prompt musste der Chef des WK2-Museums in Danzig gehen, ebenso wie die Leiterin des polnischen Filminstituts.
Etlichen Musik- und Theaterfestivals strich das Ministerium die Zuschüsse. Die Vermittlung von Patriotismus, Stolz und Glauben– das sind die neuen Grundpfeiler der polnischen Kulturpolitik. Das "Institut für nationales Gedenken" entwickelt dazu das passende Unterrichtsmaterial. "Wir wollen Schüler und Studenten stolz machen, dass sie polnisch sind", beschreibt eine Mitarbeiterin den Auftrag. Nach einer polenweiten Schulreform beginnt der Geschichtsunterricht jetzt mit polnischen Persönlichkeiten statt mit Griechen und Römern.
"Der Plan ist perfide. Die Kunst in Polen soll linientreu, katholisch oder zumindest unkritisch werden", urteilt der Theaterregisseur Przemyslaw Wojcieszek. Er inszeniert seine gesellschaftskritischen Stücke mittlerweile in einem Musical-Theater, das der Stadt Wroclaw gehört. Denn noch stemmen sich etliche Kommunen gegen den verordneten Kulturpatriotismus. "Wenn wir nicht in der EU wären", sagt der junge Regisseur, "säße ich jetzt wahrscheinlich im Knast".
Theaterszene unter Druck Das "Teatr Polski" in Breslau inszenierte einmal herausfordernde Stoffe. Dann wurde der Intendant durch einen PiS-genehmeren ersetzt. Widerständige Regisseure wie Przemyslaw Wojcieszek weichen mit sozialkritischen Dramen seitdem auf kleinere Bühnen aus.
"Wir sind die transparenteste Stadtverwaltung Polens" Noch haben in vielen polnischen Kommunen unabhängige oder liberale Bürgermeister das Sagen. So wie in Slupsk, wo Robert Biedron regiert. Der "George Clooney der polnischen Politik" glaubt an Transparenz und Mitbestimmung. Doch im Herbst stehen Kommunalwahlen an.
Fabrikanten des Nationalbewusstseins Mit polnischen Opfer- und Heldengeschichten, historischen Gesellschaftsspielen und einem großen Budget versucht das Warschauer Institut für Nationales Gedenken ein polnisches Nationalbewusstsein zu formen. Wie politisch das ist, wird am Direktoren-Verschleiß des Instituts sichtbar.
Eltern gegen Lehrplan Polen hat 2016 sein Bildungssystem reformiert, das Gymnasium abgeschafft und Lehrbücher mit Propaganda gegen Fremde und für ein konservatives Frauenbild eingeführt. Eltern wie Dorota Loboda sehen darin einen Weg in die Vergangenheit. Sie sind dabei, eine Bildungs-NGO zu gründen.
Ein Museum, das Konservativen nicht geheuer ist Die Regierungspartei PiS legt großen Wert auf ein nationalkonservatives Narrativ – auch im Museum. Entsprechend suspekt ist ihr das Europäische Solidarnosc-Zentrum in Danzig. Dort zeigt ein irakischstämmiger deutscher Direktor die Geschichte eines pluralistischen zivilen Widerstands.