Der Sitzungssaal 237 des Warschauer Bezirksgerichts: Wojciech Kinasiewicz sitzt wieder einmal auf der Anklagebank. Der 56-Jährige ist das gewohnt. Über 30 Mal stand er in den vergangenen drei Jahren vor Gericht - seit in Polen die rechtskonservative Partei PiS regiert.
"Das ist anstrengend, und das kostet viel Zeit. Natürlich ist das eine Form, uns einzuschüchtern. Allein in Warschau gibt es einige Hundert Menschen, denen es so geht wie mir."
Wojciech Kinasiewicz gehört der Vereinigung "Bürger der Republik" an, die immer wieder Protestaktionen gegen die Regierung organisiert. Diesmal steht er vor Gericht, weil er und Gleichgesinnte vor einem Jahr über den Zaun geklettert sind, den der amtierende Parlamentspräsident von der PiS anbringen ließ.
Wojciech Kinasiewicz kann die häufigen Gerichtstermine nur deshalb bewältigen, weil er seinen Beruf - er ist Buchhalter - freischaffend ausübt. Denn der Angeklagte sieht sich in einer wichtigen Rolle: Er verteidige die Bürgerrechte, die in der polnischen Verfassung verankert sind. Und die, so sieht er es, wolle die Regierung aushebeln.
"Dagegen lehnen wir uns auf und haben auch schon einige Erfolge erzielt. Inzwischen sind wir so weit, dass wir eine Plattform aufbauen, um ein Wörtchen mitzureden in unserem Land. Wir können formulieren, welches Polen wir wollen."
Wojciech Kinasiewicz gehört der Vereinigung "Bürger der Republik" an, die immer wieder Protestaktionen gegen die Regierung organisiert. Diesmal steht er vor Gericht, weil er und Gleichgesinnte vor einem Jahr über den Zaun geklettert sind, den der amtierende Parlamentspräsident von der PiS anbringen ließ.
Wojciech Kinasiewicz kann die häufigen Gerichtstermine nur deshalb bewältigen, weil er seinen Beruf - er ist Buchhalter - freischaffend ausübt. Denn der Angeklagte sieht sich in einer wichtigen Rolle: Er verteidige die Bürgerrechte, die in der polnischen Verfassung verankert sind. Und die, so sieht er es, wolle die Regierung aushebeln.
"Dagegen lehnen wir uns auf und haben auch schon einige Erfolge erzielt. Inzwischen sind wir so weit, dass wir eine Plattform aufbauen, um ein Wörtchen mitzureden in unserem Land. Wir können formulieren, welches Polen wir wollen."
Das de facto entmachtete Verfassungsgericht
Rückblick: Über 100.000 Menschen gingen in Warschau deshalb auf die Straße, 2016 war das. Die Regierung hatte gerade das Verfassungsgericht de facto entmachtet. Sie weigerte sich, dessen Urteile zu veröffentlichen. Und sie erließ Gesetze, die seine Arbeit stark behinderten.
Der damalige Gerichtspräsident Andrzej Rzeplinski sagte dazu:
"Es kann nicht sein, dass Gesetze im Eiltempo durch den Sejm gebracht werden, auf den Fingerzeig des PiS-Parteivorsitzenden Jaroslaw Kaczynski hin. Das widerspricht der Verfassung. Es muss eine echte Debatte stattfinden."
Doch es blieb nicht beim Verfassungsgericht. Als nächstes nahm die Regierung die ordentliche Gerichtsbarkeit ins Visier. Sie entließ die Mitglieder des Landesjustizrats - ein zentrales Organ, das unter anderem mit der Wahl neuer Richter betraut ist. Statt von Richterverbänden, wie bisher, ließ die PiS den neuen Landesjustizrat vom Parlament wählen. Wo sie die absolute Mehrheit hat. Sie sollte künftig ihr genehme Richter auswählen können.
Wieder gab es Massenproteste gegen diese weitere Schwächung der Gewaltenteilung. Bis Staatspräsident Andrzej Duda ein Veto gegen das Gesetz einlegte. Er sagte:
"Die Reform der Gerichte muss so geschehen, dass Staat und Gesellschaft nicht gegeneinander gestellt werden. Dazu kommt es, wenn die Menschen die Gerichtsbarkeit als ungerecht empfinden. Dazu kommt es aber auch, wenn sie den Staat als dominant wahrnehmen, wenn sie beginnen, sich vor ihm zu fürchten."
Der damalige Gerichtspräsident Andrzej Rzeplinski sagte dazu:
"Es kann nicht sein, dass Gesetze im Eiltempo durch den Sejm gebracht werden, auf den Fingerzeig des PiS-Parteivorsitzenden Jaroslaw Kaczynski hin. Das widerspricht der Verfassung. Es muss eine echte Debatte stattfinden."
Doch es blieb nicht beim Verfassungsgericht. Als nächstes nahm die Regierung die ordentliche Gerichtsbarkeit ins Visier. Sie entließ die Mitglieder des Landesjustizrats - ein zentrales Organ, das unter anderem mit der Wahl neuer Richter betraut ist. Statt von Richterverbänden, wie bisher, ließ die PiS den neuen Landesjustizrat vom Parlament wählen. Wo sie die absolute Mehrheit hat. Sie sollte künftig ihr genehme Richter auswählen können.
Wieder gab es Massenproteste gegen diese weitere Schwächung der Gewaltenteilung. Bis Staatspräsident Andrzej Duda ein Veto gegen das Gesetz einlegte. Er sagte:
"Die Reform der Gerichte muss so geschehen, dass Staat und Gesellschaft nicht gegeneinander gestellt werden. Dazu kommt es, wenn die Menschen die Gerichtsbarkeit als ungerecht empfinden. Dazu kommt es aber auch, wenn sie den Staat als dominant wahrnehmen, wenn sie beginnen, sich vor ihm zu fürchten."
Gut und notwendig für das Land
Auch gegen die Änderungen beim Obersten Gericht wandte sich Duda. Es gab Verhandlungen, bei denen sich die Regierung allerdings weitgehend durchsetzte. Erst die EU-Kommission rang der polnischen Regierung zumindest ein kleines Zugeständnis ab, indem sie beim Europäischen Gerichtshof Klage einreichte: Die Präsidentin des Obersten Gerichts darf nun doch ihre in der Verfassung garantierte Amtszeit erfüllen. Und auch andere Richter, die über 65 Jahre alt sind, dürfen nicht zwangsweise in den Ruhestand geschickt werden. Der Personalwechsel am Obersten Gericht wird also wesentlich langsamer von statten gehen.
Dennoch: In drei Jahren hat die PiS gezeigt, wie rasch eine Regierung die verfassungsmäßige Ordnung ins Wanken bringen kann. Doch es gebe auch einen anderen Blick auf diese drei Jahre, meint Wojciech Kinasiewicz von der Protestgruppe "Bürger der Republik":
"Nur wenige haben sich vor dem Jahr 2015 für die Verfassung interessiert. Jetzt haben wir überhaupt erst die Chance zu verstehen, dass diese Verfassung für unser Land notwendig ist und gut ist. Die Verfassung wird jetzt erst zu einem echten Allgemeingut."
Dennoch: In drei Jahren hat die PiS gezeigt, wie rasch eine Regierung die verfassungsmäßige Ordnung ins Wanken bringen kann. Doch es gebe auch einen anderen Blick auf diese drei Jahre, meint Wojciech Kinasiewicz von der Protestgruppe "Bürger der Republik":
"Nur wenige haben sich vor dem Jahr 2015 für die Verfassung interessiert. Jetzt haben wir überhaupt erst die Chance zu verstehen, dass diese Verfassung für unser Land notwendig ist und gut ist. Die Verfassung wird jetzt erst zu einem echten Allgemeingut."