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Beschädigte Nord-Stream-Pipelines
Pistorius reagiert zurückhaltend auf Medienberichte über Schuldzuweisungen

Bundesverteidigungsminister Pistorius hat zurückhaltend auf neue Medienberichte reagiert, wonach eine pro-ukrainische Gruppe für die Lecks der Nord-Stream-Pipelines verantwortlich sein soll. Der SPD-Politiker sagte, er habe die Berichte mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Nun müsse abgewartet werden, was sich davon bestätigt. Erst dann könne über mögliche Folgen gesprochen werden.

08.03.2023
    Litauen, Pabrade: Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, gibt auf dem Truppenübungsplatz Paprade während der Übung "Griffin Lightning" unter Beteiligung von Bundeswehrsoldaten des deutschen Jägerbataillons 413 Enhanced Vigilance Activities-Brigade ein Pressestatement.
    Verteidigungsminister Pistorius bei einem Besuch eines Truppenübungsplatzes in Litauen. (Kay Nietfeld/dpa)
    Pistorius wies im Deutschlandfunk daraufhin, dass zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich um ein Täuschungsmanöver handeln könne, um pro-ukrainische Gruppen zu beschuldigen. Ähnlich äußerte sich Bundesaußenministerin Baerbock (Grüne). Sie sagte während ihres Besuchs im Irak, zunächst müssten die zuständigen Behörden ihre Ermittlungen zu Ende führen. Das sei nötig, damit "wir dann von Seite der Regierung aufgrund dieser Erkenntnisse dann auch Beurteilungen treffen können und nicht voreilig aus Berichten heraus Schlüsse für uns ziehen".
    Knapp sechs Monate nach den Explosionen hatten deutsche Medien gestern neue Erkenntnisse veröffentlicht. Danach soll eine aus sechs Personen bestehende Gruppe Sprengstoff an den Pipelines platziert haben. Über ihre Nationalität ist nichts bekannt, sie sollen gefälschte Pässe verwendet haben. Zugleich hatte die "New York Times" unter Berufung auf US-Beamte berichtete, amerikanische Geheimdienste gingen davon aus, dass eine pro-ukrainische Gruppe für die Anschläge sei.

    Kiew und Russland bezweifeln Berichte

    Die Regierung in Kiew wies die Berichte zurück. Der Berater des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, Podoljak, schrieb auf Twitter, die Ukraine habe nichts mit dem Vorfall in der Ostsee zu tun und auch keine Informationen über pro-ukrainische Sabotage-Gruppen.
    Russland bezweifelte die Medienberichte ebenfalls. Kreml-Sprecher Peskow bekräftigte seine Forderung nach einer internationalen Untersuchung. Dies sei eine koordinierte Medienkampagne, die der Ablenkung diene, sagte er der Nachrichtenagentur RIA zufolge. Mitte Februar hatte der US-Journalist Seymour Hersh die USA für die Anschläge verantwortlich gemacht. Seine Recherchen wurde kritisch gesehen, auch weil er keine näheren Hinweise auf seine Quelle gab. Das Weiße Haus wies die Anschuldigungen zurück. Russland forderte daraufhin erstmals eine unabhängige Untersuchung und verlangte von den Vereinigten Staaten einen Beleg ihrer Unschuld. Die russische Botschaft in Washington bezeichnete die Sabotage als einen - Zitat - "Akt des internationalen Terrorismus".

    Sicherheitsexperte: Staatliche Beteiligung "wahrscheinlich"

    Aus Sicht des Sprechers der Arbeitsgemeinschaft Kritische Infrastrukturen, Atug, ist es wahrscheinlich, dass staatliche Akteure an der Sabotage zumindest unterstützend beteiligt waren. Er sagte im Deutschlandfunk, die Täter seien gut ausgebildet und informiert gewesen, zudem war eine koordinierte Logistik erforderlich. Welche Staaten beteiligt gewesen sein könnten, bezeichnete Atug anhand des aktuellen Kenntnisstands als "starke Spekulation". Es seien gesicherte Informationen nötig. Der IT-Sicherheitsexperte hält weitere Vorkehrungen gegen ähnliche Vorfälle für nötig. Die Infrastruktur in Deutschland sei aktuell nicht resilient genug.
    Diese Nachricht wurde am 08.03.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.