Kurden-Organisation
PKK-Führer Öcalan ruft zu Ende des bewaffneten Kampfes auf

Der inhaftierte PKK-Anführer Öcalan hat seine Organisation für aufgelöst erklärt und seine Anhänger aufgefordert, den bewaffneten Kampf in der Türkei einzustellen. Alle Gruppen müssten ihre Waffen niederlegen und die PKK müsse sich auflösen, hieß es in einer Erklärung Öcalans. Der Schritt weckt bereits Hoffnungen.

    Istanbul: Mitglieder einer prokurdischen Delegation der Partei für Gleichheit und Demokratie (DEM) geben eine Erklärung des inhaftierten Führers der rebellischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Öcalan, ab.
    PKK-Chef Öcalan ruft Kämpfer zur Niederlegung von Waffen auf (Khalil Hamra / AP / dpa / Khalil Hamra)
    Die Erklärung wurde von der prokurdischen türkischen Partei DEM veröffentlicht. Zuvor hatten Vertreter der Partei Öcalan in seiner Haft besucht. Der Kurdenführer ist seit 1999 in einem türkischen Gefängnis inhaftiert. Er wurde wegen Hochverrats verurteilt.

    Neuer Friedensprozess?

    Der Aufruf Öcalans könnte zu einem neuen Friedensprozess zwischen PKK und türkischer Regierung führen. Dies wäre der erste Schritt dieser Art seit mehr als zehn Jahren. Zuletzt wurde 2013 eine Waffenruhe ausgerufen, der Friedensprozess scheiterte aber im Sommer 2015. Die PKK ist in der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation gelistet.
    Die Erklärung Öcalans stieß auf großes öffentliche Interesse. Im kurdisch geprägten Südosten wurde sie auf öffentlich aufgestellten Bildschirmen übertragen. Ob die PKK seinem Aufruf folgt, ist noch ungewiss. Zur PKK-Führungsriege gehören derzeit Murat Karayilan und Cemil Bayik, die vom türkischen Staat wegen Terrorvorwürfen gesucht werden. 
    Der stellvertretende Vorsitzende der regierenden AKP, Ala, sagte, man erwarte, dass die PKK der Aufforderung Öcalans nachkomme. Die Türkei werde "von ihren Fesseln befreit", meinte Ala. In Berlin teilte das Auswärtige Amt mit, es sei eine historische Chance, die jahrzehntelange Spirale von Terror, Gewalt und Vergeltung zu durchbrechen. Es seien jedoch noch weitere Schritte erforderlich. Dazu gehöre auch, kulturelle und demokratische Rechte der Kurdinnen und Kurden zu respektieren und zu gewährleisten. Bundeskanzler Scholz sagte, der Kampf der PKK habe bereits viel zu viele Opfer gefordert. Der Aufruf von Öcalan biete jetzt endlich eine Chance, diesen gewaltsamen Kampf zu überwinden und zu einer dauerhaft friedlichen Entwicklung in der Kurdenfrage zu gelangen.

    Widerstand bei syrischen Kurden

    Der Aufruf an die kurdische Arbeiterpartei PKK zum Ende ihres bewaffneten Kampfes gegen die Türkei gilt nach Darstellung von syrischen Kurden nicht für sie. Der Kommandeur der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Abdi, begrüßte zwar Öcalans Forderung zur Einstellung der Kämpfe. Während einer Online-Pressekonferenz sagte er jedoch einem Übersetzer zufolge, dies habe "nichts mit uns in Syrien zu tun". Wenn es Frieden in der Türkei gebe, gäbe es keine Entschuldigung für die Regierung in Ankara, weiter die Kurden in Syrien anzugreifen.

    40 Jahre Kampf gegen den türkischen Staat

    Die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) führt seit vier Jahrzehnten einen blutigen Kampf gegen den türkischen Staat, mehr als 40.000 Menschen sind dabei bisher ums Leben gekommen. Die Organisation wird von der Türkei, der EU und den USA als Terrorgruppe eingestuft.
    Der aus Anatolien stammende Öcalan gründete die PKK im Jahr 1978 in der Provinz Diyarbakir im Südosten der Türkei als marxistisch inspirierte Organisation. Ihr ursprüngliches Ziel war der Aufbau eines sozialistischen Kurdenstaats für das in der Türkei unterdrückte Volk, dessen Angehörige auch in Syrien, im Irak und im Iran leben. Die Kurden sind der Bundeszentrale für politische Bildung zufolge mit über 30 Millionen Menschen weltweit eines der größten Völker ohne eigenen Nationalstaat.
    1980 zwang der Militärputsch in der Türkei die PKK und ihren Anführer ins Exil nach Syrien und in den Libanon. 1984 rief Öcalan zur Durchsetzung seiner Ziele zum bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat auf. 1999 wurde Öcalan in Kenia vom türkischen Geheimdienst festgenommen und in die Türkei gebracht. Er entging der Hinrichtung, weil in der Türkei die Todesstrafe abgeschafft wurde, und verbüßt seither eine lebenslange Haftstrafe auf der Gefängnisinsel Imrali bei Istanbul.
    Die PKK rückte später von ihrem ursprünglichen Ziel eines eigenen Kurdenstaats ab. Heute will sie politische und kulturelle Rechte für die Kurden innerhalb des türkischen Staatsgebietes durchsetzen. Öcalans Ansehen bei den Kurden ist aber nach wie vor hoch.
    Diese Nachricht wurde am 27.02.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.