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Pkw-Maut
"Alle Nutzer müssen zahlen"

Deutschland ist Transitland Nummer eins: Das hat der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber im DLF betont. Darum plädiert er für die Pkw-Maut. Die Deutschen hätten schließlich schon über die Steuern für den Straßenbau bezahlt - nun seien die Ausländer an der Reihe.

Markus Ferber im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Markus Ferber, der CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl
    Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber (dpa / picture-alliance / Daniel Karmann)
    Markus Ferbers Zauberformel lautet "nutzerfinanzierte Infrastruktur". Darin sieht er das Modell des 21. Jahrhunderts. Deutschland trage als Transitland schon die größten Belastungen aus der europäischen Integration, und eine leistungsfähige Infrastruktur könne auf Dauer nicht aus Steuern finanziert werden. Genau darum brauche man die Pkw-Maut.
    Zum Streit mit der CDU und insbesondere mit Finanzminster Wolfgang Schäuble fand Ferber ebenfalls klare Worte: "Wir sind sehr enttäuscht, um es mal vorsichtig zu formulieren." Es gebe klare Indizien dafür, dass das Konzept von Verkehrsminister Dobrindt "unterminiert" und zerredet werde. Zur Frage, ob die Maut gegen das EU-Recht verstoßen könnte, meinte Ferber, es sei Aufgabe des Verkehrsministers, den Entwurf so zu gestalten, dass er europarechtskonform sei.

    Friedbert Meurer: Zwischen CDU und CSU hängt der Haussegen im Moment ziemlich schief. CSU-Chef Horst Seehofer ist am Wochenende sogar der Kragen geplatzt, weil er vor allem im von Wolfgang Schäuble geleiteten Finanzministerium Obstruktion gegen die PKW-Maut ausmacht. Der "Spiegel" hatte eine Studie zitiert aus dem Ministerium, wonach die Maut mehr Geld kostet als einbringt. Zitat von Horst Seehofer: "Das erhärtet meine Vermutung, dass der Finanzminister ja alles tun möchte, um die Maut zu verhindern."
    Markus Ferber ist Europaabgeordneter der CSU, war 15 Jahre lang Chef der Gruppe der CSU-Abgeordneten. Guten Morgen, Herr Ferber, nach Brüssel.
    Markus Ferber: Einen schönen guten Morgen, Herr Meurer.
    "Wir sind als CSU insgesamt sehr, sehr enttäuscht"
    Meurer: Glauben Sie eigentlich auch, dass Wolfgang Schäuble Sand ins PKW-Mautgetriebe streut?
    Ferber: Ich denke, die Indizien sind eindeutig. Was hier gemacht wird, ist ja nicht, mit dem zuständigen Minister eine Lösung zu erarbeiten, sondern eher ein vorgeschlagenes Konzept zu unterminieren, und das sollte in einer Koalition und in einer Bundesregierung und zwischen Schwesterparteien nicht der Weg sein, wie man zusammenarbeitet. Wir sind als CSU insgesamt sehr, sehr enttäuscht, um es mal sehr vorsichtig zu formulieren.
    Meurer: Warum macht Schäuble das?
    Ferber: Das müssen Sie aber dann bitte den Herrn Schäuble fragen. Für uns gilt der Koalitionsvertrag. Wir haben an vielen Stellen ja schon Koalitionstreue bewiesen. Dass ein Vorschlag aus einem Ministerium im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch mal überarbeitet wird, ist ein normaler Vorgang. Das hatten wir beim Mindestlohn zum Beispiel auch, wo es um die Frage der Erntehelfer oder der Praktikanten, also Studenten, die ein Praktikum machen, ging, und trotzdem hat man am Ende sich auf eine Lösung verständigt.
    Jetzt gibt es ein Eckpunktepapier des Bundesverkehrsministers und das wird schon zerredet. Es ist ja noch nicht mal der Gesetzesvorschlag. Da bin ich schon ein bisschen enttäuscht, weil so kann man eigentlich nicht zusammenarbeiten.
    "Herr Schäuble soll sich an den Koalitionsvertrag halten"
    Meurer: Mal eine These, Herr Ferber. Wolfgang Schäuble gilt als überzeugter Europäer wie wenige andere. Er ist Karlspreis-Träger. Verstößt die Pkw-Maut vielleicht gegen den europäischen Gedanken?
    Ferber: Es ist im Koalitionsvertrag klar geregelt, dass der Vorschlag EU-rechtskonform sein muss. Alles andere wäre ja auch inakzeptabel. Es ist die Aufgabe des Bundesverkehrsministers, einen EU-rechtskonformen Vorschlag zu unterbreiten. Wer da eine andere Rechtsauffassung hat, der soll die dann einbringen. Aber Herr Schäuble hat ja nie über das EU-Recht argumentiert, sondern er argumentiert ja nur über die Finanzen. Ich habe den Eindruck, dass Herr Schäuble eine andere Finanzierung der Infrastruktur erreichen will, die den deutschen Steuerzahler erheblich belasten würde, und das steht auch im Koalitionsvertrag drin, dass für den Deutschen keine Mehrbelastung entstehen darf. Also ich kann nur empfehlen, dass Herr Schäuble sich an den Koalitionsvertrag hält.
    Meurer: Sie wissen aber auch, Herr Ferber, Wolfgang Schäuble steht ja in der CDU nicht alleine. Da hat es ja viele kritische Stimmen an der PKW-Maut gegeben. Warum stellt sich die CDU so hartleibig gegen diese PKW-Maut?
    Ferber: Auch das dürfen Sie mich nicht fragen. Ich bin ja aus der Schwesterpartei, ich bin aus der CSU.
    Meurer: Aber Sie reden doch mit den Kollegen!
    Ferber: Ja klar, Herr Meurer. Ich verstehe ja auch, wenn meine Kollegen aus Nordrhein-Westfalen mir erzählen, schau, in Belgien zahlt man keine Maut, in Luxemburg zahlt man keine Maut, in den Niederlanden zahlt man keine Maut, die würden das dann auch einführen, und wir haben so viel in den Grenzregionen gemacht. Auf der anderen Seite: Nutzerfinanzierte Infrastruktur ist das Modell des 21. Jahrhunderts. Der Deutsche hat das Bestehende Straßennetz über seine Steuern schon längst bezahlt. Andere benutzen es, ohne etwas bezahlt zu haben, und darum ist es recht und billig, das so zu machen. Ich kann mir diesen Zwei-Stufen-Plan, den Wolfgang Schäuble vorgestellt hat, dass man in der nächsten Legislaturperiode, weil es eben jetzt nicht verabredet ist, eine eigene Finanzierungsgesellschaft aufbaut, die dauerhaft die Infrastruktur unterhält und betreibt, auch vorstellen. Das sage ich ganz offen. Aber momentan geht es jetzt mal darum, eine Finanzierung einzuführen, die all PKW-Nutzer beteiligt. Der Deutsche hat über die Steuern das gesamte Straßennetz schon mal gebaut und die anderen fahren nur darauf, und deswegen ist es recht und billig, dass sie sich auch einen Beitrag leisten.
    Meurer: In Brüssel, wo Sie im Moment sind, Herr Ferber, wenn Sie mit anderen Europaabgeordneten zusammenkommen, was sagen die zu Ihrer Idee?
    Ferber: Das ist sehr unterschiedlich. Wir haben ja eine Vielzahl von Ländern, die Straßenbenutzungsgebühren haben. Die haben Verständnis für uns. Zum Teil sind ja da ähnliche Modelle entwickelt worden. Und dort, wo keine sind, ist kein Verständnis da. Also es ist sehr aus der subjektiven Sicht. Auf der anderen Seite ist Deutschland das Transitland Nummer eins. Das heißt, wir haben die größten Belastungen aus der europäischen Integration, was die Nutzung unserer Infrastruktur betrifft, und deswegen gehört es sich, dass alle Nutzer sich an der Finanzierung beteiligen. Da bin ich felsenfest und das habe ich auch dem Verkehrskommissar mehr als einmal gesagt.
    "CSU will leistungsfähige Infrastruktur"
    Meurer: Wir hören aber jeden Tag von tausend neuen Problemen, juristischer Art, technischer Art. Will die CSU hier mit dem Kopf durch die Wand, weil das eben im Wahlkampf erfolgreich war letztes Jahr?
    Ferber: Nein, die CSU will nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern die CSU will, dass wir auch in Deutschland im 21. Jahrhundert eine leistungsfähige Infrastruktur haben, und die kann nur aus dem Steueraufkommen nicht finanziert werden. Da sind sich auch alle einig. Das stellt auch Herr Schäuble nicht in Abrede. Und dann ist die Frage, wie macht man das. Ich sage auch ganz offen, man kann da über viele Details noch reden. Aber die, die momentan sich zu Wort melden, die stellen die Maut per se infrage, und das ist mit uns nicht zu machen, weil das heißt, wir werden weiterhin unsere Straßen auf Verschleiß fahren, und das ist keine Option für Deutschland.
    Meurer: Haben Sie so eine verhärtete Situation zwischen CSU und CDU schon mal erlebt?
    Ferber: Oh ja, natürlich! Da können Sie ja die ganzen Geschichtsbücher durchwälzen.
    Meurer: Da muss man weit zurückgehen, bis Franz-Josef Strauß.
    Ferber: Ja, aber das hat es immer wieder mal gegeben. Ich verlasse mich da auf die Bundeskanzlerin, die sich ja klar auf die Seite des Koalitionsvertrages gestellt hat.
    Meurer: Aber ein Machtwort spricht sie nicht.
    Ferber: Es geht ja jetzt nicht darum, ein Machtwort zu sprechen. Es geht jetzt darum, dass das Konzept in einen Gesetzesvorschlag weiterentwickelt wird. Dieser Gesetzesvorschlag geht dann in die Ministeriumsabstimmung, dann ins Kabinett und in den Bundestag. Das ist der ganz normale Vorgang. Alle haben Herrn Dobrindt gedrängt, einen Vorschlag zu unterbreiten. Er hat das vor der Sommerpause gemacht mit seinen Eckpunkten und das wird jetzt weiter ausgearbeitet, um die Vorgaben des Koalitionsvertrages zu erfüllen, und da ist es eigentlich Aufgabe all derer, die in Berlin Verantwortung haben, mitzuwirken, dass das ein Erfolg wird.
    Ferber: Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber verteidigt die PKW-Maut und kritisiert Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Herr Ferber, danke nach Brüssel, auf Wiederhören!
    Ferber: Gerne, Herr Meurer.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.