Archiv

Pläne gegen Massentierhaltung
"Viel Populismus und auch ein bisschen Polemik"

Bernhard Krüsken vom Deutschen Bauernverband hat im Deutschlandfunk das angekündigte Vorgehen von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks gegen Massentierhaltung als Populismus im Wahlkampf kritisiert. Eine Verschärfung der Bauvorschriften für Tierställe könne sogar das Ende der bäuerlichen Tierhaltung bedeuten, sagte Krüsken.

Bernhard Krüsken im Gespräch mit Georg Ehring |
    Eine Zuchtsau steht am in einem Schweinemastbetrieb vor ihrer Box.
    Tierhaltung in Deutschland habe "die schärfsten Restriktionen", sagte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands im DLF. (picture alliance / dpa / Axel Heimken)
    Georg Ehring: Rund 27.000 Einwohner hat Mechernich in der Eifel und möglicherweise werden dort bald mehr Puten als Menschen leben. Ein Landwirt plant eine große Puten-Mastanlage, von bis zu 30.000 Tieren ist die Rede, sehr zum Ärger vieler Anwohner. Juristisch ist dagegen bisher wenig zu machen. Landwirtschaftliche Bauten im Außenbereich sind zulässig und privilegiert.
    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks will diese Vorschrift kippen und wie bei Industriebetrieben den Bau von einem Bebauungsplan abhängig machen. Das kündigte sie gestern bei einem Besuch in Mechernich an.
    Telefonisch verbunden bin ich jetzt mit Bernhard Krüsken, dem Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes. Guten Tag, Herr Krüsken!
    Bernhard Krüsken: Guten Tag, Herr Ehring.
    Ehring: Herr Krüsken, ist das für Sie noch ein Bauernhof, wenn da 30.000 Tiere auf engem Raum leben?
    Krüsken: Das ist eine pauschale Frage, auf die man keine pauschale Antwort geben kann. Es kommt natürlich darauf an, welche Flächenausstattung hat der Betrieb, wie ist die Tierhaltung in der Region strukturiert, passt sie dort hin, und die Region ist nach meiner Kenntnis eine sehr, wie soll ich sagen, Schweine- und geflügelarme Region. Und wenn der Betrieb die erforderlichen Flächen nachweisen kann und seine Nährstoffbilanz in Ordnung ist und er die Umweltverträglichkeitsprüfung absolviert, warum soll er nicht bauen.
    Positionierung des Umweltministeriums sei populistisch
    Ehring: Solche großen Ställe sind ja so ähnlich vom Anblick her zumindest wie Industriebetriebe. Muss man die dann nicht auch wie einen Industriebetrieb behandeln, oder wofür brauchen sie das Privileg der Landwirtschaft in dieser Frage?
    Krüsken: Nein, man kann sie auf keinen Fall wie Industriebetriebe behandeln. Man muss hier auch einiges richtigstellen. Man merkt ja, dass der Wahlkampf aufzieht und die Positionierung des Umweltministeriums und dieser anstehende Gesetzesvorschlag beinhalten viel Populismus und auch ein bisschen Polemik.
    Man muss mal festhalten, dass Tierhaltung in Deutschland zu fast 99 Prozent in den Händen von Familienbetrieben sich befindet, die überwiegend kleinere und mittlere Betriebe sind und die im Außenbereich in diesem Raum arbeiten. Wenn man die jetzt in einen Bebauungsplan hineinnimmt und die vielleicht ins Gewerbegebiet verbannen will, dann ist das das Ende der bäuerlichen Tierhaltung. Das muss man ganz klar sagen.
    Ehring: Es ist für Sie auch bäuerliche Tierhaltung, wenn da 30.000 Tiere auf relativ engem Raum leben?
    Krüsken: Es kommt darauf an, wie der Stall gebaut ist. Es kommt darauf an, wie der Betrieb strukturiert ist. Es kommt darauf an, ob er inhabergeführt ist oder nicht. Und es kommt auf die Struktur in der Region an. Es gibt darauf keine pauschale Antwort. Wir halten wenig davon, mit solchen Kampfbegriffen wie "industrielle Tierhaltung" und "Massentierhaltung" umzugehen.
    "Die Rechtslücke, die Frau Hendricks hier postuliert, gibt es nicht"
    Schauen Sie, es wird so getan, als würde sich der Bau von Stallanlagen derzeit im rechtsfreien Raum bewegen. Aber das ist definitiv nicht so. Im Kreis derjenigen Wirtschaftskreise - und das sind ganz schön viele -, die im Außenbereich bauen dürfen, hat die Tierhaltung die schärfsten Restriktionen. Wir brauchen natürlich eine Genehmigung.
    Es gibt ganz klare bau- und umweltrechtliche Vorgaben, wie solche Vorhaben zu beurteilen sind. Es ist immer eine Genehmigung erforderlich und bei größeren Betrieben ist auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine emissionsschutzrechtliche Prüfung erforderlich, und insofern besteht die Rechtslücke, die Frau Hendricks hier postuliert, nicht.
    Ehring: Aber die Umweltverträglichkeitsprüfung, die wird doch häufig umgangen dadurch, dass man sagt, das ist nicht ein großer Stall, sondern eine ganze Reihe kleinerer Ställe, die dann gerade noch so darunter fallen.
    Krüsken: Es ist eigentlich genau umgekehrt. Im Baurecht besteht die Möglichkeit, die Teilanlagen einzeln zu betrachten, aber in der Umweltverträglichkeitsprüfung und in der emissionsschutzrechtlichen Prüfung ist das eben nicht mehr möglich, weil da auch Anlagen in der Nachbarschaft mit berücksichtigt werden müssen. Deshalb der Hinweis auf den Wahlkampf.
    "Der Neubau von Stallanlagen ist dramatisch eingebrochen"
    Aber vielleicht noch mal ein Blick auf das große Ganze, auf das Bild, was wir im Moment haben. 2014 hat es ja eine Verschärfung des Baurechtes gegeben und seitdem ist in der ganzen Republik, aber vor allen Dingen auch im Nordwesten Deutschlands der Neubau von Stallanlagen dramatisch eingebrochen. Es gibt keinen Betrieb, wenn er denn ein Investitionsvorhaben realisieren will, der sich nicht einer mehrjährigen Genehmigungsprozedur aussetzen muss, die nicht selten auch dann gerichtlich ausgetragen wird, und das sind alles Folgen der derzeitigen baurechtlichen Situation.
    Und das ist natürlich dann klar, dass kleine und mittlere Betriebe nicht den Atem und nicht die Kraft haben, so ein mehrjähriges Genehmigungsverfahren zu stemmen. Sie geben dann einfach entnervt auf und das ist das, was wir im Moment sehen. Wir haben einen dramatischen Einbruch der Neubauten.
    Ehring: Herzlichen Dank! - Bernhard Krüsken war das, der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes. Wir sprachen über die Pläne von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, per Baurecht den Trend zu immer größeren Stallbauten zu bremsen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.