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Plagiatsermittlungen gegen Schavan
"Es gab massive Versuche, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen"

Laut dem Abschlussbericht der Universität Düsseldorf zum Plagiatsverfahren gegen Annette Schavan haben Größen aus Politik und Wissenschaft versucht, die Ermittlungen zugunsten der Ex-Bundesbildungsministerin zu beeinflussen. "Der Druck auf die Uni Düsseldorf war wohl sehr, sehr groß", sagte der Journalist Stefan Lauscher.

Stefan Lauscher im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel |
    Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan.
    Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan. (Martin Schutt dpa/lth)
    Ulrike Burgwinkel: Person und Gewissen, so der Titel der Dissertation von Annette Schavan, 1980 bei der Philosophischen Fakultät der Uni Düsseldorf eingereicht, anerkannt als wissenschaftliche Arbeit. Sie wurde promoviert. 2013, im Februar, wurde der damaligen Bundesbildungsministerin der Doktortitel aberkannt, weil der Judaist Stefan Rohrbacher als Gutachter eine "leitende Täuschungsabsicht" erkannte. Annette Schavan trat zurück. So weit in aller Kürze die Causa Schavan. Jetzt hat die Uni Düsseldorf einen Abschlussbericht zum Verfahren veröffentlicht. Eine Rechtfertigung oder Abrechnung? Frage an den Kollegen in Düsseldorf, Stefan Lauscher – was steht denn genau drin in diesem Bericht?
    Stefan Lauscher: Da steht zum einen noch mal in aller Deutlichkeit drin, wir reden bei der Doktorarbeit von Annette Schavan nicht über irgendwelche irrtümlich vergessene Anführungszeichen oder harmlose Zitierfehler, so ist das mitunter ja dargestellt worden, sondern wir reden über eindeutige Täuschungsversuche. Zitat aus dem Abschlussbericht: "Wer Augen hat zu lesen, wer die Funktion deutscher Anführungszeichen kennt, der muss zu dem Schluss kommen, dass ein Plagiat vorliegt." Also ganz klar, sie hat abgeschrieben. Und das Zweite, was dieser Bericht eben auch deutlich macht, es gab vielfache, es gab massive Versuche, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen, immer mit dem Ziel, dass Annette Schavan da noch irgendwie gut raus kommt aus der Nummer.
    "Sicher nicht zufällig von Leuten, die auf Staatsknete angewiesen sind"
    Burgwinkel: Ja, und wer hat das denn versucht, Einfluss zu nehmen, und wie konkret war das Ganze?
    Lauscher: Es war sehr konkret. Es waren Versuche aus der Politik, namentlich genannt in dem Bericht Hermann Gröhe, Volker Kauder, die das Verfahren ja mehrfach öffentlich in Zweifel gezogen haben. Vor allem aber, interessanterweise, finde ich, waren das Vorstöße aus dem Wissenschaftsbetrieb, also sicher nicht zufällig von Leuten, die auf Staatsknete angewiesen sind, sprich, die von dem Geld des Wissenschaftsministeriums – und Schavan war damals ja noch Wissenschaftsministerin – abhängig sind, zum Beispiel vom Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft, Gruss, vom Chef der Hochschulrektorenkonferenz, Hippler, vom Vorsitzenden des Wissenschaftsrates, Marquardt.
    Also, Sie hören, da werden in wirklich bemerkenswerter Klarheit auch Ross und Reiter genannt, die alle, ob nun gebeten oder nicht gebeten, immer wieder versucht haben, entweder die Plagiatsvorwürfe zu verharmlosen, oder die versucht haben, diejenigen, die das untersucht haben an der Uni Düsseldorf, in ihren Entscheidungen zu verunsichern. In dem Abschlussbericht wird an vielen Stellen gesprochen von einer "Kampagne", von "ungehörigen und sachfremden Interventionen" und davon, wie bedrängt sich Gutachter und Fakultätsrat da gefühlt haben.
    Schavan "wohl nicht persönlich vorstellig geworden bei der Hochschulleitung"
    Burgwinkel: Also eindeutig eine Abrechnung. Hat denn Frau Schavan irgendwas noch dazu beigetragen?
    Lauscher: Auch von Annette Schavan kamen solche Einflussversuche. Sie hat ja immer wieder darauf gedrungen, einen zweiten externen Gutachter hinzuzuziehen, obwohl das bei einem solchen Verfahren überhaupt nicht vorgesehen ist. Sie hat zum Beispiel in einer E-Mail vom 15. Oktober 2012 auch gleich angeboten, einen solchen zweiten Gutachter zu benennen - ja, super. Sie ist wohl nicht persönlich vorstellig geworden bei der Hochschulleitung oder so was, jedenfalls steht davon nichts in diesem Abschlussbericht drin, aber der Druck auf die Uni Düsseldorf, der war wohl sehr, sehr groß in diesen anderthalb Jahren, die das gedauert hat.
    Burgwinkel: Und die Aberkennung, das habe ich vorhin ja schon gesagt, das war im Februar. Und das Urteil des Verwaltungsgerichts dazu war vom März. Und warum jetzt noch mal dieser Abschlussbericht? Haben Sie da eine Erklärung für, außer eben, dass es eine Abrechnung ist oder auch eine Ehrenrettung der Uni?
    Lauscher: Na ja, die Uni Düsseldorf war damals ja schon sehr massiven Anfeindungen ausgesetzt. Sie wolle nur das Ansehen der Ministerin beschädigen, betreibe ein Verfahren mit Schaum vorm Mund, und vieles dergleichen mehr, wir erinnern uns. Also ich verstehe schon, dass die Beteiligten da ein gewisses Bedürfnis gehabt haben, sich selbst da auch noch mal zu vergewissern - haben wir eigentlich alles richtig gemacht? Und die Antwort lautet: Ja, sie haben alles richtig gemacht. Sie haben es sauber und nach den dafür vorgesehenen Regularien aufgearbeitet, sie haben sich nicht schwindelig reden lassen von Leuten aus der Wissenschaft und aus der Politik. Und letztlich, gerade ja auch mit diesem Bericht, kritisieren sie massiv etliche Granden der deutschen Wissenschaftslandschaft. Also da gehört schon was zu, alle Achtung! Und zu dieser selbstbewussten Sichtweise dieses Berichtes passt übrigens auch, dass die Hochschule - es ist gerade ein paar Tage erst her - dem damaligen Gutachter, Sie haben ihn genannt, Professor Rohrbacher und auch dem Dekan der Philosophischen Fakultät, Professor Bleckmann, die Universitätsmedaille verliehen haben für herausragende Zivilcourage.
    Burgwinkel: Vielen Dank. Stefan Lauscher mit Details aus dem Abschlussbericht der Uni Düsseldorf zur Aberkennung des Doktortitels von Annette Schavan.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.