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Planet im Zeichen des Menschen

Geologie. - Klimawandel, Städtebau, Biodiversitätskrise - dass die Menschheit den Planeten Erde verändert, steht inzwischen außer Zweifel. Nur – greift der Mensch inzwischen so stark ein, dass er zu einem wesentlichen Faktor im Geschehen auf der Erde geworden ist? So sehen es nämlich die Geologen in der Stratigraphie-Kommission der Britischen Geologischen Gesellschaft, und sie fordern deshalb die "Einrichtung" eines neuen Zeitalters: des Anthropozäns.

Von Dagmar Röhrlich |
    Nehmen wir an, es gibt in drei Millionen Jahren noch Geologen. Und auch die benutzen noch stratigraphische Tabellen, um die viereinhalb Milliarden Jahre Erdgeschichte zu gliedern. Falls die Forderung der stratigraphischen Kommission der Geologischen Gesellschaft Großbritanniens aufgenommen wird, dann folgt in dieser Tabelle auf eine Warmzeit namens Holozän das Anthropozän, das Zeitalter des Menschen:

    "”Den Begriff Anthropozän hat der Nobelpreisträger Paul Crutzen 2002 erstmals aufgebracht. Dieser Begriff soll ausdrücken, dass die Menschheit inzwischen mit ihrem Handeln die Erde steuert. Wir haben daraufhin die geologische Sachlage untersucht und finden, dass der neue Begriff gerechtfertigt ist, wenn man sich all die Indizien für Wandel in der gegenwärtigen Geologie ansieht.""

    Jan Zalasiewicz von der University of Leicester. Eine neue erdgeschichtliche Epoche soll ausgerufen werden. Epochen sind Zeiträume, die sich durch die in den Gesteinen überlieferten Bedingungen klar von anderen Zeiträumen abgrenzen lassen. Beim Karbon etwa sind das die Kohleflöze. Entsprechend müssten sich die Gesteine im Anthropozän durch den Einfluss der Menschen definieren lassen. Zalasiewicz:

    "”Bei den geologischen Veränderungen, die wir verursachen, geht es unter anderem darum, dass wir durch Bergbau, Landwirtschaft, Rohstoffgewinnung und Bautätigkeit inzwischen zum wichtigsten Faktor geworden sind, wenn es darum geht, Gestein und Erdreich bewegen. Wir sind wohl um eine Größenordnung einflussreicher als andere Faktoren wie Erosion. Es geht um wirklich große Veränderungen.""
    Auch die Eingriffe des Menschen in die Biosphäre rechtfertigen nach Ansicht der britischen Geologen die neue Epoche. Zalasiewicz:

    "Wir verändern viele Lebensräume. Die Rate des Artensterbens ist durch uns in den Weltmeeren wie an Land so hoch geschossen, dass wir wohl ein Massenaussterben ausgelöst haben. Mit der intensiven Landwirtschaft verändern wir die Böden, durch den Ausstoß von Klimagasen wie Kohlendioxid die Atmosphäre und auch die Chemie der Meere, die zunehmend sauer werden. Und diese Effekte werden sich als deutliches Signale in den Steinen ablesen lassen, die gerade entstehen."

    Das alles wird sich in den Gesteinen ablesen lassen, wenn die frischen Sedimente von heute versteinert sein werden. Dann haben wir den Geologen der Zukunft viele chemische und physikalische Spuren für ihre Arbeit hinterlassen. Wir schaffen sogar ganz neue Gesteinstypen und Spurenfossilien. Zalasiewicz:

    "Da gibt es viele Dinge, aber in erster Linie sind es Ziegel und Beton. Sie werden ein sehr aussagekräftiger neuer Gesteinstypus werden."
    Selbst den Anstieg des Meeresspiegels durch die menschengemachte Erderwärmung werden die Geologen einfach nachvollziehen können – schließlich verrät sich dann ein ehemaliger Strand durch die Reste von Kronkorken im Sandstein. Die britischen Geologen sind sich noch nicht einige, wann genau die neue Epoche angefangen hat. Man könnte die oberirdischen Atomtests nehmen, deren Signal so charakteristisch ist wie die berühmte Iridiumlage am Ende der Kreidezeit. Oder:

    "”Die Veränderungen von Jahr zu Jahr waren fließend, aber im Jahr 1800 lebte eine Milliarde Menschen auf dem Planeten, und sie setzen von da an zunehmend mehr Kohle und später Öl und Gas ein. Für mich markiert das Jahr 1800 den Übergang von einer Welt, in der auch Menschen leben - in eine, in der das Handeln des Menschen wirklich globale Folgen hat.""
    Nobelpreisträger Paul Crutzen freut sich, dass seine Anregung aufgenommen wird, denn man könne sich die Zukunft der Erde gar nicht mehr ohne den beherrschenden Einfluss des Menschen vorstellen. Ob wir bald wirklich offiziell im Anthropozän leben, das haben die Geologen der Internationalen Stratigraphischen Kommission zu entscheiden. Der Vorschlag liegt jedenfalls auf dem Tisch. Die Entscheidung gibt es in drei bis fünf Jahren.