Der Mars ist ein Planet der Widersprüche. Die Landschaft auf seiner Oberfläche erzählt von einer nassen Vergangenheit, mit gewaltigen Flusstälern und den Betten von Seen, in der es aber heute kaum noch Wasser gibt. Die Flussbetten sind leer, die Seen ausgetrocknet und der Mars eine planetare Wüste.
Nur in den Polkappen und in angrenzenden Gebieten mit Permafrost stecken noch kleine Mengen Wassereis. Bislang gingen Forschende davon aus, der Mars habe sein Wasser über die Atmosphäre verloren. Dieser Effekt konnte mittlerweile auch gemessen werden. Aber die Zahl der ins All entweichenden Moleküle kann nicht ansatzweise erklären, warum der Mars derart stark austrocknete.
"Diese Zahl ist viel zu klein, um zu erklären, warum der Mars sein ganzes Wasser ins All verloren haben sollte. Wenn man ausrechnet, wie viele Atome pro Sekunde verloren gingen, dann sind das eine bis drei Größenordnungen zu wenig."
"Diese Zahl ist viel zu klein, um zu erklären, warum der Mars sein ganzes Wasser ins All verloren haben sollte. Wenn man ausrechnet, wie viele Atome pro Sekunde verloren gingen, dann sind das eine bis drei Größenordnungen zu wenig."
Wo ist das Wasser auf dem Mars geblieben?
Eva Scheller vom California Insitute of Technology hat nun mit ihrem Team ein Modell entwickelt, das den Wasserhaushalt der gesamten geologischen Geschichte des Mars simuliert. Dabei haben die Forschenden einen bisher vernachlässigten Faktor berücksichtigt: Über die letzten Jahrzehnte haben immer mehr Sonden aus dem Orbit Hinweise darauf gefunden, dass es auf dem Mars Tonsteine gibt. Und das sind wasserhaltige Gesteine.
"Rover haben diese Gesteine nun aber auch vor Ort in Augenschein genommen. Sie haben diese wasserhaltigen Minerale gefunden, die sich über eine sehr lange Zeit auf dem frühen Mars gebildet haben."
"Rover haben diese Gesteine nun aber auch vor Ort in Augenschein genommen. Sie haben diese wasserhaltigen Minerale gefunden, die sich über eine sehr lange Zeit auf dem frühen Mars gebildet haben."
Die Tonsteine bedecken Ebenen, finden sich aber genauso an tief liegenden Hängen der Schlucht Valles Marineris, dem größten Canyon des Planeten. Daraus schließen die Forschenden, dass die Tonsteine die Marskruste geradezu durchziehen müssen. Woher diese Tone stammen, haben die Forscher simuliert: bis vor vier Milliarden Jahren dürften zunächst Vulkane die Marsoberfläche mit Basaltgestein bedeckt haben.
Chemische Verwitterung ließ Wasser verschwinden
Die Vulkane spien auch Wasserdampf, der bald Wolken bildete und abregnete. Das Wasser wiederum floss über das junge Vulkangestein, das sich dabei in seine chemischen Bestandteile zersetzte, die mit dem Wasser reagierten, um dann als Ton wieder abgelagert zu werden. Ein Großteil des Wassers wurde also chemisch in festes Tongestein gebunden.
"Wir können mit unserem Modell deutlich größere Wassermengen auf dem Mars erklären als frühere Berechnungen, die nur den atmosphärischen Verlust berücksichtigt haben. Und diese Spannbreite passt besser zu den geologischen Erkenntnissen."
"Wir können mit unserem Modell deutlich größere Wassermengen auf dem Mars erklären als frühere Berechnungen, die nur den atmosphärischen Verlust berücksichtigt haben. Und diese Spannbreite passt besser zu den geologischen Erkenntnissen."
Für Eva Scheller ist das Modell ein Anfang, um eine große Frage der Planetenforschung zu klären: Warum Erde und Mars beinahe als Zwillinge starteten, mit Vulkanen und Ozeanen, und sich heute so grundlegend unterscheiden. Zwar verwittern auch auf der Erde ständig Gesteine im Kontakt mit Wasser und bilden dabei Tonminerale, die der Erdoberfläche das Wasser entziehen. Doch die Plattentektonik auf der Erde führt dieses Wasser nach einigen Jahrmillionen über Vulkane zurück an die Oberfläche. Der Mars besaß dagegen nie eine Plattentektonik. Die meisten seiner Vulkane erloschen – und sein Wasser blieb im Gestein für immer verloren.