Nichts wäre Exobiologen peinlicher als die Schlagzeile "Leben auf dem Mars" entdeckt, ergänzt um die Unterzeile: "Aber es stammt von der Erde." Deswegen setzen Planetenschutzbeauftrage wie Gerhard Kminek vom Europäischen Weltraumforschungszentrum ESTEC im holländischen Noordwijk alles daran, kein irdisches Leben auf andere Himmelskörper zu verfrachten.
"Es gibt da zwei Alternativen. Entweder muss man sicher sein, dass die Sonde nicht auf dem Planeten aufschlägt. Oder man muss sicherstellen, dass die biologische Kontamination unter einem gewissen Grenzwert ist. Beide Möglichkeiten wenden wir auch an im Rahmen des ExoMars-Programms."
Das ExoMars-Programm ist eine europäisch-russische Kooperation. Ihr erster Teil soll Mitte Oktober sein Ziel erreichen: der Trace Gas Orbiter, das den Mars umrunden wird, und der Lander Schiaparelli, der auf der Oberfläche aufsetzen soll.
"Die Richtlinie, die wir haben, ist, dass der Orbit stabil sein muss mindestens für einen Zeitraum 50 Jahre nach dem Start. Das ist jetzt der Ansatz, den wir für unseren Trace Gas Orbiter verwenden, den wir dieses Jahr gestartet haben."
Anzahl mitreisender Mikroben ist begrenzt
Für den Mars-Lander Schiaparelli lagen die Anforderungen höher. Das Komitee für Weltraumforschung COSPAR hat international gültige Regeln aufgestellt, wonach die Zahl mitreisender Mikroben von der Erde auf weniger als eine halbe Millionen zu begrenzen ist. Deswegen ist Schiaparelli vor dem Start mehrmals mit verschiedenen Lösungsmitteln gereinigt worden, unter anderem mit 80-prozentigem Alkohol.
Von der Konstruktion bis zum Start war die Sonde ständig in Reinräumen untergebracht. Das gleiche Prozedere wird die ESA für den zweiten Teil der ExoMars-Mission 2020 wiederholen. Die US-Raumfahrtbehörde NASA hat noch größere Sorgen. Denn von ihr umkreisen derzeit gleich drei Sonden den Mars, zwei weitere fahren auf ihm rum. Auch die Amerikaner hielten sich an die international gültigen Vorgaben von maximal einer halben Millionen Sporen, erklärt John Rummel, Planetenschutzbeauftragter beim SETI-Institut in New York:
"Eine halbe Millionen Sporen ist sehr wenig. Das sind weniger Bakterien, als Sie in einer Flasche Wasser finden. Wenn die Anzahl irdischer Mikroben auf einer Raumsonde darunter liegt, ist es in Ordnung, sie am Ende ihrer Lebenszeit auf den Mars stürzen zu lassen. Wir glauben nämlich nicht, dass es auf der Oberfläche oder direkt darunter Gegenden gibt, an denen es warm und feucht genug wäre, um irdisches Leben gedeihen zu lassen."
Mars ist nicht der einzige Himmelskörper im Sonnensystem, der in absehbarer Zeit mit Besuch von der Erde rechnen muss. Und damit auch mit blinden Passagieren in Form irdischer Bakterien. Sowohl NASA wie ESA planen derzeit Missionen zum Jupiter-Mond Europa.
Sonde zum Jupiter muss möglichst steril sein
"Die Anforderungen für Sonden zum Mars sind andere als für Flüge zu den Eismonden. Bei Europa müssen wir erreichen, dass die Wahrscheinlichkeit, den flüssigen Wasserozean unter seiner Eisschicht zu verseuchen, bei weniger als eins zu zehntausend liegt."
Melissa Jones ist die Chefin der Abteilung Planetenschutz beim Jet Propulsion Laboratory. Für Europa plant die NASA derzeit eine Mission, die am dem Mond vorbeifliegen und einen Lander auf seinem Eispanzer absetzen soll. Damit diese Sonde möglichst steril wird, soll sie, außer der obligatorischen Behandlung mit Hitze und Alkohol vor dem Start, noch während des Anfluges bestrahlt werden.
"Wir wollen die hochenergetische Strahlung rund um Jupiter dazu nutzen, mögliche Bakterien loszuwerden. Während des Anflugs und später während der Umkreisungen Europas soll die Radio- und Teilchenstrahlung Jupiters die letzten ungebetenen Mitreisenden an Bord der Sonde abtöten."
Somit stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Schlagzeile "Leben auf Mars oder Europa entdeckt" sich wirklich auf anderes Leben beziehen wird als das, was irdische Sonden eingeschleppt haben.