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Plastikmüll in den Weltmeeren
"Moment mal, das könnte was mit Klimawandel zu tun haben"

Die Weltmeere seien überfüllt von Plastikmüll - und lieferten schockierende Bilder. Doch es gehe um zwei Ecken, bis man kapiere, dass das mit dem Klimawandel zu tun habe, sagte die Ozeanbiologin Sandra Schöttner von Greenpeace im Dlf. Die eigentliche Lösung liege im drastischen Reduzieren von Plastik - aufseiten der Verbraucher und der Industrie.

Sandra Schöttner im Gespräch mit Peter Kapern |
    In der Region Leningrad wird Müll von Umweltschützern zum Zweck des Recylclings gesammelt. Die Müllberge haben schon eine Höhe von bis zu 72 Metern erreicht. Beschwerden über Geruchsbelästigung und Wasserverschmutzung erreichten die örtlichen Behörden in Gatschina.
    An den Stränden sieht man deutlich, dass das Meer längst zur größten Müllkippe der Welt geworden ist. (dpa/TASS/Peter Kovalev)
    Peter Kapern: Bei uns am Telefon ist Sandra Schöttner von der Umweltschutz-Organisation Greenpeace. Guten Tag, Frau Schöttner.
    Sandra Schöttner: Ich grüße Sie, Herr Kapern.
    Kapern: Frau Schöttner, in der Ostsee gibt es die Überdüngung, vor Australien das Korallensterben, vor der afrikanischen Küste die Überfischung und überall in den Ozeanen den Plastikmüll. Man verliert bei so vielen Hiobsbotschaften ein wenig die Übersicht. Welches ist denn nun das größte Problem unserer Meere?
    Schöttner: Das kann ich und darf ich gar nicht so beantworten, denn es sind tatsächlich alle diese Probleme, die unseren Meeren große Schwierigkeiten bereiten. Wir verschmutzen, wir zerstören und wir plündern unsere Ozeane und letztendlich findet das weltweit statt. Die Überfischung ist auch weltweit ein Problem, genau wie der Plastikmüll.
    Aber zu allererst möchte ich natürlich nennen den Klimawandel. Das ist das, was unmittelbar auch sehr stark zu spüren sein wird, ist schon zu spüren und wird auch in den nächsten Jahren sehr stark zu spüren sein. Aber Plastikmüll, Überfischung und Co. stehen dem in nichts nach.
    "Der Klimawandel ist so gut wie gar nicht sichtbar"
    Kapern: Warum ist eigentlich das Problem des Plastikmülls plötzlich so präsent, weil sich dieses Problem so schön fotografieren lässt?
    Schöttner: Das ist unter anderem ein Grund. Plastikmüll, zumindest ein Teil davon ist sichtbar. Das nehmen Menschen, das nehmen wir alle erst mal als ästhetisches Problem wahr und es schocken dann auch Bilder. Wenn wir sehen, dass sich Meerestiere in dem Plastikmüll verfangen, qualvoll ertrinken oder sich auch sehr schlimm verletzen, oder auch Bilder um die Welt gehen von vermüllten Stränden, das ist schon etwas sehr, sehr Eindrucksvolles. Der Klimawandel hingegen ist so gut wie gar nicht sichtbar. Das geht dann immer erst mal um zwei Ecken noch herum, dass man kapiert, Moment mal, das Korallensterben hier oder die Gletscherschmelze dort, Unwetter und so weiter, das hat alles oder könnte was mit Klimawandel zu tun haben.
    Kapern: Nun haben wir gerade in den letzten Tagen erlebt, was mit dem Klimapakt passiert. Ich deute natürlich an die Kündigung der USA dieses Klimapaktes. Müssen wir da wirklich auf ein ähnliches Abkommen spekulieren, das uns dann auch wieder um die Ohren fliegt?
    Schöttner: Das ist ein sehr hehrer Wunsch vieler, dass es so ein Abkommen gibt, und das würden wir von Greenpeace-Seite auf jeden Fall unterstützen. Klar ist aber auch, das ist ein globales Umweltproblem. Das ist mittlerweile als dieses erkannt. Und es braucht globale Lösungen. Allerdings müssen diese Lösungen ganz stark auch national und regional zugeschnitten sein, denn nicht alle Länder haben praktisch das gleiche Plastikmüll-Problem. Wenn wir jetzt mal Deutschland mit Indonesien vergleichen, da ist das Abfall-Management, die Abfall-Wirtschaft ein Unterschied wie Tag und Nacht. Bei uns gerät jetzt vielleicht nicht so sehr das schlechte Abfall-Management in den Fokus; in Indonesien wiederum ist genau das das Hauptproblem. Es braucht zugeschnittene Lösungen, die auf globaler Ebene international integriert sind und wo alle gemeinsam an einem Strang ziehen – definitiv.
    "Müll gar nicht erst entstehen lassen"
    Kapern: Was halten Sie denn von Plänen, es gibt da ja ganz spektakuläre, den Plastikmüll auf hoher See an schwimmenden Barrieren aufzuhalten und zu sammeln? Ist das die Lösung des Problems?
    Schöttner: Das kann unter Umständen eine Lösung sein. Ich glaube, Sie nehmen Bezug zum Ocean Cleanup Project von Boyan Slat, dem jungen Holländer, der als Genie gefeiert wird für diese Idee. Wir halten das für ein gutes Mittel, um auch vor allem Aufmerksamkeit für das Problem zu erzeugen. Die eigentliche Lösung muss aber woanders liegen, nicht beim Aufräumen, sondern letztendlich schon bei der Vermeidung von Müll von vornherein, dass erst mal die Produktion und auch der Verbrauch vor allem von Plastikmüll drastisch reduziert wird und wir uns da alle, das ist der Verbraucher genauso wie die Politik und vor allem auch die Industrie, an die eigene Nase fassen und Müll gar nicht erst entstehen lassen. Natürlich spielt Abfall-Management und Müll-Management auch eine Rolle, aber da ist das Produkt ja schon zum Müll geworden und letztendlich, wenn es im Meer landet, kann man nur noch die größten Teile rausholen. Das Mikroplastik, all die winzigen mikroskopisch kleinen Teilchen werden immer im Ozean bleiben. Sie sind nicht wieder zu entfernen.
    Kapern: Ich habe es eben gesagt: Zurzeit der Ozeangipfel in New York, kürzlich die Fachminister der G20. Was bringen solche Konferenzen mit Blick auf dieses Problem?
    Schöttner: Solche Konferenzen, zu denen ich auch Gott sei Dank einen Zugang habe und auch letzte Woche in Bremen teilnehmen konnte, bieten auf jeden Fall ein Forum für Austausch an Erfahrungen, an Wissen, aber auch geht es darum, ganz konkrete Maßnahmenkataloge zu erstellen wie zum Beispiel im Rahmen von G20. Vor zwei Jahren hat das schon mal stattgefunden im Rahmen von G7. Es wird natürlich erst mal eine Absichtsbekundung sein. Wie die einzelnen G20-Mitglieder und auch die EU das dann umsetzen, das ist natürlich auf einem anderen Blatt. Aber der Aktionsplan, der da zumindest in Textform schon mal als Entwurf vorlag und bearbeitet wurde, verspricht doch einiges und jetzt bleibt es letztendlich zu hoffen, dass dieser Aktionsplan verabschiedet wird und auch als Grundlage dienen kann für weitere internationale globale Abkommen und Konventionen.
    Kapern: … sagt Sandra Schöttner von der Umweltschutz-Organisation Greenpeace. Vielen Dank für das Gespräch, einen schönen Tag noch.
    Schöttner: Sehr gerne. Alles Gute!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.