Um Mikroplastik zu finden, muss man nicht in den Ozeanen der Welt suchen. Rheinland-Pfalz zum Beispiel hat seine Gewässersysteme analysiert.
"Ja, leider ist rausgekommen, dass tatsächlich im Rhein und seinen Nebenflüssen, Mosel und so weiter, hohe Anteile an Mikroplastik vorhanden sind, und wir nicht sagen können, 'guckt mal woanders hin, da ist es schlimm'. Nein, auch wir haben das Problem."
Konstatiert Ulrike Höfken, grüne Umweltministerin in Mainz.
"Sicher ist weggeworfenes Plastik ein Problem, aber es sind natürlich auch Stoffe, die aus der Produktion von Plastik abgetragen werden, beispielsweise durch den Wind und ähnliches. Wir wissen auch, dass aus den Kläranlagen entsprechende Stoffe kommen. Es gibt eine ganze Reihe von Ursachen. Wir müssen das Problem schon auch an der Wurzel packen."
90 Prozent aller Laufschuhe landen auf dem Müll
Die Produktion und der Verbrauch von Plastik nehmen zu, immer neue Kunststoffe drängen mit immer neuen Versprechungen auf den Markt: noch elastischer, noch leichter - und langlebiger. Ihre Funktionalität: das Ergebnis einer chemisch-technischen Meisterleistung. Ein Punkt wird dabei allerdings kaum berücksichtigt: Was passiert mit diesen Produkten, wenn man sie nicht mehr braucht? Die ultrafähigen Kunststoffe von heute - sie sind der Müll von morgen.
Müheloses Laufen ermöglicht die Sportschuhsohle aus thermoplastischem Polyurethan von BASF - verspricht die Werbung. Der Chemieriese ist stolz auf seine Innovation namens "Infinergy". Die unendliche Energie im Wunder-Schaumstoff für den Wunder-Laufschuh soll Anfängern Flügel verleihen und Profis Marathon-Siege sichern.
"Infinergy", das Polyurethan unterm Laufschuh, ist recyclingfähig, sagt BASF. Doch Schuh-Recycling bedeutet aufwendigste Trennung verschiedenster Materialien. Es steht noch ganz am Anfang. Vermutlich also landet die Hightech-Sohle bald schon auf dem Müllberg - wie über 90 Prozent aller Schuhe. "Fast fashion" heißt der beschleunigte Kauf-Wegwerf-Rhythmus. Kürzere Lebenszyklen auch beim Auto und beim Haus samt Inneneinrichtung.
Ex-Bayer-Tochter Covestro - Weltmarktführer bei Polyurethan
Bei der Herstellung von Auto-Mittelkonsolen und Polstern, Schäumen für Matratzen und Dämmung zählt vor allem, was das Produkt leistet. Die Frage nach der Wiederverwertbarkeit hochwertiger Kunststoffe spielt BASF-Vorstandschef Martin Brudermüller am Rande eines Treffens mit der Landesregierung von Rheinland-Pfalz als rhetorische zurück:
"Viele von diesen Produkten, sind natürlich auch teilweise in Einmal-Verwendungen. Zum Beispiel, wie machen Sie das, wenn Sie einen Bauschaum haben an einem Gebäude - wollen Sie den von der Fassade wieder abkratzen und recyceln? Also, das sind nicht immer ganz so einfache Themen, wie das zum Beispiel bei Verpackungen ist, wo das viel einfacher zu organisieren ist."
BASF und die ehemalige Bayer-Tochter Covestro sind Weltmarktführer bei Polyurethan. Die harten oder weichen Kunststoff-Schäume haben alle Lebensbereiche erobert. Beide Unternehmen haben zuletzt in Deutschland gigantische Toluoldiisocyanat-Anlagen mit Kapazitäten von je 300.000 Jahrestonnen eröffnet.
Diejenige von BASF ist mit einer Milliarde Euro die höchste Einzelinvestition am Stammwerk Ludwigshafen. Das giftige Toluoldiisocyanat, kurz TDI, ist ein Vorprodukt für Polyurethan, welches selbst, wenn die Stoffe ausreagiert haben, ungiftig ist. Der Konzern hat die TDI-Produktion aus dem brandenburgischen Schwarzheide in den Rhein-Neckar-Ballungsraum verlagert und ins Stammwerk integriert. BASF-Vorstandschef Brudermüller:
"Der Verbund und Integration -heißt auch aus ökologischer Sicht die beste Art und Weise, Chemikalien zu transportieren. Sie vermeiden Energieverbrauch, Sie haben Logistikvorteile, Sie haben Infrastrukturvorteile. Das macht natürlich so eine Produktion im Verbund auch ökologischer und damit nachhaltiger, als wenn Sie die an einem einzelnen Standort haben."
TDI - umweltgefährlich und gesundheitsschädlich
Effizient vielleicht, aber ökologisch? Vier verschiedene BASF-Pressesprecher nennen im Lauf von rund sechs Wochen Recherche unterschiedliche Gründe, warum die TDI-Produktion nicht besichtigt werden kann und Detailfragen zum Polyurethan-Recycling nicht beantwortet werden können. Nach der Bitte um eine offizielle Begründung wird ein letztgültiger Grund per Mail nachgereicht. Dieser soll aber vertraulich bleiben.
Warum so schmallippig? Kunststoff und seine Vorprodukte werden im Zuge der weltweiten Plastikmüll-Krise zunehmend kritisch beäugt. Die TDI-Produktion schon länger, weil der flüssige Polyurethan-Ausgangsstoff Toluoldiisocyanat umweltgefährlich und gesundheitsschädlich ist. Die Dämpfe können Asthma verursachen, deshalb muss die Flüssigkeit in geschlossenen Behältern bleiben. Zudem fällt bei der Produktion Phosgen an, das im Ersten Weltkrieg als Kampfstoff genutzt wurde.
"Wobei Phosgen nicht als Substanz zugeführt, sondern im Reaktionsprozess nur kurzzeitig aus den Ausgangsstoffen Kohlenmonoxid und Chlor gebildet wird", teilt BASF schriftlich mit.
Und weiter zur mehrfach gesicherten TDI-Produktion: "Die Umsetzung zu TDI mit Phosgen geschieht in einer gekammerten Anlage, in der alle Verfahrensschritte, die mit Phosgen zu tun haben, untergebracht sind. Es gibt einen hohen Grad an Automatisierung mit Sensoren und Sicherheitsabschaltungen. Das Sicherheitskonzept wird regelmäßig überprüft und Mitarbeiter werden entsprechend geschult. BASF forscht an einer Phosgenfreien Prozessalternative."
Und weiter zur mehrfach gesicherten TDI-Produktion: "Die Umsetzung zu TDI mit Phosgen geschieht in einer gekammerten Anlage, in der alle Verfahrensschritte, die mit Phosgen zu tun haben, untergebracht sind. Es gibt einen hohen Grad an Automatisierung mit Sensoren und Sicherheitsabschaltungen. Das Sicherheitskonzept wird regelmäßig überprüft und Mitarbeiter werden entsprechend geschult. BASF forscht an einer Phosgenfreien Prozessalternative."
Mitte 2016 trat beim Hochfahren der Anlage Phosgen kurzzeitig, aber räumlich beherrschbar aus - innerhalb der Sicherheitskammer. Ein gutes Jahr später kam es zu einer gravierenderen Panne: Im TDI blieb zu viel Dichlorbenzol zurück, ein umweltgefährlicher Stoff, er kann Haut- und Atemwege reizen, ist möglicherweise krebserregend. BASF rief das verunreinigte Vorprodukt zurück. Firmen, die es schon verarbeitet hatten, riefen belastete Matratzen zurück.
Kein Besuch also der Anlage, die ein Vorprodukt für Polyurethan erzeugt – das langlebige "Multitalent" der großen Plastik-Familie. So sieht es die Industrie.
Aber: "Gerade bei langlebigen Produkten ist es notwendig, sich zu überlegen, wie holen wir sie zurück."
"Wir versorgen die Welt mit Problemen"
Andreas Gies war bis zur Pensionierung Abteilungsleiter im Umweltbundesamt: "Und wie holen wir sie weltweit zurück, wie schließen wir die Kunststoff-Kreisläufe."
Der Chemieriese BASF wirbt zum Beispiel damit, dass hochwertiges Polyurethan in Dächern, an Wänden und in Fußböden "durch schlankere Konstruktionsmöglichkeiten Wohnraumgewinn" ermöglicht.
Ideen zum Trennen und Recyceln beim Rückbau? Vorerst noch Fehlanzeige.
Schriftlich heißt es dazu: "Es gibt bereits einige etablierte Recycling-Verfahren für Polyurethane, insbesondere im Bereich der werkstofflichen Verwertung, zum Beispiel Flockenverbund."
Ideen zum Trennen und Recyceln beim Rückbau? Vorerst noch Fehlanzeige.
Schriftlich heißt es dazu: "Es gibt bereits einige etablierte Recycling-Verfahren für Polyurethane, insbesondere im Bereich der werkstofflichen Verwertung, zum Beispiel Flockenverbund."
Recyclingfirmen schreddern Schaumstoffabfälle zu Flocken und verarbeiten diese zu neuem Schaumstoff. BASF selbst nicht, präzisiert man auf Nachfrage. Die Konkurrenten BASF und Covestro "prüfen", wie sich solche Abfälle chemisch recyceln lassen.
Doch nicht das Downcycling hinunter bis zu den Basischemikalien, sondern die klimaverträglichere mechanische Wiederverwertung von Kunststoffen hat das Umweltbundesamt zum Ziel erklärt, also einschmelzen oder klein mahlen und zu neuen Produkten zusammenfügen.
Dem stehen allerdings Weichmacher, Stabilisatoren und andere Zusätze entgegen, deren Namen und Natur die Industrie mit Verweis auf Geschäftsgeheimnisse nicht preisgebe, kritisieren Umweltverbände.
Dirk Voeste ist Ressortleiter für Nachhaltigkeitsstrategie bei BASF, Andreas Kicherer Nachhaltigkeitsexperte. Ihre Argumentation: "Nur zu sagen, lassen sich Produkte einfach und besser rezyklieren, wäre zu kurz gesprungen, man muss es in der Gesamtheit betrachten."
Andreas Kicherer: "Die meisten Anforderungen an Kunststoffe sind natürlich in der Nutzenphase. Wenn sie im Auto sind, müssen sie langlebig sein, die müssen UV-stabil sein, die müssen leichtgewichtig sein, damit das Auto leicht wird. Sie müssen bei Häusern gut dämmen, müssen lange halten. Die ganzen Additive, die sind ja nicht in dem Sinne schädlich, sondern haben einen bestimmten Zweck in der Nutzenphase, damit das Produkt dann auch so lange hält. Es kann natürlich sein, dass das einem mechanischen Recycling teilweise entgegen steht, das ist richtig. Wenn Sie die aber jetzt vorher rausnehmen würden, hätten Sie in der Nutzenphase was Schlechteres."
Der Rückstoß-Effekt der "Infinergy"-Laufsohle mag hervorragend sein, die Optik der Mittelkonsole aus Polyurethan bestechend - doch am Ende des Lebenszyklus werden diese Kunststoffe zum größten Teil verbrannt, "thermisch verwertet", nennt es die Industrie. In Deutschland vorschriftsmäßig, anderswo in der Welt nicht unbedingt.
Der Umweltwissenschaftler Andreas Gies kritisiert: "Wir sind nicht in der Lage, Technologien anzubieten, die zum Beispiel auch Ländern, die sich in der Entwicklung befinden, ermöglichen, Kunststoffe wieder zurückzuholen. Das heißt, wir leben hier in einem Schlaraffenland, versorgen aber die Welt mit Problemen."
Umstritten: das sogenannte ChemCycling
Noch im Pilotstadium ist das sogenannte "ChemCycling". Das chemische Recyceln erprobt BASF im Stammwerk. Zehn Quadratkilometer mitten im Ballungsraum Mannheim-Ludwigshafen. Herzstück sind die beiden Dampfspalter. Diese "Steam-Cracker" zerlegen Rohbenzin in Ethylen und Propylen, die Basischemikalien für die gesamte Kunststoffproduktion.
Seit einem halben Jahr speist BASF dort zusätzlich eine Art Recycling-Öl ein. Dieses gewinne "ein Partner in Spanien" aus Verpackungsabfällen, so Andreas Kicherer. Das heißt: Das BASF-Pilotprojekt zielt nicht darauf ab, Recycling-Öl aus den hochwertigen Kunststoffen der eigenen Produktion herzustellen - das sei derzeit noch zu kompliziert, konstatiert der BASF-Nachhaltigkeitsexperte. Die Firma in Spanien verwende das, was als Rest im gelben Sack bleibe, wenn das Beste fürs mechanische Zerkleinern schon heraus sortiert sei.
"Was dann übrig bleibt, wird heute normalerweise verbrannt, in anderen Ländern der Europäischen Union teilweise noch deponiert. Und diese Reststoffe aus der Sortierung des gelben Sacks, die können wir in Öl umwandeln. Dieses Öl wird aufgereinigt und kann dann in den Steam-Cracker als Rohmaterial eingedüst werden."
Es ersetzt dort das Rohbenzin. Derzeit allerdings nur in geringer Dosis - mehr gibt die Technik noch nicht her. Ein weiteres Problem sieht Kicherer im geltenden Abfallrecht, der Frage also, "ob die Recyclingquoten, die in Deutschland ja erhöht werden sollen, ob man diese Quoten mit verschiedenen Technologien erfüllen kann, oder ob das nur mit einer Technologie erfüllbar ist."
Werkstoffliches gegen chemisches Recycling
"Auf der EU-Ebene sind alle möglichen Arten von Recycling möglich, auch das chemische Recycling. Die Umsetzung auf nationaler Ebene in die deutsche Verpackungsverordnung: Da können Sie das nicht. Und das sind genau die Themen, die wir eigentlich haben: Haben wir in Deutschland dann auch das richtige Regulierungsumfeld?", fragt der BASF-Vorstandsvorsitzende Martin Brudermüller. Was Kicherer und sein Chef meinen:
Die "Kunststoffstrategie" der Europäischen Union sieht vor, bis 2030 alle Plastikverpackungen wiederverwertbar zu machen, eine Methode ist hier nicht vorgegeben. Das Bundesumweltministerium dagegen wertet chemische Verfahren nicht als Recycling. Denn der Kunststoff bleibe nicht erhalten, sondern werde in seine chemischen Bestandteile aufgespalten.
Indem das Ministerium nur das werkstoffliche Recycling anerkennt, will es den Druck aufrechterhalten: Kunststoffe sortenreiner zu sortieren nämlich, damit sie dann geschmolzen oder geschreddert unmittelbar wiederverwertet werden können. Auch die Deutsche Umwelthilfe zieht das werkstoffliche Recycling dem chemischen vor.
"Weil beim chemischen Recycling eben sehr, sehr viel Energie und auch Chemikalien eingesetzt werden müssen, um diesen Abfall aufzuspalten und zu einem neuen Rohstoff zu machen. Und deswegen ist es absolut gerechtfertigt, dass für Kunststoffverpackungen die Recyclingquote sich ausschließlich auf werkstoffliches Recycling bezieht und ein chemisches, rohstoffliches Recycling nicht erlaubt, und das sollte auch in Zukunft so bleiben", findet Philipp Sommer, bei der Umwelthilfe zuständig für Kreislaufwirtschaft.
Plastikfasten als beste Lösung
Ob bei lang- oder kurzlebigen Kunststoffen: Weltweit wirksame Vermeidungs-, Pfand-, Leasing- und Recycling-Konzepte fehlen. Der Umweltwissenschaftler Andreas Gies, fordert deshalb eine ökonomische Regulierung des Konsums.
"Wie zum Beispiel eine Plastiksteuer, vorgeschlagen von der Europäischen Kommission, abgelehnt von der deutschen Regierung, abgelehnt von der deutschen Umweltministerin."
Abgelehnt auch, kaum verwunderlich, von der europäischen Kunststoffbranche.
In Mainz empfängt Malu Dreyer, Genossin von Bundesumweltministerin Svenja Schulze, SPD, den Konzernvorstand der BASF. Mit knapp 35.000 Beschäftigten ist das Unternehmen größter Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz. Auf der gemeinsamen Sitzung ihres Kabinetts mit der BASF-Chefetage betont die Ministerpräsidentin des Landes die Gemeinsamkeiten.
Kunststoffe zu reduzieren und zu recyceln, sei für ihre Ampel-Koalition und den Konzern "ein wichtiges Thema". Dreyer geht noch weiter:
"Also, ich glaube, Plastikfasten ist ein Gebot an uns alle."
Kunststoffe reduzieren, statt Absatzmengen zu steigern? Erstaunlicherweise kein Widerspruch vom BASF-Vorstandschef.
"Wenn man die Problematik der Verschmutzung der Ozeane ansieht, dann müssen wir das angehen. Dass natürlich ein Chemieunternehmen Produkte verkaufen will, ist auch klar. Aber das muss nicht immer nur in der Menge gehen, sondern das kann durchaus auch in Innovationen, in besseren Produkten gehen. Ein Thema der BASF war auch schon immer 'mehr mit weniger', das wird dann vielleicht zu Kunststoffen führen, die ein ganz anderes Profil haben, noch viel leistungsfähiger sind, damit vielleicht auch einen besseren Preis haben, damit kann auch eine BASF wachsen."
Die Allianz der Konzerne gegen Plastikmüll
Dass die Kunststoff-Branche ihr schmutziges Problem angeht, will sie mit der "Allianz gegen Plastikmüll in der Umwelt" zeigen. Rund 30 Konzerne der gesamten Wertschöpfungskette, darunter die deutschen BASF, Covestro und Henkel, haben diese globale "Alliance to End Plastic Waste" geschmiedet. Das Firmennetz will das unkontrollierte Entsorgen von Kunststoffen stoppen und bis 2024 1,5 Milliarden US-Dollar investieren, hauptsächlich in Afrika und Südostasien, den fernen Hotspots der Plastik-Verschmutzung.
Gemeinden und Regierungen will die Allianz helfen, Abfälle besser zu erfassen, zu sortieren und zu beseitigen. Das dürfte ganz nebenbei die Möglichkeit eröffnen, Einfluss auf Entscheidungsträger zu nehmen und Recyclingprozesse zu steuern. Der Umweltwissenschaftler Andreas Gies kommentiert:
"Seit Jahren wirbt die deutsche und europäische chemische Industrie mit dem Slogan 'responsible care', verantwortliches Handeln, verantwortlich, für die Produkte zu sorgen, und jetzt fangen sie an, mit einer globalen Initiative verantwortlich für ihre Produkte zu sorgen - der Hit von vor 20 Jahren, neu aufgegossen? Ich glaube, da gibt es noch ein bisschen Nachbesserungsbedarf."
Konkrete Zielvorgaben fehlen bislang. Woran sich die Entsorgungs-Allianz der Industrie messen lassen will? "Das Entscheidende ist, dass man etwas tut", sagt Dirk Voeste, bei BASF zuständig für die Nachhaltigkeitsstrategie.
"Und ich glaube, das ist etwas, woran wir uns messen lassen wollen, dass wir eben auch Beispiele liefern, dass man was tun kann. Und ich glaube, es steht auch für etwas Neues: Das ist die Zusammenarbeit über Wertschöpfungsketten hinaus innerhalb der Industrie. Denn um den Kreislauf herzustellen, müssen alle irgendwie zusammenarbeiten."
300 Millionen US-Dollar im Jahr, um dem Plastikmüll in Afrika und Asien beizukommen - Umweltwissenschaftler Andreas Gies zuckt die Achseln.
"Meine englischen Kollegen würden es einen 'piss in the ocean' nennen. Was gut ist, ist, dass das Wissen zusammengeschlossen wird. Was nicht gut ist, dass es keine externe Kontrolle gibt, es gibt keinen Beirat, soweit ich gesehen habe, der unabhängig von der chemischen Industrie ist und die Steuerung mit übernimmt."
Wachstum vs. Müllstopp
Die globale Allianz ist im Werden, kontert Dirk Voeste von BASF.
"Wir sind jetzt dabei, genau in die Strukturen aufzusetzen. Dazu gehört eben auch ein wissenschaftlicher Beirat, den wir gerade auch formieren. Also all die Themen, dass man nicht nur 'industrieweit' arbeitet, werden hier gerade aufgebaut."
Doch wie passen die Wachstums- und Gewinn-Ambitionen der "großen 30" - einschließlich der Öl-Multis Exxon Mobil und Shell - mit einem Müllstopp zusammen? Abfallexperte Rolf Buschmann vom Bund für Umwelt- und Naturschutz erkennt Widersprüche in den Zielen der Allianz.
"Auf der einen Seite: 'wir wollen keinen Plastikmüll in die Umwelt entlassen, es soll auch kein Plastikmüll in den Meeren landen'. Aber auf der anderen Seite eine steil wachsende Produktionsrate bei Kunststoffen. Es sind Unternehmen dabei, die Rohstoffe gewinnen, Öl oder Fracking-Gas, die beide mit sehr großen Umwelteinwirkungen auch zu tun haben. Also, ich habe da ein bisschen Probleme damit, das komplett nachzuvollziehen, wie man beides zusammenbringen möchte."
"Wenn wir jedes Jahr weltweit eine höhere Produktion von Plastik haben - 350 Millionen Tonnen sind es inzwischen weltweit jedes Jahr - wenn sich das jedes Jahr steigert, dann werden wir das Problem nicht lösen", glaubt auch Umweltforscher Gies.
Von der unendlichen Energie für die Produktgestaltung, lasse sich mehr abzweigen dafür, Gegenstände aus Kunststoff reparabel und zerlegbar zu machen, finden Abfallexperten und Umweltforscher. Materialien müssten erkennbar, Rezepturen transparent sein. So jedenfalls der Traum vom ökologischen Design. Und Langlebiges sollte lange im Gebrauch bleiben - so die Vision vom nachhaltigen Konsum.