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Plastikmüll
Mikroplastik bedroht Lebewesen im Meer

Nicht nur große Plastiktüten machen den Bewohnern der Weltmeere zu schaffen, sondern auch sogenanntes Mikroplastik, wie es in Peeling-Gels oder Zahnpasta enthalten ist. Noch ist wenig über seine Auswirkungen auf Umwelt und Mensch bekannt, denn die winzigen Teilchen gingen den Forschungsnetzen lange durch die Maschen.

Von Jochen Steiner |
    Eine Zahnbürste mit Zahnpasta vor einem Mund
    In Zahnpasta sind kleinste Plastikpartikel enthalten. (picture alliance / dpa / Romain Fellens)
    Wir produzieren jeden Tag Mikroplastik-Müll: beim Zähne putzen, weil in vielen Zahnpasten winzige Kügelchen aus Polyethylen oder Polypropylen stecken, beim Duschen mit Peelings oder beim Wäsche waschen, wenn sich aus Kunstfaser-Kleidung hunderte Fasern lösen können, pro Waschgang.
    Über das Abwasser gelangt das Mikroplastik in die Kläranlagen, wo es aber nicht vollständig abgebaut wird. Letztendlich landet es in Flüssen und Meeren. Dort trifft es auf Mikroplastik, das durch den Zerfall von größeren Plastikteilen im Meer entstanden ist. Schätzungen gehen davon aus, dass im Mittelmeer auf zwei Plankton-Lebewesen ein Partikel Mikroplastik kommt.
    "Das Problem begann nach dem Zweite Weltkrieg, als wir damit anfingen, weltweit riesige Mengen Plastik zu produzieren. Aber mit dem Recycling kamen und kommen wir nicht hinterher, weil die Plastikproduktion immer noch zunimmt. Wenn wir keinen Weg finden, den Eintrag von Plastikmüll in die Umwelt zu stoppen, dann wird das Problem noch schlimmer."
    Seit einigen Jahren erforscht Thomas Maes vom Centre for Environment, Fisheries & Agriculture Science im englischen Lowestoft Mikroplastik: Wo es ist, wohin es geht, was es anrichten kann. Noch ist für die wenigsten Meeresgebiete bekannt, wie viel Mikroplastik an der Wasseroberfläche schwimmt.
    "Wir haben an 160 Stellen rund um Großbritannien gemessen und kamen auf durchschnittlich 12.000 Mikroplastik-Partikel pro Quadratkilometer. Unsere Maximalwerte lagen bei 150.000, das kommt den 300.000 Partikeln aus dem Mittelmeer schon recht nahe."
    Filter statt Netze
    Dabei mussten die Meeresbiologen ihre Methode erst noch anpassen. Denn mit ihren feinmaschigen Netzen gingen ihnen die meisten Partikel durch die Maschen.
    "Wir hatten dann die Idee, anstatt des Netzes einfach das Wasser direkt durch einen mehrstufigen Filter laufen zu lassen. Die Poren hatten Durchmesser von 5 Millimeter bis runter zu 80 Mikrometer. Am Ende der Reise haben wir die Filter herausgenommen und die Partikel der unterschiedlichen Größenklassen bestimmt."
    Es sei oft gar nicht so einfach, so Maes, Mikroplastik von organischen Partikeln zu unterscheiden. Bis zu einer bestimmten Größe hilft das Mikroskop, bei Partikeln, die kleiner als 80 Mikrometer sind, setzen die Wissenschaftler Spektralapparate ein.
    Spektralanalyse für besonders kleine Partikel
    In einem nächsten Schritt wollten die Forscher die Folgen von Mikroplastik auf den Lebensraum Ozean untersuchen. Maes:
    "Wir haben uns verschiedene Algen angesehen und festgestellt, dass einige Arten Mikroplastik-Partikel an sich binden, andere aber nicht. Aber die, die es tun, könnten die Plastikpartikel weg von der Oberfläche in tiefere Wasserschichten transportieren, wo sie auch auf andere Lebewesen treffen, die das Mikroplastik fressen und verdauen könnten."
    Als nächstes waren Austern an der Reihe, die ihre Nahrung aus dem Wasser filtern. Maes und sein Team setzten die Tiere drei Monate lang in Wasser mit unterschiedlich hohen Mikroplastik-Konzentrationen. Sie verwendeten winzige Kügelchen aus Polystyren, die fluoreszent markiert waren.
    "Im Moment sehen wir noch keine großen Auswirkungen auf die Austern. Wir sind noch nicht fertig mit der Datenauswertung. Aber es scheint so, dass die Austern sich recht gut vom Mikroplastik befreien können, ähnlich wie von Sand. Aber dafür müssen sie Energie aufwenden. Ich glaube schon, dass es sie beeinflusst, denn es sind künstliche Partikel, die dort nicht sein sollten."
    Plastikmüll vermeiden
    Auch der Mensch wird vom Mikroplastik nicht verschont: Nimmt er es nicht über die Austern auf, dann über Fisch. Zu den Auswirkungen auf unseren Körper gibt es noch so gut wie keine Untersuchungen.
    Eine Studie kommt zu dem Schluss, dass es durch Mikroplastik zu Entzündungen des Darmes kommen kann. Um dem Plastik-Problem zu begegnen sollten wir uns an die drei Rs halten, so Thomas Maes: Reduce, Reuse, Recycle: Vermeiden, Wiederverwenden, Recyceln.