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Plattenwechsel in den Anden

Geologie. - Kein zweites Gebirge wird seismisch so genau überwacht wie die Anden. Als Teil des pazifischen Feuergürtels bebt die Erde dort so oft wie nirgendwo sonst. Wo eine ozeanische Platte unter eine kontinentale sinkt, entstehen aber normalerweise nur relativ unauffällige Gebirge und keine 6000er wie in Südamerika. Warum die Anden so gewachsen sind, hat ein deutscher Sonderforschungsbereich untersucht.

Von Dagmar Röhrlich |
    Endlose 200 Millionen Jahre dauert diese Kollision nun an: So lange schon rammt sich die pazifische Nasca-Platte unter Südamerika, während der Kontinent nach Westen drängt. Ergebnis dieses Zusammenstoßes sind die Anden.

    " Die Anden sind aber erst, wenn man das so sagen mag, 30 bis 50 Millionen Jahre alt. Vorher gab es dort kein Hochgebirge."

    Onno Oncken vom Geoforschungszentrum in Potsdam. Dass die Anden ein Hochgebirge sind, ist ungewöhnlich. Ob vor den Philippinen oder Sumatra - überall sonst, wo eine ozeanische Platte unter eine kontinentale sinkt, entstehen keine 6000er, sondern relativ unauffällige Gebirge. Was ist bei den Anden anders?

    " Die Anden sind sozusagen eine Folge von eigentlich drei Aspekten: Das eine ist die Tatsache, dass sich die die südamerikanische Platte zunehmend schneller bewegt, nach Westen, und sozusagen versucht, sich über den Pazifik hinweg zu schieben, und dabei an ihrer Front zusammengestaucht wird. "

    Das hat einen ähnlichen Effekt, als ob man ein Tischtuch mit der Hand zusammenschiebt.

    " Das andere, was wir sehen, ist, dass dieser Aspekt des Aufheizens der Erdkruste von unten eine ganz entscheidende Rolle spielt, dass sie also weich gemacht wird, leichter deformierbar, und damit auch über einen sehr großen Bereich leichter zusammen geschoben werden kann."

    Der dritte Grund dafür, dass die Anden zum Hochgebirge wachsen, ist das Klima - genauer: die Trockenheit. In den Zentralanden ist mit der Atacama die trockenste Wüste der Welt. Aber ohne Niederschlag fehlt der Erosion der richtige Biss. Das Gebirge wird regelrecht konserviert:

    " Das heißt, das Gebirge wird eigentlich nicht abgetragen, es wächst ständig nach, dadurch, dass die Knautschzone des südamerikanischen Plattenrandes ständig weiter zusammen geschoben wird, während die südamerikanische Platte sich über den pazifischen Ozean schiebt. Die sich dabei auftürmende Topographie, die über 6000 Meter hoch werden, die werden von der Erosionen fast nicht angenagt."

    Die Informationen aus der seismischen Überwachung brachten die Geologen auch auf die Idee, warum diese Kollision zwischen ozeanischer und kontinentaler Kruste dort von so starken Beben und einem so ausgeprägten Vulkanismus begleitet wird. Also: Je tiefer die Meereskruste in den Erdmantel absinkt, desto heißer wird es um sie herum. Irgendwann beginnen die Minerale zu reagieren: Das in ihnen chemisch gebundene Wasser wird frei und dringt als so genanntes Fluid in die Poren des Gesteins. Dann spielt es eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Erdbeben:

    " Wir können buchstäblich zeigen, dass dieses ein Wechselspiel ist mit Erdbeben, die die Fluide sozusagen vor sich her treiben, dass auf der anderen Seite die frei werdenden Fluide ihrerseits verantwortlich sind für seismische Bruchereignisse."

    Wahrscheinlich passiert Folgendes: Durch das aus den Mineralen frei werdende Wasser steigt der Porendruck im Gestein wie in einem Hochdruckkessel stetig an - bis es schließlich bricht: Die Erde bebt. Aber das frei werdende Wasser ist nach Ansicht der Geologen nicht nur für die Erdbeben verantwortlich, sondern lässt auch die Vulkane Südamerikas wachsen:

    " Man kann zum ersten Mal sehr scharf beobachten, wie tatsächlich die aufsteigenden Fluide letzten Endes die Quelle sind für die aktivsten Vulkane oben."

    Dieses Wasser steigt auf in den heißen Erdmantel und hilft die Minerale zu schmelzen. Zwar verflüssigen sich nur wenige Prozent des Gesteins - aber das reicht, um die Vulkane zu speisen. Und es reicht, um den gesamten südamerikanischen Plattenrand wie auf einer Herdplatte durchzukochen - was ja wiederum einer der Gründe für das Wachstum der Anden ist. Die werden inzwischen übrigens nicht mehr viel höher, dafür sind sie schon zu schwer. Vielmehr werden sie vor allem breiter - mit einer Geschwindigkeit von etwa 1 bis 1,5 cm im Jahr, also so schnell wir unsere Zehennägel wachsen.