Angela Merkel selbst ist die Mutter der politischen Podcasts. Seit 2006 sendet sie konsequent jede Woche eine neue Videobotschaft zu ihrem Volk.
Allein ist sie damit allerdings schon lange nicht mehr: In der Krise hat das Bundespresseamt hat auch sonst Podcasts für sich entdeckt: "'Corona aktuell, der Podcast der Bundesregierung' ist der Titel, unter dem wir uns jetzt hier immer wieder zu Wort melden werden. Wir wollen Fragen stellen, beispielsweise: Wie werden Soforthilfen aufgelegt? Wer organisiert die Heimflüge deutscher Staatsbürger aus dem Ausland?"
Stellvertretende Regierungssprecherin sieht keine Konkurrenz zu klassischen Medien
In 13 Folgen hat ein Journalist, gebucht von der Regierung, Menschen aus den Bundesministerien interviewt – oft 20, manchmal knapp 30 Minuten lang. Dabei sind Regierungssprecher Steffen Seibert und seine Stellvertreterin Ulrike Demmer auf den Geschmack gekommen.
"Es gibt einfach auch noch ganz viele andere wichtige Themen, über die es zu berichten gilt, und die Bundesregierung sucht natürlich auf unterschiedlichsten Kanälen die Möglichkeit, über Regierungshandel zu berichten", sagt Demmer.
Wichtig ist ihr, dass die Berichterstattung natürlich vor allem klassische Medien übernähmen – Zeitungen, Onlinedienste, Fernseh- und Radiosender. Mit ihnen wolle man auf keinen Fall in Konkurrenz treten. Offensichtlich kommen der Bundesregierung aber manche Themen im journalistischen Alltag zu kurz.
"Es gibt eben auch viele Sachen, die werden nicht so gut beleuchtet. Deswegen suchen wir nach Wegen, wie wir die Leute erreichen, um von dem zu erzählen, was wir so den ganzen Tag machen."
Kritische Nachfragen bleiben aus
Dafür wurde aus der Sonderreihe zu Corona nun ein weiteres ständiges Format – neben dem Videopodcast der Kanzlerin "Aus Regierungskreisen. Der Podcast der Bundesregierung."
Wieder interviewt ein von der Regierung gebuchter Journalist Menschen, die im Maschinenraum der Bundesregierung arbeiten.
Kanzleramtschef Helge Braun war schon zu Gast, aktuell ist es EU-Botschafter Michael Clauss – etwa zur Rolle der Kanzlerin während der Ratspräsidentschaft.
Von der Corona-Reihe hat die Bundesregierung gut 170.000 Abrufe registriert – alle Folgen zusammengenommen. Der Absender ist damals wie heute völlig eindeutig, die PR offensichtlich. Kritische Nachfragen bleiben aus. Verwechslungsgefahr mit Journalismus droht also keine.
Kanzlerin-Podcast mit Einfluss auf Berichterstattung
ZDF-Hauptstadtkorrespondent Mathis Feldhoff leitet den Verein der Bundespressekoferenz. Da die Podcasts bei Weitem nicht an die Reichweite klassischer Medien herankämen, sei er im Grunde gelassen.
"Aber, und das haben wir am Podcast der Kanzlerin gesehen: Der Podcast der Kanzlerin wird inzwischen – kommt ein bisschen auf das Thema an – aber wird immer wieder auch zum Anlass von Berichterstattung. Und das ist dann schon etwas anderes, wenn die Kanzlerin in einem Podcast einfach mitteilen kann, was sie so denkt, und dieses dann auch unhinterfragt tun kann und sich nicht auf einer Pressekonferenz zum Beispiel einer Nachfrage stellen muss."
Tatsächlich hat allein die Deutsche Presseagentur in diesem Jahr bereits elfmal Merkels Videobotschaft aufgegriffen. Oft waren die gezielten Botschaften dort überhaupt erst der Anlass für eine neue Meldung.
Hauptstadtkorrespondent Feldhoff sagt: Es gelte, die neuen Podcasts zu beobachten – ob dort ebenfalls gezielt Nachrichtliches platziert werde.
"Also ich würde jetzt nicht sagen, dass wir mit dem Podcast Agenda-Setting betreiben, denn die Themen, die wir da aufgreifen – und das ist ja das Wesen des Podcasts im Allgemeinen – sind ja Hintergründe zu erläutern", betont wiederum die stellvertretende Regierungssprecherin Demmer – und verspricht: "Natürlich stehen die Menschen, die wir im Podcast befragen, auch den journalistischen Fragen zur Verfügung."