"Willkommen bei Stimmenfang, dem Politik-Podcast von Spiegel Online, ich bin Sandra Sperber."
"Stimmenfang" von Spiegel Online begibt sich im Wahljahr auf die Suche nach Themen, die nicht immer ganz vorne auf der politischen Agenda stehen. In der ersten Folge untersucht die Reporterin, warum viele Wutbürger so empfinden, und wo sie politisch stehen. Sie hat mit fünf Wählern und Wählerinnen gesprochen, die Spiegel Online zuvor wütende Mails geschrieben hatten
"Es ging los mit dieser Flüchtlingspolitik, mit offenen Grenzen, die ursprünglich mal vorübergehend sein sollten. Der Punkt ist ja, dass Deutschland sich in Richtung 'failed state' bewegt."
Der Podcast ist aufwändig gemacht, mit vielen O-Tönen. Die Reporterin ist etwa auch auf eine Demo gegangen und hat mit Bürgern gesprochen. Das ist von der Machart her zwar nicht außergewöhnlich originell, aber durchaus informativ, weil die Journalistin nah herangeht an die Protagonisten und auch persönliche Eindrücke schildert. Weiterer Pluspunkt: der Podcast geht nur 15 Minuten und hört sich gut durch. Schon zum Start ist "Stimmenfang" auf Platz eins der I-Tunes-Charts hochgeschossen. Sicherlich ein Erfolg für den Spiegel-Verlag.
Zur Lage der Nation
"Ganz herzlich willkommen zur 'Lage der Nation', Ausgabe Nummer 46 mit mir, Philip Banse, und mit mir Ulf Burmeyer, herzlich willkommen."
Einen ganz anderen Weg geht der seit einem Jahr wöchentlich erscheinende Podcast "Zur Lage der Nation". Der Journalist Philip Banse und der Jurist Ulf Burmeyer kommentieren in einem etwa anderthalbstündigen Gespräch die politischen Ereignisse der Woche. Das ist mal hintergründig, mal informativ, manchmal erfährt man auch nur wenig Neues. Technikthemen wie etwa Cybersicherheit, NSA und anderes werden immer wieder mal aufgegriffen.
Philip Banse erzählt, dass die Idee des Podcasts eine Art wöchentlicher politischer Kommentar ist, die er sich aus den USA abgeguckt hat. Und das mit einer starken persönlichen Note, wie bei anderen Podcasts durchaus auch üblich:
"Das führt dazu, dass manche Leute das komplett unhörbar finden, obwohl sie vielleicht das inhaltlich durchaus interessant finden. Aber die hassen halt die Leute, die das machen. Umgekehrt ist es so, dass manche den Inhalt manchmal auch nicht so toll finden, aber das hören, weil sie die Leute so mögen. Dieser Faktor spielt bei Podcasts eine viel größere Rolle als bei klassisch produzierten Radiosendungen."
Aufwachen
Ein ähnliches Konzept verfolgt der "Aufwachen" - Podcast von Tilo Jung und Stefan Schulz. Die beiden Macher haben bereits über 300 Folgen produziert. Tilo Jung, der mit seinem Videopodcast "Jung und Naiv" Politiker interviewt oder in der Bundespressekonferenz mit zum Teil radikalen Fragen brilliert, hält sich hier eher zurück und ist nur Co-Moderationspartner.
Unlängst ging es um Merkels Washington-Reise und den Umstand, dass Merkel sich nach einer Reise Videoanalysen ihrer Reden erstellen lässt:
"Dieses Feintuning, das auch in der Politik über Sieg und Niederlage entscheidet, so rettet Merkel den entscheidenden Moment dieser Reise. Sportberichterstattung - naja, es ist nicht nur Sportberichterstattung."
"Aufwachen" ist ein hintergründiger Podcast, der mit viel Ironie und Witz daherkommt - er hat aber auch Schwachstellen. Manches wirkt doch etwas eitel und dahingeplaudert, und oft sind die Folgen mit einer Länge von zweieinhalb Stunden entschieden uu ausführlich. Sich zeitlich zu beschränken, wäre besser, es sei denn, die Macher nehmen sich Fidel Castros Reden zum Vorbild.
Schulzcast
"Der Schulzcast... dieser Podcast hat keine Bremsen... Ja herzlich willkommen zur ersten Folge vom Schulzcast, mein Name ist Christian Arlt und neben mir sitzt Christian Schiffer, hallo."
Die wohl originellste Idee derzeit ist der "Schulzcast": die beiden Journalisten Christian Arlt und Christian Schiffer wollen sich ausschließlich mit Martin Schulz beschäftigen, mit der SPD und deren Chancen auf einen Wahlsieg;
"Denkst Du Martin Schulz gewinnt? Ähm, ich kann's mir vorstellen."
Bislang gibt es nur eine Folge. Auch in diesem Gesprächspodcast hört man viel Witz, ironische Brechung und originelle Bewertungen, etwa wenn es darum geht, dass die SPD viel mehr "Rampensäue" hat, also Politiker mit Charisma, als die CDU. Ob das so stimmt, sei mal dahingestellt. Der "Schulzcast" weiß jedenfalls, über anderthalb Stunden zu unterhalten. Doch wie viele originelle Folgen über Martin Schulz kann man produzieren? Schwer zu sagen - auch hier muss man abwarten, wie sich das Format entwickelt.
"Es war eine schöne erste Sendung, vielen, vielen Dank, Schulzenbrothers, dass du da warst, vielen Dank Christian und Glück auf! Danke Euch auch, Glück auf! Tschau!"