Archiv

Pofalla
Merkel wusste seit Ende November von Wechsel-Plänen

Politik und Wirtschaft diskutieren lebhaft weiter über Ronald Pofalla. Die Kanzlerin ließ mitteilen, sie habe Ende November von den Überlegungen ihres damaligen Kanzleramtsministers erfahren. Die Partei "Die Linke" will die Angelegenheit nun in den Bundestag bringen.

    Wenn sich so eine politische Debatte erstmal warmgelaufen hat, dann gibt es jeden Tag eine Vielzahl von Äußerungen - von einer Vielzahl von Akteuren. Zwar ist bislang noch immer nicht bestätigt, ob Ronald Pofalla tatsächlich in den Vorstand der Deutschen Bahn wechseln könnte. Und auch unser Hauptstadt-Korrespondent Stephan Detjen stellt im Deutschlandfunk klar : Bislang ist noch immer vieles in dieser Sache vage und bewegt sich im Bereich von Gerüchten und Spekulationen.
    Die Personalie aber hat jetzt - nach einigem Zögern - auch die Kanzlerin selbst auf den Plan gerufen. Angela Merkel ließ über Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilen, dass sie Ende November in einem Gespräch mit Ronald Pofalla von dessen Plänen erfahren habe - dabei sei der Wechsel zur Bahn eine von mehreren Möglichkeiten gewesen. Die Kanzlerin habe Pofalla damals geraten, Zitat: "eine gewisse zeitliche Distanz herzustellen", sprich: erstmal zu warten.
    Seibert betonte aber, dass Merkel grundsätzlich davon überzeugt sei, dass so ein Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft möglich sein müsse. Allerdings müsse das transparent geschehen. Im übrigen sei die Initiative, dass Pofalla zur Deutschen Bahn gehen könnte, nicht von der Kanzlerin ausgegangen.
    Kritik an dem möglichen Wechsel Pofallas in den Bahn-Vorstand kommt auch weiterhin vom Aufsichtsrat des Staatsunternehmens. Der Vizevorsitzende und Arbeitnehmervertreter Alexander Kirchner kritisierte im Mitteldeutschen Rundfunk, die Kontrolleure hätten nur aus den Medien von einem möglichen Wechsel des CDU-Politikers in den Konzernvorstand erfahren. Im Aufsichtsrat sei die Personalie bisher überhaupt kein Thema gewesen, betonte Kirchner. Auch auf der Tagesordnung der Sondersitzung Ende Januar stehe keine derartige Entscheidung an.
    "Die Personalie muss vor den Bundestag"
    Auch in den Parteien haben sich heute eine Reihe von Politikern zu dem Fall geäußert. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte in Brüssel, es sei klug, in den nächsten Tagen in Deutschland darüber zu reden, ob es eine "Abkühlphase" geben sollte. Wörtlich sagte er. "Ich glaube, die Öffentlichkeit ist davon ohnehin überzeugt."
    Die Vorsitzende der Linken. Katja Kipping sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Es ist keine Kleinigkeit, wenn das größte Staatsunternehmen zum Selbstbedienungsladen der Politik verkommt". Für sie ergibt sich daraus eine klare Folge: "Die Personalie Pofalla muss vor den Bundestag." Kipping fügt hinzu, dass man diese Debatte erzwingen werde, und dass Pofalla - solange er Abgeordneter sei - sich dem dann auch stellen müsse.
    Deutliche Worte fand auch Grünen-Chefin Simone Peter. Sie sagte im Deutschlandfunk, vor einem Wechsel in die Wirtschaft müsse es Karenzzeiten geben, und zwar mit einer Dauer von mehreren Jahren. Wörtlich sagte sie:
    Zu sehen ist die Grünen-Vorsitzende Peter
    Grünen-Chefin Simone Peter (dpa / Soeren Stache)
    "Wenn es tatsächlich so ist, dass Herr Pofalla den Wechsel vorbereitet hat, selber in Personalentscheidungen der Bahn, hohe Positionen, sprich den Aufsichtsratsvorsitzenden, mitbeteiligt war und dort auch Interessen der CDU durchgesetzt hat, dann ist das doch eine Postenschacherei, die grundsätzlich negativ zu bewerten ist und die damit eben auch für einen schlechten Ruf für beide Seiten sorgt. Da ist eine sehr unglückliche Verquickung von Wirtschaft und Politik vorhanden, die man nur mit langfristigen Karenzzeiten überwinden kann."
    Aufsichtsrat wusste nichts von Wechselplänen
    Unklar ist, wie weit bei der Deutschen Bahn selbst die Überlegungen gediehen sind, Pofalla als neuen Vorstand zu berufen. Gestern erst erklärte Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht, das Gremium habe keine Kenntnis davon, dass der Vorstand erweitert werden solle. Aufsichtsrat Klaus-Dieter Hommel betonte in der Zeitung "Die Welt", die Personalie sei noch längst nicht entschieden. Konsens scheint darüber zu bestehen, dass der Aufsichtsrat sich am 30. Januar mit der Personalie befasst.
    Jedenfalls stellen auch die Ministerien, die im Aufsichtsrat vertreten sind, heute fest: Das Thema steht noch nicht auf der Tagesordnung in dem Kontrollgremium. Darum gebe es auch nichts zu kommentieren. Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums erklärte zudem, grundsätzlich wäre es zu begrüßen, wenn es Bahn-Chef Grube gelinge, Spitzenleute in sein Team zu holen.