Burkhard Müller-Ullrich: Wir bleiben noch bei der Bildenden Kunst - obwohl: manche bestreiten ja, dass die Reportagefotografie da überhaupt dazugehört, aber kein Zweifel besteht daran, dass es sich um einen Kulturbereich handelt, der unsere Weltwahrnehmung entscheiden mitprägt, insbesondere wenn es um Fotos vom Krieg geht. Gestern ist in München der Kriegsfotograf Horst Faas gestorben, ein Veteran seines Fachs, könnte man sagen, ein Mann von internationaler Reputation, der für seine Arbeit zweimal den Pulitzer-Preis bekam. - Frage an Ulrich Pohlmann, Leiter der fotografischen Sammlung des Münchner Stadtmuseums: Wofür genau wurde Horst Faas ausgezeichnet?
Ulrich Pohlmann: Na ja, er ist zweimal ausgezeichnet worden: einmal 1965 und dann 1972. 1965, wie es offiziell hieß, für seine gewagte und mutige Kriegsfotografie, und _72 dann zusammen mit Michel Laurent für Bilder, die er von einer Exekution von Gefangenen in Bangladesch aufgenommen hat. Er ist tatsächlich einer der ganz großen in diesem Metier gewesen und trotzdem sehr bescheiden in seinem Auftreten. Er hat auch Ausstellungen organisiert, und zwar insbesondere von Aufnahmen verstorbener Kriegsfotografen, die wie er auch dieses gefährliche Metier ausgeübt haben. Es war ihm immer ein großes Anliegen, dass diese Personen, diese Fotografen, mit denen er auch so manche gefährliche Situation überstanden hatte, nicht in Vergessenheit geraten, und er hat auch versucht, diese Fotografien so zu nutzen, als Memento auch, um natürlich gegen den Krieg Stellung zu beziehen, denn er ist selber ja häufiger in sehr gefährliche Situationen gekommen, die er wohl auch nur mit viel Glück überstanden hat.
Müller-Ullrich: Es ist ja in der Preisbegründung der Pulitzer-Preise - Sie haben es selbst zitiert - von mutig die Rede gewesen. Ich möchte Sie gerne mal nach dieser doppelten Bedeutung fragen. Einerseits ist es klar, das sagten Sie auch, persönlicher Einsatz in Gefahrsituationen, daher also Mut. Aber auch Mut in dem Sinne, dass er ja mit diesen Bildern dem Publikum etwas zumutet.
Pohlmann: Ja sicherlich ist es eine Gratwanderung, wenn man andere an dem Leiden anderer teilhaben lässt, und er hat diese Situation, also seine eigene Situation als Fotograf, als Chronist solcher zum Teil ja schrecklichen Ereignisse, durchaus reflektiert. Das ist ein Widerspruch in sich, den man in dem Moment gar nicht lösen kann: entweder zeichnet man das auf, was dort auch an fürchterlichen Szenen sich vor den eigenen Augen abspielt, oder man drückt eben nicht auf den Auslöser und lässt es ungeschehen.
Müller-Ullrich: Geht das denn, dass man mit der Kamera da Distanz schafft, indem man sie sich einfach vors Gesicht hält? Oder anders gesagt: Das Ganze ist ja ein sinisteres Geschäft. Das heißt: das höchste Glück des Kriegsfotografen besteht darin, etwas ganz Grässliches zu erleben und dem beizuwohnen.
Pohlmann: Also sicherlich ist dieser Beruf auch vor allen Dingen für sehr maskuline Typen gedacht, Abenteurer, die auch vielleicht Schwierigkeiten haben, sich mit ihren normalen Zeiten und auch in friedlicher Umgebung normal zu bewegen.
Müller-Ullrich: Würden Sie das auf Horst Faas beziehen? War er ein solcher?
Pohlmann: Nein, das war er sicherlich nicht. Aber ich denke, dass ihn diese Erfahrung nie zeit seines Lebens losgelassen hat, und er ist ja immer wieder auch an diese Schauplätze zurückgekehrt.
Müller-Ullrich: Es gibt ja ein Bild, das man mit ihm assoziiert, nämlich eben auch aus der Zeit des Vietnamkrieges, wo er ja nicht als freischaffender Reporter, sondern als Vertreter einer Nachrichtenagentur, nämlich Associated Press (AP), tätig war - ein Bild, das eigentlich eine Ikone jener Zeit geworden ist, auch preisgekrönt wurde. Auf dem sieht man ein nacktes Mädchen, das nach einem Napalm-Angriff schreiend auf den Fotografen, auf die Kamera zuläuft.
Pohlmann: Ja eine berühmte Ikone der Kriegsfotografie, die, wenn man es jetzt ganz positiv sieht, vielleicht geholfen hat, den Vietnamkrieg etwas zu verkürzen. Horst Faas hat damals - und darin besteht sicherlich auch ein Mut - sich dafür eingesetzt, dass dieses Bild veröffentlicht wird.
Müller-Ullrich: ... , wobei er es allerdings nicht selbst geschossen hat, wie das "geschossen" in dem bemerkenswert militärischen Fotografenjargon ja heißt. - So viel über den deutschen Kriegsfotografen Horst Faas, geboren in Berlin, tätig gewesen in den USA und auf vielen Kriegsschauplätzen, gestern 79jährig in München gestorben. Das war der Leiter der Fotosammlung des Münchner Stadtmuseums, Ulrich Pohlmann. Vielen Dank für die Auskünfte.
Ulrich Pohlmann: Na ja, er ist zweimal ausgezeichnet worden: einmal 1965 und dann 1972. 1965, wie es offiziell hieß, für seine gewagte und mutige Kriegsfotografie, und _72 dann zusammen mit Michel Laurent für Bilder, die er von einer Exekution von Gefangenen in Bangladesch aufgenommen hat. Er ist tatsächlich einer der ganz großen in diesem Metier gewesen und trotzdem sehr bescheiden in seinem Auftreten. Er hat auch Ausstellungen organisiert, und zwar insbesondere von Aufnahmen verstorbener Kriegsfotografen, die wie er auch dieses gefährliche Metier ausgeübt haben. Es war ihm immer ein großes Anliegen, dass diese Personen, diese Fotografen, mit denen er auch so manche gefährliche Situation überstanden hatte, nicht in Vergessenheit geraten, und er hat auch versucht, diese Fotografien so zu nutzen, als Memento auch, um natürlich gegen den Krieg Stellung zu beziehen, denn er ist selber ja häufiger in sehr gefährliche Situationen gekommen, die er wohl auch nur mit viel Glück überstanden hat.
Müller-Ullrich: Es ist ja in der Preisbegründung der Pulitzer-Preise - Sie haben es selbst zitiert - von mutig die Rede gewesen. Ich möchte Sie gerne mal nach dieser doppelten Bedeutung fragen. Einerseits ist es klar, das sagten Sie auch, persönlicher Einsatz in Gefahrsituationen, daher also Mut. Aber auch Mut in dem Sinne, dass er ja mit diesen Bildern dem Publikum etwas zumutet.
Pohlmann: Ja sicherlich ist es eine Gratwanderung, wenn man andere an dem Leiden anderer teilhaben lässt, und er hat diese Situation, also seine eigene Situation als Fotograf, als Chronist solcher zum Teil ja schrecklichen Ereignisse, durchaus reflektiert. Das ist ein Widerspruch in sich, den man in dem Moment gar nicht lösen kann: entweder zeichnet man das auf, was dort auch an fürchterlichen Szenen sich vor den eigenen Augen abspielt, oder man drückt eben nicht auf den Auslöser und lässt es ungeschehen.
Müller-Ullrich: Geht das denn, dass man mit der Kamera da Distanz schafft, indem man sie sich einfach vors Gesicht hält? Oder anders gesagt: Das Ganze ist ja ein sinisteres Geschäft. Das heißt: das höchste Glück des Kriegsfotografen besteht darin, etwas ganz Grässliches zu erleben und dem beizuwohnen.
Pohlmann: Also sicherlich ist dieser Beruf auch vor allen Dingen für sehr maskuline Typen gedacht, Abenteurer, die auch vielleicht Schwierigkeiten haben, sich mit ihren normalen Zeiten und auch in friedlicher Umgebung normal zu bewegen.
Müller-Ullrich: Würden Sie das auf Horst Faas beziehen? War er ein solcher?
Pohlmann: Nein, das war er sicherlich nicht. Aber ich denke, dass ihn diese Erfahrung nie zeit seines Lebens losgelassen hat, und er ist ja immer wieder auch an diese Schauplätze zurückgekehrt.
Müller-Ullrich: Es gibt ja ein Bild, das man mit ihm assoziiert, nämlich eben auch aus der Zeit des Vietnamkrieges, wo er ja nicht als freischaffender Reporter, sondern als Vertreter einer Nachrichtenagentur, nämlich Associated Press (AP), tätig war - ein Bild, das eigentlich eine Ikone jener Zeit geworden ist, auch preisgekrönt wurde. Auf dem sieht man ein nacktes Mädchen, das nach einem Napalm-Angriff schreiend auf den Fotografen, auf die Kamera zuläuft.
Pohlmann: Ja eine berühmte Ikone der Kriegsfotografie, die, wenn man es jetzt ganz positiv sieht, vielleicht geholfen hat, den Vietnamkrieg etwas zu verkürzen. Horst Faas hat damals - und darin besteht sicherlich auch ein Mut - sich dafür eingesetzt, dass dieses Bild veröffentlicht wird.
Müller-Ullrich: ... , wobei er es allerdings nicht selbst geschossen hat, wie das "geschossen" in dem bemerkenswert militärischen Fotografenjargon ja heißt. - So viel über den deutschen Kriegsfotografen Horst Faas, geboren in Berlin, tätig gewesen in den USA und auf vielen Kriegsschauplätzen, gestern 79jährig in München gestorben. Das war der Leiter der Fotosammlung des Münchner Stadtmuseums, Ulrich Pohlmann. Vielen Dank für die Auskünfte.