Mateusz Kijowski wirkt authentisch. Er ist mit dem Motorrad in die Warschauer Innenstadt gekommen, in voller Lederkluft setzt er sich auf den Sessel im Café. Auch das, was er sagt, klingt echt:
"Auch frühere Regierungen haben sich nicht immer an demokratische Spielregeln gehalten. Die Demokratie ist eine leicht verletzliche Regierungsform, Politiker können ihre Macht missbrauchen und die Demokratie bedrohen. Wahrscheinlich hätten wir schon früher laut protestieren sollen, aber da ist einfach noch keiner auf die Idee gekommen."
Bürgerbewegung gegen die polnische Regierung
Der 46-jährige Kijowski klingt nicht wie ein Oppositionspolitiker, so konnte er zum Kopf der Bürgerbewegung gegen die polnische Regierung werden. Der selbstständige Informatiker kündigte seinem besten Auftraggeber und widmet sich heute nur noch dem "Komitee zur Verteidigung der Demokratie", auf polnisch kurz KOD.
"Erst alles niederreißen, dann wieder aufbauen - so will es die PiS machen. Aber das funktioniert nur, wenn man Christus ist und das in drei Tagen schafft. Wir sollten unseren Staat ständig und langsam verbessern. Die PiS zerstört das, was die Polen in den 26 Jahren nach der demokratischen Wende geschaffen haben."
Das sehen viele Polen so. Die Umfragewerte der PiS sinken seit Wochen. Trotzdem scheint die Protestbewegung an Schwung zu verlieren. Zur Demonstration in Warschau am vergangenen Wochenende kamen nicht mehr als 15.000 Menschen, etwa halb so viele wie noch im Dezember. Mateusz Kijowski sieht darin kein Problem: Das Wichtigste für das KOD sei es derzeit, im ganzen Land feste Strukturen zu schaffen, sagt er.
Allerdings habe das Komitee schon einen gravierenden Fehler gemacht, meint der Politologe Bartlomiej Biskup von der Universität Warschau.
"Natürlich kann sich jeder diesen Demonstrationen anschließen. Aber es war ein Fehler, Oppositionspolitiker zu den Menschen sprechen zu lassen. Sie haben auch, als sie an der Regierung waren, die öffentlichen Medien für sich in Anspruch genommen. Auch, wenn Mitarbeiter der öffentlichen Medien auftreten, ist das problematisch. Die PiS kann dann sagen: Seht her, das sind ja nur Journalisten, die ihre Programme behalten wollen."
Davon abgesehen seien viele Polen schlicht daran gewöhnt, dass die jeweils Regierenden das Land komplett beherrschen wollen, so Biskup.
Innere Querelen in der KOD
Zudem kämpft das "Komitee zur Verteidigung der Demokratie" mit inneren Querelen. Medien berichteten, dass der Vorsitzende Kijowski mit den Alimenten für seine Kinder im Rückstand ist. Seine Erklärung, er habe in den vergangenen Jahren nicht die nötigen Mittel aufbringen können, überzeugte nicht alle Mitglieder.
Auch der Zustand der Opposition im Parlament dürfte die PiS wenig beunruhigen. In vielen Umfragen ist sie zwar hinter eine Oppositionspartei gerutscht ist - die liberale Partei "Modernes Polen", die erst im vergangenen Jahr gegründet wurde. Diese verfügt aber derzeit noch über schwache Strukturen im Land. Die rechtsliberale "Bürgerplattform", bis vor Kurzem an der Regierung, kämpfe dagegen ums Überleben, sagt der Politologe Biskup:
"Einige ihrer Abgeordneten wollten schon zu "Modernes Polen" wechseln, sind aber dort nicht aufgenommen worden. Die "Bürgerplattform" muss sich neu erfinden. Den innerparteilichen Kampf hat der Ex-Außenminister Grzegorz Schetyna gewonnen. Er wird neuer Vorsitzender und muss eine Vision formulieren."
Gerade das wird Schetyna aber nicht leicht fallen. Als seine Stärke galt stets, die Partei zu organisieren und die Pläne des ehemaligen Ministerpräsidenten Donald Tusk durchzusetzen - zumindest bis zum Zerwürfnis der beiden. Viele Politiker mit eigenständigem Profil haben die "Bürgerplattform" unter Donald Tusk resigniert verlassen.
Die Bürgerbewegung gegen die PiS schwächelt also - zumindest vorübergehend, und die Opposition ist teilweise mit sich beschäftigt. So lässt es sich erklären, dass die Regierungsfraktion im Parlament bisher ungewöhnlich geschlossen auftreten kann.