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Polen
Die Demokratie verteidigen

Es ist nicht das erste Mal, dass sich frühere Politiker Polens besorgt über die aktuellen Entwicklungen in ihrem Land äußern. Doch wenn sich drei frühere Staatspräsidenten und mehrere Ex-Außenminister gemeinsam äußern, hat das ein besonderes Gewicht. In einem offenen Brief warnen sie vor dem Verfall der Demokratie in Polen und fordern Gegenwehr.

    Demonstranten bei Protesten gegen die Regierung in Warschau am 27. Februar 2016.
    Umstrittene Reformen der polnischen Regierung haben in den vergangenen Monaten immer wieder Proteste ausgelöst, wie hier im Februar in Warschau (Archiv-Bild). (picture alliance / dpa / Jan. A. Nicolas)
    "Die nächsten Monate werden ausschlaggebend sein für das Schicksal des Rechtsstaats und der Demokratie in Polen", heißt es zu Beginn des Briefs. Für die Unterzeichner steht fest: Die Regierung der national-konservativen PiS-Partei untergräbt den Rechtsstaat und zerstört die verfassungsrechtliche Ordnung des Landes. Das belegten "drakonische" Gesetzespläne, wie das absolute Verbot von Abtreibungen. Zusätzlich gehe die Regierung auf Konfrontationskurs mit dem Ausland: "Polen ist auf dem Weg zu einer Autokratie und zur Isolation von der Welt."
    Schließlich fordern die Unterzeichner die "volle Mobilisierung" der Gesellschaft und der Opposition, um die Demokratie zu verteidigen. Dazu rufen sie in fünf Punkten Bürger, Anwälte, Richter und Abgeordnete dazu auf, sich an die verfassungsgemäße Ordnung zu halten. Außerdem loben die ehemaligen Politiker und Gewerkschafter das Verhalten der EU gegenüber Polen. Alle Diskussionen, Resolutionen und Empfehlungen seien kein Eingriff in innere Angelegenheiten, sondern "Ausdruck legitimer Besorgnis über die Lage unseres Landes und die Rechte der Bürger".
    Parteiübergreifende Unterzeichner
    Zehn Unterschriften trägt der offene Brief. Drei stammen von den ehemaligen Staatspräsidenten Lech Walesa, Aleksander Kwasniewski und Bronislaw Komorowski, weitere von ehemaligen Außenministern und früheren Chefs der Gewerkschaft Solidarnosc. Die Mehrheit der Unterzeichner kommt aus dem sozialdemokratischen Spektrum - doch auch Vertreter der liberal-konservativen Partei PO, "Bürgerplattform" haben sich hinter die Forderungen des Papiers gestellt.
    Es gibt also durchaus parteiübergreifende Tendenzen und auch Differenzen, wie die Unterzeichner zum Schluss des Dokumentes feststellen: Man habe zwar unterschiedliche Meinungen zu anderen Problemen in Polen, aber die Runde sei durch den gemeinsamen Glauben vereint, dass die Beibehaltung der Demokratie die Voraussetzung für jedweden Wandel sei.
    Regierungschefin Szydlo: Polen haben so gewählt
    Die polnische Regierung wies die Vorwürfe als "absurd" zurück. Die Demokratie in Polen sei nicht bedroht, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Piotr Glinski dem Sender TVN24.
    Ministerpräsidentin Beata Szydlo kritisierte die Unterzeichner: "Sie sagen: 'Wir sind die Demokratie'". Für sie sei Demokratie dagegen "die freie Wahl der Polen". Die polnischen Wähler hätten die PiS an die Regierung gewählt - und damit auch deren Programm.
    Immer wieder Proteste
    In Polen haben mehrere Entscheidungen der polnischen Regierung Proteste ausgelöst - unter anderem eine Reform des Verfassungsgerichts und der öffentlich-rechtlichen Medien. Immer wieder gingen Tausende Menschen zu Demonstrationen auf die Straße. Das Verfassungsgericht erklärte zudem die vom Parlament beschlossene Reform zur Besetzung und Arbeitsweise des Gerichts für unzulässig. Dieses Urteil akzeptiert die polnische Regierung jedoch nicht, weswegen sie es nicht im Amtsblatt veröffentlicht und damit in Kraft setzt.
    Darüber hinaus hat die EU eine Prüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet.
    (pr/jcs)