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Polen-Experte zu Präsidentenwahl
"Polarisierung überwinden ist das Gebot der Stunde"

Die Präsidenten-Stichwahl in Polen war eine Richtungswahl – zwischen dem liberalem Rafal Trzaskowski und dem konservativen Amtsinhaber Andrzej Duda. Aber auch der Wahlsieg Dudas müsse kein "weiter so" bedeuten, sagte Peter Loew vom Deutschen Polen-Institut im Dlf – Duda könne sich freischwimmen.

Peter Loew im Gespräch mit Jasper Barenberg |
Wahlen in Polen
Wahlen in Polen (dpa/ picture alliance/ Krzysztof Kaniewski)
Die Präsidenten-Stichwahl in Polen wird von vielen Experten als eine Richtungswahl gesehen. Gerade weil die beiden Kandidaten als zwei klar abtrennbare Optionen zu sehen sind, sagte Peter Loew, Direktor des Deutschen Polen-Instituts, im Dlf. Beide Kandidaten hätten im Wahlkampf die Polarisierung vorangetrieben. Während der liberale Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski als Präsident in der Lage gewesen wäre den von der konservativen Regierungspartei PiS betriebene Staatsumbau aufzuhalten, könnte Amtsinhaber Andrzej Duda weiter machen, wie bisher.
Das müsse aber laut Loew nicht zwangsläufig so sein. Zwar habe Duda bis dato gemäß den Vorstellungen der PiS-Regierung agiert. Aber es besteht die Möglichkeit, dass Duda sich nun freischwimme und selbstständiger würde. Als Hinweis darauf könnten Äußerungen Dudas aus dem Wahlkampf gelten, in denen er darauf hinwies, dass das seine letzte Amtszeit wäre und er nicht wiedergewählt werden könnte.
Wahlplakate bewerben die Kandidaten für die anstehende Präsidentschaftswahlen in Polen
Sehnsucht nach neuen Kräften
Die knappe Entscheidung bei der polnischen Präsindetschaftswahl hat sich von langer Zeit abgezeichnet. Die regierende PiS-Partei von Amtsinhaber Andrzej Duda scheine ihren Zenit erreicht zu haben.
Auch bei seiner ersten Rede nach der Schließung der Wahllokale schlug Duda versöhnliche Worte an: "Wir sind nicht immer einer Ansicht, und müssen es auch nicht sein. Aber ich bitte vor allem um Respekt – dass wir uns die Hand reichen können, dass wir uns nicht gegenseitig beleidigen. Falls ich jemanden in meiner Amtszeit mit Worten oder Taten verletzt haben sollte – bitte ich dafür um Entschuldigung. Wenn unsere Nationalhymne erklingt, muss Platz für alle da sein."
Laut Polen-Experte Loew sei zwar die Überwindung der Polarisierung der polnischen Gesellschaft äußerst wichtig, aber entscheidend sei das Verhalten des mächtigen Mannes im Hintergrund – dem PiS-Parteivorsitzendem Jarosław Kaczyński. Loew glaubt, dass es zu einem Machtkampf zwischen Kaczyński, Duda und gemäßigten Kräften in der polnischen Regierung kommen würde.