Der Marsch war die größte Veranstaltung in Polen seit der demokratischen Wende 1989. Nach Angaben der Polizei nahmen 250.000 Menschen teil. Auf der einen Seite hatten Staatspräsident Andrzej Duda und die rechtskonservative Regierung die Polen eingeladen. Auf der anderen Seite brachten nationalistische Organisationen aus dem ganzen Land Anhänger mit Bussen in die Hauptstadt.
Beide Seiten zogen ein positives Fazit. Präsident Duda sagte schon zu Beginn des Marsches:
"Danke, dass ihr für Polen hierhergekommen seid. Dass ihr weiß-rote Fahnen mitgebracht habt. Für diese Farben haben eure Väter, Großväter und Urgroßväter ihr Blut vergossen. Unter diesen Farben ist für jeden Polen Platz."
Und Krzysztof Bosak, Abgeordneter der rechtsgerichteten Partei "Nationale Bewegung" konnte zufrieden feststellen:
"Dieser Unabhängigkeitsmarsch ist hervorragend gelungen. Die Anwesenheit des Präsidenten war uns eine Ehre, er ist schließlich das Staatsoberhaupt. Unsere Organisation hat gezeigt, dass das nationale Lager aus reifen, kompetenten Personen besteht."
Nationalistische Gruppen aufgewertet
Die Nationalisten organisieren den Marsch seit neun Jahren. Die Warschauer Bürgermeisterin hatte ihn jedoch diesmal verboten, das teilte sie am Mittwoch mit. Daraufhin erklärten Duda und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, dann würden sie die Organisation übernehmen. Letztendlich hob ein Warschauer Gericht das Verbot der Bürgermeisterin auf - und die Regierung saß mit den Nationalisten in einem Boot.
Dass sie es so weit kommen ließ, werde ihr noch lange nachhängen, meinen Kritiker der rechtskonservativen Regierungspartei PiS, so der Warschauer Politologe Adam Leszczynski:
"Die Regierung und der Präsident haben mit Gruppierungen verhandelt, die bisher eine marginale Rolle gespielt haben in Polen - und sie damit aufgewertet. Sie haben sich mit ihnen auf eine Stufe gestellt und damit die Bedeutung der gesamten Feierlichkeiten herabgesetzt. Davon abgesehen zieht sich die PiS so auch einen politischen Konkurrenten am rechten Rand heran."
Die Nationalisten hatten zugesagt, sich beim Marsch auf staatliche Symbole zu beschränken. Dennoch waren auch Fahnen der rechtsradikalen Organisation "National-radikales Lager" zu sehen. Auch radikale Sprechchöre stimmten sie an, so: "Kommunisten werden an Bäumen aufgehängt."
Kritik an zentraler Feier
Die meisten Teilnehmer allerdings wollten einfach den großen polnischen Feiertag begehen, so Piotr, ein 35-jähriger CNC-Fräser, der mit seinen Freunden aus Schlesien angereist war:
"Wir mögen alle Menschen, egal, welche Religion oder welche Nation, aber wir Polen müssen zusammenhalten, wenn wir auf der Welt bestehen wollen. Zumindest diesen einen Tag müssen wir gemeinsam begehen."
Allerdings wurden auch die zentralen Feierlichkeiten auf dem Pilsudski-Platz in Warschau kontrovers diskutiert. Die Regierung lud zwar auch EU-Ratspräsident Donald Tusk ein - er gehört der polnischen Oppositionspartei "Bürgerplattform" an. Tusk musste jedoch in der dritten Reihe stehen, neben Staatssekretären. Und Präsident Duda begrüßte ihn bei seiner Rede nicht. Duda habe damit seinem eigenen Aufruf zur Einigkeit widersprochen, bemängelten Kritiker.