Die Richter kritisierten unter anderem, dass Klagen in chronologischer Reihenfolge bearbeitet werden müssten und nicht wie bislang gemessen an ihrer Bedeutung. Sie bemängelten zudem, dass richterliche Entscheidungen erst ab einer Zwei-Drittel-Mehrheit gültig sind, vor der Rechtsreform reichte eine einfache Mehrheit. "Das Gesetz verhindert eine zuverlässige und reibungslose Arbeit des Gerichts", fasste Andrzej Rzeplinski, der Vorsitzende des Verfassungsgerichts, das Urteil zusammen.
Seitdem die PiS, die Partei "Recht und Gerechtigkeit", im Dezember das Gesetz im Parlament durchgesetzt hatte, gibt es in Polen Proteste dagegen. Adam Bodnar etwa, der polnische Ombudsmann für Bürgerrechte und einer der Kläger gegen das neue Gesetz, versteht die Reform als Lähmung des Organs.
Aus Regierungskreisen hieß es dagegen, die Verhandlung des Verfassungsgerichts verstoße gegen geltendes Recht, das Gericht hätte sich zunächst mit zahlreichen Altfällen befassen müssen.
Am Freitag und Samstag wird auch die Venedig-Kommission, ein Expertengremium des Europarats, über das umstrittene polnische Gesetz beraten und ihre Einschätzung vorstellen. Ein Entwurf wurde bereits vor wenigen Tagen bekannt. Darin wird vor einer Verfassungskrise und einer Gefährdung der Demokratie und der Menschenrechte in Polen gewarnt. Jaroslaw Kaczynski, der Chef der PiS, hat allerdings schon erklärt, dass sich das Land nicht an die Ergebnisse der Kommission halten wolle, da diese nicht bindend seien.
(sek/stfr)