Im polnischen Parlament hatte es am Nachmittag eine Debatte über die Abhöraffäre gegeben. Die Opposition hatte vor, ein Misstrauensvotum gegen die Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk zu stellen. Doch Tusk beantragte dann selbst die Abstimmung über seine Regierung.
Mit Blick auf den am Freitag beginnenden EU-Gipfel sagte er vor den Abgeordneten, er müsse Gewissheit haben, dass die Regierung das Mandat und die Mehrheit habe, um ihre Arbeit fortzusetzen. Andernfalls könne sie nicht "effizient" weiterarbeiten und die "Interessen des Staates wahren".
Tusks Partei Civic und ihr Koalitionspartner PSL verfügen zusammen über genügend Mandate, damit der Regierungschef eine Vertrauensfrage überstehen könnte. PSL hatte vor der Abstimmung bekräftigt, Tusks Kabinett unterstützen zu wollen.
Veröffentlichungen von "Wprost"
Die Affäre um illegale Mitschnitte von Politikergesprächen war durch Veröffentlichungen des Nachrichtenmagazins "Wprost" ins Rollen gekommen. In einem Gesprächsmitschnitt aus einem Warschauer Restaurant im Juli 2013 sind Innenminister Bartlomiej Sienkiewicz und Zentralbankchef Marek Belka zu hören. Belka verlangte damals als Gegenleistung für seine Unterstützung der Regierung die Entlassung des damaligen Finanzministers. Dieser wurde tatsächlich entlassen.
Am Sonntag veröffentlichte "Wprost" zudem ein angebliches Gespräch des Außenministers Radoslaw Sikorski mit einem Parlamentsabgeordneten. Sikorski soll darin das Verhältnis Polens zu den USA kritisiert haben; er nannte es "nutzlos" und sogar "schädlich". Die Aufnahmen wurden offenbar über einen längeren Zeitraum in mindestens zwei Warschauer Restaurants gemacht. Betroffen sind mehr als ein Dutzend Regierungsvertreter, Politiker sowie Manager.
Die Veröffentlichungen sorgten für große Aufregung in Polen. Die Opposition forderte den Rücktritt der Regierung. Tusk lehnte dies ab: Die amtierenden abgehörten Minister hätten zwar vulgäre Ausdrücke gebraucht, im Endeffekt aber keine illegalen Geschäfte besprochen. Irgendjemand versuche mit aller Macht, das Land zu destabiliseren, so Tusk. Zuletzt schloss er vorgezogene Neuwahlen jedoch nicht mehr aus.