Patryk Bialas blickt in den Himmel über Katowice. Die Wintersonne schimmert durch den grauen Dunst. "Die Farbe vom Himmel heute ist ein bisschen anders, das heißt, heute wir haben sehr viel Smog." Der 41-Jährige schlägt den Mantelkragen hoch, eilt über den Parkplatz. Zwischen großen Hallen hindurch. Früher stand hier eine Farb-und Chemiefabrik. Heute wirbt an dieser Stelle der Gewerbe- und Technikpark Euro-Centrum um Investoren. 35.000 Quadratmeter Fläche, drei Energieeffiziensgebäude, ein Passivhaus, etliche Produktionshallen:
"Das ist ein Beispiel, das auch in Schlesien ohne Problem man kann die grünen Technologien benutzen. Und die Leute gucken es. Und wir machen sehr viele Werbung." Bialas deutet auf das Nachbargrundstück. "Das ist ein Kontrast, sehen sie."
Dieser Beitrag gehört zur fünfteiligen Reportagereihe "Kohlerevier Schlesien - Dicke Luft und schwarzes Gold".
An der Straße ziehen sich verrußte, alte Backsteingebäude entlang. Braun-gelber Rauch steigt aus den Schornsteinen. Gleich gegenüber strecken sich drei große Solarpaneele gen Himmel, am Passivhaus funkeln futuristisch anmutende Fotovoltaikelemente, Luft- und Wärmetauscher sorgen für besseres Klima. Private Investoren haben den Hightech-Park mit EU-Unterstützung errichtet.
"Normalerweise müssen wir einmal pro Jahr die Filter austauschen. Aber in Polen müssen wir es jeden Monat auswechseln."
Zumindest während der Heizperiode. 1000 Euro pro Filterwechsel, das ist der Extra-Preis für die Energieeffizienz in der Kohleregion. Bialas lächelt. Auch diese Ausgaben sind einkalkuliert. Denn schließlich wird mit dem Gewerbepark Geld verdient. Vor allem mit seinen technischen Angeboten: "Ein Labor, die sogenannte künstliche Sonne, um die Fotovoltaik- und Solarzellen zu testen, wir haben auch sechs Klimakammern."
Konzerte, Flashmobs, Unterschriftensammlungen
Bialas bitte ins Schulungsgebäude. Eigentlich ist er Jurist, arbeitete erst für die Stadtverwaltung in Krakau, ihn faszinierte das Thema Energie-Effizienz, die erneuerbaren Energien, also plante er den Park hier in Katowice, überzeugte Investoren, kümmerte sich um die EU-Förderung. Nebenbei organisierte er auch noch Kampagnen für bessere Luft und sitzt für die Grünen im Stadtrat.
"Wir haben Air-Aid organisiert, es waren zehn Konzerte an zehn Plätzen für zehn Minuten."
Konzerte, Flashmobs, Unterschriftensammlungen. Spätestens seit dem Klimagipfel im Dezember 2018 in Katowice gebe es eine richtige Umweltbewegung in der Region, freut sich Bialas. Etliche Initiativen kämpften für saubere Luft, einige auch für den Kohleausstieg. Doch noch, sagt Bialas, beeinflussen die staatlichen, Kohlekonzerne, maßgeblich die Energiepolitik. Dabei sprächen sich 67 Prozent der Polen für einen Ausbau der regenerativen Energien aus. Doch es fehlt an Gesetzen. Und vielerorts an Know-how. Darum belegen auch immer mehr Handwerker und Installateure Kurse im Schulungszentrum des Parks:
"Das ist unser Schulungszentrum hier, wir haben hier verschiedenen Technologien, zwei Arten von Wärmepumpen, Wasser/Wasser und Luftwasser, drei Arten von Solarkollektoren und auch drei Arten von Fotovoltaik."
Attraktiver Standort für neue Firmen
Mit energischen Schritten kommt eine Frau durchs Foyer; Pani Ellu. Bialas muss dreimal rufen, um sie zu stoppen. Elzbieta Duraj ist im Auftrag der deutsch-polnischen Industrie- und Handelskammer unterwegs. Versucht Hightech-Firmen nach Katowice zu locken. Auch sie hat ihr Büro im Park.
"Schlesien mit Kohlen, mit Gruben, mit dieser ganzen Schwerindustrie da hat sich wesentlich seit einigen Jahren verändert, viel moderne Industrie, viele grüne Bereiche."
Und die neuen Firmen, sagt sie lachend, kommen gerne in den Innovations-Park. Das Investitions-Klima stimmt: Gut ausgebildete Fachkräfte, ausgeklügeltes Energiemanagement. Ein Ingenieurdienstleister aus NRW zum Beispiel hat hier seine polnische Niederlassung eröffnet. Mit 250 Angestellten. Draußen auf dem Parkplatz mustert Patryk Bialas wieder den Himmel. Über den Solarpaneelen. Er ist immer noch grau. Kohlegeruch liegt in der Luft.
"Es gibt Leute, die haben sehr viel Geld, zwei Neuwagen aber sie brennen zuhause Müll, weil das ist billiger, weil das nichts kostet, das ist komisch, das ist im Kopf."
Also muss er weiter Überzeugungsarbeit leisten. Im Park um Investoren werben. Auf der Straße für bessere Luft demonstrieren. Und im lokalen Parlament für seine Ideen werben. Denn seit der letzten Kommunal-Wahl sitzt Bialas auch noch im Stadtrat von Katowice. Als einziger Vertreter der Grünen:
"Die Hauptidee ist, das wir brauchen zuerst eine gute Energiepolitik für Polen, dann brauchen wir einen Plan für Energiewende und danach brauchen wir sehr mutige Politiker."