Zwei Tage vor der Parlamentswahl in Polen prangte ein Wort groß auf der Titelseite der größten Abonnementzeitung: "Demokratie". Nicht weniger als die Demokratie stehe auf dem Spiel, mahnten die Verantwortlichen der "Gazeta Wyborcza", wenn die rechtskonservative Partei PiS die Wahl gewinnen sollte.
Medien wie die "Gazeta Wyborcza" sind es, denen der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski lange die Schuld an den Misserfolgen seiner Partei gab. Mit einigem Recht: Denn die Rechtskonservativen hatte auch den führenden privaten Fernsehsender TVN gegen sich, ebenso die auflagenstärkste politische Wochenzeitung "Polityka".
Doch in den vergangenen Jahren habe die PiS Mittel und Wege gefunden, sich dagegen zu wehren, sagt der Präsident der Warschauer Batory-Stiftung Aleksander Smolar.
"Die PiS, die eigentlich eine Partei der Provinz war, der Ärmeren, der weniger Gebildeten, der Dorfbewohner, sie hat sich in diesem Jahr plötzlich als führend im Nutzen der sozialen Medien und des Internets überhaupt erwiesen. Das lag nicht nur an ihr, sondern vor allem daran, dass in der Gesellschaft ein Aufbegehren gegen die Regierung gewachsen war. Dennoch hat die PiS gezeigt, dass sie mit einmal erstaunlich modern sein kann."
Internetzeitungen sind eine mediale Stütze der Rechtskonservativen. Einflussreich ist etwa das nationalkatholische Portal "fronda". Neue Wege gingen Journalisten, die sich zu den Anhängern der PiS zählen, aber auch mit klassischen Medien. Sie gründeten Wochenzeitungen, die sich wesentlich stärker als die liberalen Magazine weltanschaulich positionieren.
So erzeugen sie das Gefühl einer eingeschworenen Wertegemeinschaft. Besonders weit geht dabei die Wochenzeitung "Gazeta Polska" mit einer verkauften Auflage von 35.000 Exemplaren. Sie hat im ganzen Land sogenante Klubs gegründet. Zirkel, in denen sich Gleichgesinnte treffen.
Nach dem Wahlsieg sind mehr rechtskonservative Journalisten zu erwarten
Wenn PiS-Spitzenpolitiker von der "Gazeta Polska" interviewt werden, dann klingt das so wie zuletzt bei Antoni Macierewicz im Internetkanal der Zeitung:
"Dank Ihnen bin ich nicht nur ab und zu, sondern laufend in den Medien präsent. Die Mainstream-Medien starten gerade wieder eine Hasskampagne gegen mich. Sie greifen damit die ganze PiS und letztendlich auch unsere Bürgerrechte an. Denn mit der institutionalisierten, ständig wiederholten Lüge wollen sie den Wähler täuschen."
Der im Mai gewählte Staatspräsident Andrzej Duda, der aus der PiS stammt, gab sein erstes Interview der "Gazeta Polska".
Die Journalisten der rechtskonservativen Medien bezeichnen sich selbst gerne als unbeugsam und ihre Arbeit als politisch unabhängig. Einige rechte Medienprojekte jedoch hätten massive finanzielle Unterstützung erhalten, so Aleksander Smolar.
"Bekannt ist, dass die Genossenschaftsbanken mit dem Namen SKOK viele Projekte finanziert haben oder noch finanzieren. Der Gründer der Banken Grzegorz Bierecki gehört der PiS an und ist wohl für die jüngst bekannt gewordenen hohen Verluste der Banken mitverantwortlich. Denn er hat Geld auf seine Privatkonten abgezweigt. Umgekehrt hat die PiS dafür gesorgt, dass die SKOK über lange Zeit nicht als Banken behandelt wurden und so nicht der Bankenaufsicht unterlagen."
Mit anderen Worten: Es besteht der Verdacht, dass die PiS im Gegenzug für finanzielle Unterstützung der rechtskonservativen Medien unsaubere Bankgeschäfte deckte.
Nach dem Wahlsieg der PiS dürften die rechtskonservativen Journalisten nun auch in die öffentlichen Medien drängen. Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski erklärte zwar nach der Wahl, seine Partei werde keine Rache an politischen Gegnern üben. Zumindest im Journalismus dürfte das aber kaum gelten. Darüber sprachen PiS-Politiker schon vor dem Wahlsonntag, so Krzysztof Czabanski, Publizist und frisch gebackener Abgeordneter:
"Als Medienmensch versichere ich: Wir werden den Lügnern das Radio und das Fernsehen wegnehmen. Keiner von denen soll sich täuschen, die jetzt Propaganda verbreiten und die sogenannten öffentlichen Medien leiten. Die Polen haben ehrliche Medien verdient."
Schwierig wird dieses Manöver nicht: Die liberale "Bürgerplattform" von Ex-Ministerpräsident Donald Tusk hatte es in acht Regierungsjahren versäumt, unabhängige öffentliche Medien zu schaffen.