Das Soldaten-Denkmal am Friedhof in Hruszowice ist stark beschädigt: Die Täter haben es mit roter Farbe übergossen und die Gedenktafeln gestohlen. Es war nicht der erste Angriff auf das Denkmal, aber der gründlichste.
Das Denkmal erinnert an Angehörige der ukrainischen Aufstandsarmee UPA, die hier begraben liegen. Diese Untergrundorganisation kämpfte während des Zweiten Weltkriegs für eine unabhängige Ukraine. Angeführt wurde sie von Stepan Bandera. Ihr Gegner war nicht nur die Sowjet-Armee, sondern auch die polnische Heimatarmee. Mitglieder der UPA gingen außerdem brutal gegen die polnische Zivilbevölkerung vor: Sie sind für das sogenannte Massaker von Wolhynien verantwortlich, dem zigtausende Polen zum Opfer fielen.
Aber nicht einfach polnische Patrioten hätten das Denkmal verwüstet, meint Piotr Tyma, der Vorsitzende des Verbands der Ukrainer in Polen.
"Für mich ist offensichtlich, dass Russland dahintersteckt, das mit nationalistischen Gruppierungen in Polen zusammenarbeitet. Es geht darum, dieses Thema immer wieder in die Schlagzeilen zu bringen. Eine Assoziationskette wird aufgerufen: UPA - Verbrechen - Völkermord - Faschismus. Das soll immer wieder in den Medien auftauchen."
Nicht von ungefähr haben diejenigen, die das Denkmal verwüsteten, "Tod den Henkern" auf dessen Säulen geschmiert. Für Piotr Tyma ist klar: Das Thema "Ukrainische Aufstands-Armee" soll Polen und Ukrainer auch heute spalten.
Weitere Hinweise darauf sind: Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow erinnerte vor Kurzem an das "Massaker von Wolhynien". Ebenso der Föderationsrat, das Oberhaus des russischen Parlaments: Er rief das polnische Oberhaus, den Senat, auf, die UPA zu verurteilen. Doch die polnischen Abgeordneten lehnten das ab.
Das russische Vorgehen ist nicht neu. Es erinnere an die 1980er-Jahre, so Piotr Tyma. Schon damals benutzten die kommunistischen Regime in Warschau und Moskau die Geschichte, um Polen und Ukrainer zu spalten.
"Ein Beispiel dafür sind die Bücher des Historiker Edward Prus. Sie waren angeblich wissenschaftlich. Aber sie haben dem ukrainischen Nationalismus stets die Rolle des Bösen zugewiesen. Staatliche polnische Verlage haben sie in großer Auflage herausgegeben. Das war gerade zu der Zeit, als die Opposition im kommunistischen Polen Kontakt zu Dissidenten in der Ukraine aufnahm."
Die Zusammenarbeit zwischen Russland und nationalistischen Gruppen in Polen heute lässt sich auch an Personen nachweisen.
Die Organisation "Großpolnisches Lager" demonstrierte vor Kurzem in Warschau gegen einen Krieg, den der Westen angeblich gegen Russland führen wolle. Auf ihrer Internetseite macht sie Stimmung gegen ukrainische Nationalisten und erinnert an das Massaker von Wolhynien. Angehörige des "Großpolnischen Lagers" unterstützen die prorussischen Separatisten im ostukrainischen Donezk.
Seit Februar gibt es sogar eine prorussische Partei in Polen, mit dem Namen "Zmiana" - "Wechsel". Ihr Vorsitzender trifft sich mit rechtsgerichteten Kreisen auch aus Deutschland. Das Hauptthema der Partei ist wiederum die Ukraine - und die polnisch-ukrainische Geschichte.
Russland und die prorussischen Kreise treffen hier tatsächlich einen wunden Punkt. Denn die polnische Gesellschaft ist uneins, wie diese Geschichte zu beurteilen ist - und damit auch die Vorgeschichte der Ukrainischen Aufstandsarmee. Der Kulturwissenschaftler Andrzej Mencwel:
"Die einen meinen, dass Polen die heutige Westukraine kolonisiert hat. Tatsächlich hatte der polnische Adel dort riesige Ländereien und hat die ukrainischen Bauern furchtbar ausgebeutet. Manche vergleichen das sogar mit den Verhältnissen im Süden der USA vor dem Sezessionskrieg. Die anderen sagen, Polen seien dort als Vertreter einer höheren Zivilisation aufgetreten."
Auf der anderen Seite sind viele Ukrainer nicht bereit, sich klar von den dunklen Seiten ihrer nationalen Bewegung zu distanzieren. Solange das so bleibt, solange es keinen Konsens über die gemeinsame Geschichte gibt, wird Russland einen Ansatzpunkt haben, in Polen Stimmung gegen die Ukraine zu machen.