Der Vorsitzende der Regierungspartei PiS, Jarosław Kaczyński, wiederholt es bei jeder Versammlung vor der Wahl: Die Polen müssten endlich besser leben.
"Unser Ziel ist es, einen Sozialstaat zu schaffen und einen Staat mit echtem Wohlstand für seine Bewohner. Deshalb müssen wir in den nächsten Legislaturperioden auf ein Wachstum der Löhne setzen. Deshalb wird der Mindestlohn bis Ende des nächsten Jahres auf 3.000 Zloty im Monat steigen und bis Ende 2023 auf 4.000 Zloty."
Viele Menschen sind begeistert...
4.000 Zloty, das sind heute 950 Euro. Eine für viele Polen enorme Summe. Denn das statistische Durchschnittsgehalt liegt zwar etwas höher. Aber die meisten Polen verdienen weniger als diese Summe. Wie außergewöhnlich das Versprechen der PiS ist, zeigt noch eine andere Zahl: Mit 950 Euro läge der Mindestlohn in vier Jahren nominal 80 Prozent über dem aktuellen Wert.
Das öffentliche polnische Fernsehen, das von einem ehemaligen PiS-Abgeordneten geleitet wird, holte gleich ein paar begeisterte Stimmen ein.
"Die meisten Menschen brauchen doch ein höheres Gehalt", sagt eine junge Frau. Und ein junger Mann meint, niemand dürfe sich ausbeuten lassen.
...viele aber auch entsetzt
Wirtschaftsvertreter allerdings sind entsetzt über das Programm der Regierungspartei. Jeremi Mordasewicz von der Arbeitgebervereinigung Lewiatan sagte der Zeitung "Rzeczpospolita":
"Den Mindestlohn erhalten zwar nur rund zwölf Prozent der Arbeitnehmer. Aber wenn er steigt, wird das Lohnniveau insgesamt steigen. Der Maurer kann nicht genauso viel verdienen wie ein Hilfsarbeiter am Bau. Viele Arbeitgeber werden so reagieren, dass sie Mitarbeiter entlassen und sie anschließend schwarz beschäftigen. Außerdem werden sie die Preise für ihre Produkte und Dienstleistungen anheben."
Manche Experten gehen davon aus, dass die Inflation sogar erheblich anziehen würde. Sie ist schon durch die sozialen Transfers der Regierung leicht gestiegen und betrug im August 2,9 Prozent im Jahresvergleich. Lebensmittel wurden sogar um 7,2 Prozent teurer.
Höhere Löhne kann sich nicht jede Firma leisten
Politiker der PiS behaupten, die höheren Löhne würden rasch zu einer höheren Produktivität führen. Die Firmen würden mehr investieren und automatisieren. Jeremi Mordasewicz ist skeptisch:
"Das können nur die großen Firmen in den größeren Städten leisten, die mehr Kapital haben. Dorthin werden die entlassenen Arbeitnehmer streben. Die Frage ist, ob die polnischen Städte diese Menschen aufnehmen können, ob es dort zum Beispiel genug Wohnungen gibt. Sonst werden sie ins Ausland abwandern."
Erfolgreich sind die Versprechen der PiS immerhin in der Bevölkerung. Die Wahl am Sonntag nächster Woche dürfte die Partei wieder deutlich gewinnen, wie Umfragen zeigen.