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Polen
Zwist um neues Ackerlandgesetz

Die PiS hat einen besonders eindrucksvollen Wahlsieg bei der ländlichen Bevölkerung eingefahren. Nun verprellt sie mit einem neuen Gesetz die Bauern, denn sie sollen beim Verkauf von Ackerland bevormundet werden. Dagegen ist eine Verfassungsbeschwerde geplant.

Von Florian Kellermann |
    Ein Karnevalswagen zeigt am 08.02.2016 in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) das Motiv "Regierungswechsel in Polen" mit Jaroslaw Kaczynski, dem Vorsitzenden der Partei Prawo i Sprawiedliwosc (PiS). Foto: Federico Gambarini/dpa
    Karikatur Polen / Düsseldorfer Rosenmontagszug: Auch gegen den Willen der Bauern will die PiS ein Gesetz verabschieden. (picture alliance / dpa / Federico Gambarini)
    Der Drei-Kreuz-Platz in der Warschauer Innenstadt: Etwa 1.000 Bauern protestieren gegen die Regierung. Gegen ein Gesetz, das sie eigentlich schützen soll. Wer das anders sehe, mache sich lächerlich, sagt Robert Telus, Abgeordneter der rechtskonservativen Regierungspartei PiS:
    "Es ist in unserem Interesse, dass polnischer Boden auch in polnischen Händen ist. Wir werden dafür kämpfen und den polnischen Boden verteidigen. Wir wissen, dass dieses Eigentum an Boden sehr wichtig ist für unseren Staat."
    Als Polen der Europäischen Union beitrat, bekam es eine Übergangsfrist von zwölf Jahren. So lange durfte das Land EU-Ausländern verwehren, in Polen Ackerland zu kaufen. Nur in Ausnahmefällen erteilte die Regierung eine Genehmigung. Die Frist läuft am 1. Mai ab. Trotzdem will die PiS weiterhin verhindern, dass ausländische Bauern und Agrarunternehmen investieren. Vor allem deutsche Firmen könnten Interesse daran haben, in Polen zu investieren, heißt es in Warschau.
    Gesetz darf nicht gegen EU-Recht verstoßen
    Das Gesetz, das die Regierung nun plant, darf aber Ausländer nicht ausdrücklich diskriminieren, sonst würde es gegen EU-Recht verstoßen. Ein juristischer Drahtseilakt, der dazu führe, dass auch polnische Bauern unter dem Gesetz leiden werden. So jedenfalls sah es ein Landwirt aus dem Karpatenvorland, der zur Demonstration nach Warschau gekommen war.
    "Dieses Gesetz schränkt unser Recht an unserem Eigentum ein. Künftig soll ein Beamter darüber entscheiden, was ich mit meinem Land machen kann."
    Die staatliche Agentur für Landwirtschaftsimmobilien soll jeden Verkauf von Ackerland überprüfen. Der neue Eigentümer muss strenge Bedingungen erfüllen. Er muss schon Bauer sein und mindestens fünf Jahre in der Region leben, in der das Grundstück liegt. Und er muss eine Garantie abgeben, dass er noch zehn Jahre Landwirtschaft betreiben wird.
    Ausnahmen sind zwar möglich. Dafür müssen Käufer und Verkäufer aber einen Antrag bei der Landwirtschaftsagentur stellen.
    Auch die Größe von landwirtschaftlichen Betrieben will die Regierung mit dem Gesetz beschränken. Ackerland sollen nur noch Bauern kaufen können, wenn ihr Betrieb nach dem Kauf nicht größer als 300 Hektar ist. Das werde die polnische Landwirtschaft schwächen, meint Bartosz Turek, Experte der Lions Bank:
    "Die Bauern, die am effektivsten arbeiten, werden ihre Betriebe nicht weiterentwickeln können. Ein weiterer wirtschaftlicher Effekt: Der Preis für Ackerland wird fallen. Denn es wird viel schwerer, einen Käufer zu finden. Wenn man nur an den Nachbarn verkaufen darf, dann beschränkt das die Nachfrage."
    Gegner planen Verfassungsbeschwerde
    Ursprünglich wollte die Regierung sogar das Vererben von Ackerland beschränken. Diese Regelung strichen die Abgeordneten inzwischen wegen der massiven Proteste.
    Auf dem Land war der Wahlsieg der PiS im vergangenen Jahr besonders eindrucksvoll ausgefallen. Sie bekam fast die Hälfte der Stimmen. Die Bauernpartei PSL, die dort massiv an Wählern verlor, hofft nun auf den Ärger der Bauern über das neue Gesetz. Sie organisierte die Demonstration auf dem Drei-Kreuz-Platz in Warschau. Ihr Vorsitzender Wladyslaw Kosiniak-Kamysz:
    "Das Gesetz kann zur Verstaatlichung der landwirtschaftlichen Flächen führen. So weit ist in Polen noch keine Regierung gegangen. Die PiS tritt die Identität des polnischen Bauern mit Füßen, wir sind die wahren Vertreter der Dorfbevölkerung. Wir werden eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz einlegen."
    Die PiS dürfte das wenig beeindrucken. Seit die Regierung im Zwist mit dem Verfassungsgericht liegt, erkennt sie dessen Urteile nicht an. Das jüngste Urteil des Gerichts ließ die Regierung nicht einmal veröffentlichen. Welche Folgen das haben könnte, lässt sich am Ackerboden-Gesetz gut veranschaulichen. Sollte das Verfassungsgericht es verwerfen, könnten Landwirte, die ihren Boden billig verkaufen müssen, den Staat auf Entschädigung verklagen.