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Polens Problem mit der Kohle

Polen gilt nicht eben als Vorreiter beim Umweltschutz, doch Krakau macht nun einen Anfang und verbietet alte Kohleöfen. Eine echte Pionierleistung, denn das Land setzt bei der Energiegewinnung zu 95 Prozent auf Kohle.

Von Sabine Adler |
    Mit dem Beginn der Heizsaison wird in Krakau der Himmel trüb. Im zurückliegenden Winter überschritt die Luftverschmutzung die zulässigen Höchstwerte jeden Tag um das Sechsfache. Polens schönste Stadt ist zugleich die schmutzigste, aber auch in anderen polnischen Ballungsgebieten atmet es sich nicht leichter. Selbst im nordöstlichen Bialystok, wo die Luft vor zehn Jahren sauber war, herrscht jetzt erneut Smog-Alarm. Schuld ist die Kohle. Die für Bialystok kommt aus dem nahen Weißrussland und ist ganz besonders preisgünstig. An einen schnellen Ausstieg aus der Kohle ist nicht zu denken, sagt Maciej Sadowski, Professor am Warschauer Umweltschutz-Institut.

    "Aus gesellschaftlichen Gründen. Die Leute brauchen Arbeit. Wir sind nicht Großbritannien, wo man die Bergarbeiter auf andere Arbeitsplätze treiben kann, wie es Premierministerin Thatcher gemacht hat. Das muss langsamer gehen. Wir haben mit großer Anstrengung bereits einige Gruben stillgelegt, viele Bergarbeiter umgeschult. Dennoch gibt es noch eine Menge. Das ist ein langsamer Prozess, umso mehr, als dass wir viel Kohle besitzen.”"

    Ganz auf Kohle zu verzichten sei nicht zwingend, denkbar wäre auch die Gasifizierung von Kohle. Krakau jedenfalls handelt, denn der Leidensdruck ist groß. Tomasz Pietrusiak von der Umwelt-Abteilung in der Wojewodschaft Kleinpolen erklärt, dass Krakaus Feinstaub-Belastung so hoch ist wie in der 8-Millionen-Einwohner-Stadt London.

    Dabei leben in der alten polnischen Hauptstadt keine 800.000 Menschen. Alle Wohnhäuser werden dezentral mit Kohle geheizt. Über 150.000 Heizöfen sollen in Krakau in den kommenden zwei Jahren abgerissen werden, in fünf Jahren dann noch einmal so viele. Die Umstellung von Kohle auf Gasheizungen hat begonnen. Krakau will sich und die Bürger an die Zügel nehmen, erklärt der Krakauer Abgesandte auf einer Umweltschutztagung in Warschau, wo im November die Weltklimakonferenz stattfinden soll:

    ""Die Stadt Krakau und der Präsident der Stadt haben gebeten, das Heizen mit Kohle zu verbieten. Nur ein radikales Verbot kann bis 2018 die Emissionen senken."

    Die Regierung in Warschau will nachziehen und ein Gesetz erlassen, das Kohleöfen in besonders belasteten Regionen verbietet. In ganz Polen stehen eine Million veralteter Anlagen, ihnen geht es jetzt an den Kragen. Allerdings nur, wenn sie Wohnhäuser beheizen. Kostenpunkt bis 2020 50 Milliarden Zloty, umgerechnet 5 Milliarden Euro, die zum Teil aus EU-Mitteln kommen. Die Industrie darf weiter Kohle nutzen, da die Kraftwerke meist mit Filtern ausgestattet seien. Für die Einwohner Krakaus wird der Ausstieg aus der Kohle teuer.

    "Es wird eine Unterstützung für die ärmsten Einwohner eingeführt. Langfristig wollen wir beim Heizen auf feste Brennstoffe komplett verzichten."

    Rund 100.000 Bergleute fördern in Polen Braun- oder Steinkohle, zum Teil kostenintensiver als in den USA, Australien oder Weißrussland, deshalb importiert Polen zusätzlich Kohle. Weil der Ausstieg noch lange nicht in Sicht ist, wird sich das Land beim 19. Weltklimagipfel im November in Warschau vehement gegen weitere Emissionskürzungen sträuben.