Bildung
Polens Regierung halbiert Religionsunterricht - Rechtsstreit mit Kirche droht

In Polen hat die Regierung den Umfang des Religionsunterrichts halbiert. Bildungsministerin Nowacka unterzeichnete in Warschau eine Verordnung, wonach nur noch eine Stunde pro Woche Religionslehre erteilt wird - statt bislang zwei Stunden.

    Blick von hinten in den Klasssenraum: Frontalunterricht; die Tische mit Schülern stehen in Reihen rechts und links. An der Tafel eine Lehrerin.
    Unterricht in einer polnischen Schule. (AFP / JANEK SKARZYNSKI)
    Zudem sollen alle öffentlichen Schulen mit Ausnahme von Grundschulen das Wahlfach nur noch in der ersten oder letzten Stunde am Tag anbieten. Damit soll erreicht werden, dass nicht teilnehmende Schülerinnen und Schüler später zum Unterricht kommen oder früher nach Hause gehen können. Die Teilnahme am Religionsunterricht ist in Polen allerdings ohnehin freiwillig.

    "Gesunder Menschenverstand"

    Nowacka sagte in einer Videobotschaft, mit der Maßnahme setze man nicht nur ein Wahlversprechen um. Es gehe auch um den gesunden Menschenverstand. Bislang bekämen junge Menschen mehr Stunden in Religion als in Biologie, Chemie, Physik, Gesellschaftskunde und Sicherheitserziehung zusammen.
    Umstritten ist, ob die Politikerin den Religionsunterricht ohne Zustimmung der katholischen Kirche reduzieren darf. Denn ein Abkommen zwischen Polen und dem Vatikan sowie mehrere Gesetze geben der Kirche in bestimmen Bereichen ein Mitspracherecht. Sie hatte Anfang Dezember rechtliche Schritte für den Fall angekündigt, dass die Mitte-links-Regierung von Ministerpräsident Tusk diese Vorschriften missachte.

    Bischöfe wollen Verordnung prüfen lassen

    Die katholische Bischofskonferenz hatte in Gesprächen mit der Regierung zwar nicht auf die zwei Wochenstunden Religion bestanden. Sie forderte aber, dass Nichtteilnehmer stattdessen Ethikunterricht bekommen. Das lehnt Ministerin Nowacka ab. Ethikunterricht ist bislang wie Religion freiwillig. Allerdings wird Ersteres an den Schulen oft nicht angeboten. Ein Sprecher der Bischofskonferenz kündigte gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur eine Prüfung der Verordnung an, sobald sie im Amtsblatt veröffentlicht wurde.
    In Polen wählen seit Jahren immer weniger Schülerinnen und Schüler Religion als Fach. Vor allem in den höheren Klassen und in den Großstädten entscheidet sich vielfach die Mehrheit dagegen. Landesweit nehmen nach Angaben der Bischofskonferenz immerhin aber noch fast 79 Prozent aller Kinder und Jugendlichen teil. Zwei Jahre zuvor waren es 82 Prozent.
    Diese Nachricht wurde am 18.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.