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Polens Verhältnis zur EU
Tusk bemüht sich um Schadensbegrenzung

In der vergangenen Woche hatte die EU-Kommission bekanntgegeben, wegen Polens umstrittener Medien- und Justizgesetze die Rechtsstaatlichkeit des Landes zu prüfen. Deswegen ging es in Brüssel heute nicht zuletzt um Schadensbegrenzung. EU-Ratspräsident Donald Tusk - einst selbst polnischer Ministerpräsident - sprach sogar davon, dass die Kommission vorschnell gehandelt habe.

Von Jörg Münchenberg |
    Demonstration gegen Polens umstrittenen Medien- und Justizgesetze in Brüssel am 18. Januar 2016.
    Während des Besuchs von Polens Präsident Andrzej Duda in Brüssel demonstrierten draußen Gegner seiner umstrittenen Medien- und Justizgesetze. (picture alliance / dpa - Laurent Dubrule)
    Die Wogen wieder glätten – das war heute unverkennbar der Hauptzweck des Treffens zwischen dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda und EU-Ratspräsident Donald Tusk in Brüssel. Nachdem die politischen Beziehungen zwischen der EU und Warschau in den letzten Wochen doch erheblich strapaziert worden waren - angesichts der umstrittenen Medien- und Rechtspolitik der neuen polnischen Regierung. Doch auch Tusk, selbst lange Zeit polnischer Ministerpräsident und kein Freund der neuen Machthaber in Warschau, versuchte sich als Brückenbauer:
    "Ich wiederhole etwas, das große Bedeutung für mich hat: Polen hat keine Feinde, weder in der EU noch in Brüssel. Ich möchte nicht, dass mein Heimatland in einer Situation ist, in der Kritik gegen es erhoben wird oder in der es unter Beobachtung steht".
    Und der Ratspräsident ging sogar einen Schritt weiter und rüffelte indirekt die Nachbarn auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Denn die EU-Kommission hatte in der letzten Woche erstmals das Verfahren zur Überprüfung des Rechtsstaates eingeleitet, das in letzter Konsequenz auch den Entzug der Stimmrechte eines EU-Mitgliedslandes vorsieht. Noch steht das Verfahren ganz am Anfang, doch Tusk meinte heute, die Kommission habe wohl etwas vorschnell gehandelt:
    "Ich glaube, dass die Kommission in bester Absicht handelt. Sie möchte keinesfalls Polen demütigen oder stigmatisieren, sie möchte die Situation klären. Ich könnte mir aber vorstellen, dass sie dieses Ziel auch erreichen könnte, ohne diese Prozedur einzuleiten. Aber wie Polen in der Welt gesehen wird, entscheidet sich in Warschau, nicht in Brüssel".
    Auch Duda plädierte für eine sachliche Debatte
    Auch eine Debatte über die umstrittenen Medien- und Justizgesetze auf dem nächsten EU-Gipfel halte er nicht für eine gute Idee, erklärte der Ratspräsident. Und mahnte doch zwischen den Zeilen, die neue Regierung dürfe den guten Ruf Polens nicht aufs Spiel setzen. Doch auch Duda appellierte heute für eine sachliche und faktenbasierte Debatte – nachdem nicht zuletzt auch deutsche Spitzenpolitiker gefordert hatten, Polen unter Aufsicht zu stellen:
    "Wir appellieren an die europäischen Politiker, dass sie die Situation aus dieser Perspektive analysieren und bewerten. Wir dürfen diese Debatte auch nicht emotional führen. Wir müssen die Diskussion auf die Ebene einer offenen Debatte bringen, die sich wiederum auf sachliche Argumente stützt. Ich hoffe, dass dieser Dialog dann so stattfinden kann."
    Erheblichen Diskussionsbedarf sieht Duda aber noch an anderer Stelle. So lehnt der polnische Präsident den Ausbau der bestehenden Gaspipeline Northstream zwischen Russland und Deutschland ab – das Projekt hatte schon auf dem zurückliegenden EU-Gipfel für viel Streit gesorgt:
    "Was Nordstream anbelangt, so lehnen wir dieses Investement ab. Es ist ökonomisch gesehen schädlich, weil es andere Transportwege für Gas nach Europa gibt, die nicht voll genutzt werden. Also müssen wir die Frage stellen, warum dieses Vorhaben geplant wird. Es ist wohl leider eher ein Investment politischer Art..."
    Soweit wollte Tusk zwar nicht gehen, doch auch er steht dem Projekt äußerst kritisch gegenüber