Sandra Schulz: Mitgehört hat Ruprecht Polenz (CDU), er ist der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Herr Polenz, guten Morgen.
Ruprecht Polenz: Guten Morgen, Frau Schulz.
Schulz: Auch an Sie die Frage: Für wie groß halten Sie die Chancen auf einen Waffenstillstand?
Polenz: Ich hoffe natürlich, dass er möglichst schnell kommt, denn jeder Tag länger dieser Konflikt dauert, umso größer wird beispielsweise der innenpolitische Druck auf Ägypten, noch mehr für die Hamas zu tun, etwa durch eine Öffnung des Grenzübergangs in Rafah, oder andere Maßnahmen.
Schulz: Welchen Beitrag kann die EU leisten, um solch eine Waffenruhe zu vermitteln?
Polenz: Ich glaube, es gibt jetzt schon genügend, die sich bemühen, hier einen Waffenstillstand zu vermitteln. Entscheidend ist ja auch die Frage, wenn man sich anschaut, worüber wird im Augenblick konkret verhandelt, wie geht es nach einem Waffenstillstand weiter. Und neben dem Interesse Israels, was völlig legitim und berechtigt ist, dass die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen ein für alle Mal aufhören, hat der Gazastreifen, haben die Menschen dort natürlich ein Interesse daran, dass sich ihre wirtschaftliche Situation bessert, und das bedeutet, man wird dann auch über die Blockadepolitik Israels sprechen müssen, die auch Wirtschaftsgüter, den Handel, den Export, den Import nahezu zum Erliegen bringt. Es ist ja wohl eine Bedingung, über die jetzt auch im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand verhandelt wird, dass sich das in Zukunft ändert.
Schulz: Inwiefern hilft es denn für eine Entschärfung der Lage, weil Sie es auch gerade noch mal angesprochen haben, dass der Westen jetzt immer wieder betont, dass die israelischen Angriffe berechtigt sind?
Polenz: Ich glaube, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass hier der Westen das Völkerrecht betont, dass die Raketenangriffe, die ja aus dem Gazastreifen direkt auf die Zivilbevölkerung im Süden Israels zielen, aufhören. Das ist eine Selbstverständlichkeit auch nach unserer Rechtsauffassung, und die müssen wir deutlich machen, abgesehen davon, dass wir hier natürlich auch Israel in seinem Recht auf Integrität, auf territoriale Integrität, auf Schutz seiner eigenen Bevölkerung unterstützen.
Die zweite Frage – und um die muss man sich dann allerdings auch kümmern – ist die: Wie geht es mit der Entwicklung im Gazastreifen weiter? Da hat sich, was die Blockadepolitik angeht, in den letzten Wochen etwas verändert von der Negativliste. Also man darf nichts in den Gazastreifen bringen, es sei denn, es ist erlaubt, ist eine Liste geworden von Gütern, die nicht rein dürfen. Das ist ein gewisser Fortschritt, aber der reicht bei Weitem nicht aus. Ich habe vor 14 Tagen mit dem Vertreter der UN-Flüchtlingsorganisation im Gazastreifen gesprochen: Die Lage ist hoffnungslos. Und solange diese Hoffnungslosigkeit auch in wirtschaftlicher Hinsicht nicht durch eine andere Perspektive für die 1,5 Millionen Menschen – wir reden jetzt nicht von Hamas, wir reden nicht von den salafistischen gewalttätigen Gruppen, wir reden von 1,5 Millionen Menschen -, solange sich da die Lage nicht perspektivisch auch verbessert, wird das immer ein Nährboden sein für Extremismus und Gewalt.
Schulz: Ich würde gerne noch mal auf den ersten Punkt ansprechen und noch mal bei der militärischen Lage und Frage bleiben. Finden Sie es denn dann falsch, was UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gefordert hat, nämlich einen sofortigen Waffenstillstand – eine Forderung, die sich an beide Seiten richtet?
Polenz: Nein! Wenn beide Seiten jetzt sofort die Waffen schweigen lassen, kann man über diese Punkte dann natürlich weiter miteinander reden – unter den Bedingungen, dass eben nicht weiter geschossen wird. Das wäre natürlich ein großer Fortschritt. Die Forderung sofortiger Waffenstillstand wäre im Resultat das, was den Menschen natürlich unmittelbar hilft: Es würde jetzt nicht mehr gestorben.
Schulz: Wie groß ist Ihre Sorge vor einer Bodenoffensive?
Polenz: Ich glaube auch, dass eine Bodenoffensive – da schließe ich mich Herrn Stein an – ein großes Eskalationspotenzial bergen würde. Ich bin kein Militär, ich weiß nicht, in welcher Form sie geplant würde, möglicherweise sehr anders als vor vier Jahren. Aber wie Botschafter Stein richtig sagt: Wenn man reingeht, muss man auch wissen, wie man wieder rauskommt. Und ich glaube auch – da teile ich seine Ansicht -, dass Israel es eigentlich nicht will, dass der Aufmarsch, die Mobilisierung der Reservisten die Entschlossenheit demonstrieren soll und damit auch ein Signal an die Hamas senden soll, wir, wir Israelis haben die Eskalationsdominanz, also hört auf, ihr könnt das Ganze militärisch nicht gewinnen. So verstehe ich die bisherigen Vorbereitungen.
Schulz: Ruprecht Polenz (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag und hier heute in den "Informationen am Morgen". Haben Sie herzlichen Dank für diese Einschätzungen.
Polenz: Bitte schön.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Ruprecht Polenz: Guten Morgen, Frau Schulz.
Schulz: Auch an Sie die Frage: Für wie groß halten Sie die Chancen auf einen Waffenstillstand?
Polenz: Ich hoffe natürlich, dass er möglichst schnell kommt, denn jeder Tag länger dieser Konflikt dauert, umso größer wird beispielsweise der innenpolitische Druck auf Ägypten, noch mehr für die Hamas zu tun, etwa durch eine Öffnung des Grenzübergangs in Rafah, oder andere Maßnahmen.
Schulz: Welchen Beitrag kann die EU leisten, um solch eine Waffenruhe zu vermitteln?
Polenz: Ich glaube, es gibt jetzt schon genügend, die sich bemühen, hier einen Waffenstillstand zu vermitteln. Entscheidend ist ja auch die Frage, wenn man sich anschaut, worüber wird im Augenblick konkret verhandelt, wie geht es nach einem Waffenstillstand weiter. Und neben dem Interesse Israels, was völlig legitim und berechtigt ist, dass die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen ein für alle Mal aufhören, hat der Gazastreifen, haben die Menschen dort natürlich ein Interesse daran, dass sich ihre wirtschaftliche Situation bessert, und das bedeutet, man wird dann auch über die Blockadepolitik Israels sprechen müssen, die auch Wirtschaftsgüter, den Handel, den Export, den Import nahezu zum Erliegen bringt. Es ist ja wohl eine Bedingung, über die jetzt auch im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand verhandelt wird, dass sich das in Zukunft ändert.
Schulz: Inwiefern hilft es denn für eine Entschärfung der Lage, weil Sie es auch gerade noch mal angesprochen haben, dass der Westen jetzt immer wieder betont, dass die israelischen Angriffe berechtigt sind?
Polenz: Ich glaube, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass hier der Westen das Völkerrecht betont, dass die Raketenangriffe, die ja aus dem Gazastreifen direkt auf die Zivilbevölkerung im Süden Israels zielen, aufhören. Das ist eine Selbstverständlichkeit auch nach unserer Rechtsauffassung, und die müssen wir deutlich machen, abgesehen davon, dass wir hier natürlich auch Israel in seinem Recht auf Integrität, auf territoriale Integrität, auf Schutz seiner eigenen Bevölkerung unterstützen.
Die zweite Frage – und um die muss man sich dann allerdings auch kümmern – ist die: Wie geht es mit der Entwicklung im Gazastreifen weiter? Da hat sich, was die Blockadepolitik angeht, in den letzten Wochen etwas verändert von der Negativliste. Also man darf nichts in den Gazastreifen bringen, es sei denn, es ist erlaubt, ist eine Liste geworden von Gütern, die nicht rein dürfen. Das ist ein gewisser Fortschritt, aber der reicht bei Weitem nicht aus. Ich habe vor 14 Tagen mit dem Vertreter der UN-Flüchtlingsorganisation im Gazastreifen gesprochen: Die Lage ist hoffnungslos. Und solange diese Hoffnungslosigkeit auch in wirtschaftlicher Hinsicht nicht durch eine andere Perspektive für die 1,5 Millionen Menschen – wir reden jetzt nicht von Hamas, wir reden nicht von den salafistischen gewalttätigen Gruppen, wir reden von 1,5 Millionen Menschen -, solange sich da die Lage nicht perspektivisch auch verbessert, wird das immer ein Nährboden sein für Extremismus und Gewalt.
Schulz: Ich würde gerne noch mal auf den ersten Punkt ansprechen und noch mal bei der militärischen Lage und Frage bleiben. Finden Sie es denn dann falsch, was UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gefordert hat, nämlich einen sofortigen Waffenstillstand – eine Forderung, die sich an beide Seiten richtet?
Polenz: Nein! Wenn beide Seiten jetzt sofort die Waffen schweigen lassen, kann man über diese Punkte dann natürlich weiter miteinander reden – unter den Bedingungen, dass eben nicht weiter geschossen wird. Das wäre natürlich ein großer Fortschritt. Die Forderung sofortiger Waffenstillstand wäre im Resultat das, was den Menschen natürlich unmittelbar hilft: Es würde jetzt nicht mehr gestorben.
Schulz: Wie groß ist Ihre Sorge vor einer Bodenoffensive?
Polenz: Ich glaube auch, dass eine Bodenoffensive – da schließe ich mich Herrn Stein an – ein großes Eskalationspotenzial bergen würde. Ich bin kein Militär, ich weiß nicht, in welcher Form sie geplant würde, möglicherweise sehr anders als vor vier Jahren. Aber wie Botschafter Stein richtig sagt: Wenn man reingeht, muss man auch wissen, wie man wieder rauskommt. Und ich glaube auch – da teile ich seine Ansicht -, dass Israel es eigentlich nicht will, dass der Aufmarsch, die Mobilisierung der Reservisten die Entschlossenheit demonstrieren soll und damit auch ein Signal an die Hamas senden soll, wir, wir Israelis haben die Eskalationsdominanz, also hört auf, ihr könnt das Ganze militärisch nicht gewinnen. So verstehe ich die bisherigen Vorbereitungen.
Schulz: Ruprecht Polenz (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag und hier heute in den "Informationen am Morgen". Haben Sie herzlichen Dank für diese Einschätzungen.
Polenz: Bitte schön.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.